Das Entwirren

Das Entwirren
Rebekah Lewis
Kehre ins Wunderland zurück, wo das Abenteuer wartet …
Vor einem Jahr behauptete Cadence ins Wunderland gereist zu sein, aber niemand glaubt ihr. Melody kehrt in ihr Haus der Kindheit zurück, um ihren Eltern bei dem Versuch zu helfen Cadence aus der Fantasie herauszureißen, die sie mit Grinsekatzen und einem heroischen Ritter namens Gareth erschaffen hatte. Nur findet sie sich am selben Ort wieder, von dem sie von Cadence verlangte zuzugeben, dass dieser nicht existiert, als sie einem weißen Kaninchen in den Wald folgt.
Abgesehen von der Teezeit und Dinge mit seinen Händen zu kreieren, ist dem Hutmacher sehr wenig wichtig. Nachdem er Devrel hilft das falsche Mädchen ins Wunderland zu bringen, um Gareth vor einer arrangierten Ehe zu bewahren, hat der Hutmacher keine andere Wahl, als Melody sein Heim zu eröffnen, und einen Platz an seinem Teetisch. Da er denkt, dass sie ihn zweifellos verlassen wird, wie Alice es tat, als er jünger war, versucht der Hutmacher seine Anziehung zu ihr nicht zu beachten, obwohl er scheinbar nicht wegschauen kann.
Ohne ihrer aller Wissen folgt Cadence ihrer Schwester durch den Kaninchenbau, aber ist auf der Suche Gareth sich selbst überlassen. Sie wagt sich durch den gewaltigen Tulgey Wald und entdeckt, dass in den Ruinen eines Königreichs, das vergessen worden ist, nachdem die Rote Königin vor langer Zeit die Herzkönigin hinrichten ließ, Gefahr lauert. Kann sie die Menschen im Wunderland rechtzeitig warnen oder wird sie ein zweites Mal verstoßen?


DAS ENTWIRREN

Inhalt
Prolog (#u9dd35a83-cfad-5da6-935b-11a1dd7e02d7)
Kapitel 1 (#u12c0a740-08d8-59b1-9df0-3674e1b3ee60)
Kapitel 2 (#u1f3f303b-7b1f-5df2-91bc-6f961a68d589)
Kapitel 3 (#ua4bef5d4-f07b-5477-84f8-2357c7f06c5a)
Kapitel 4 (#ucbf1f550-838c-57d3-be70-c49109c2b371)
Kapitel 5 (#uc192f628-18c7-5365-88cc-9612def483c9)
Kapitel 6 (#u01a8ffc6-b17c-5c04-90ac-e80043d58e54)
Kapitel 7 (#u72e49549-2c86-506d-b1fa-830d7e5562c9)
Kapitel 8 (#ua32e0114-2740-5bfc-9d29-abc5eadb3369)
Kapitel 9 (#uc205e231-50f2-5ccc-a792-cccb2dda1740)
Kapitel 10 (#u91403300-abd0-5e33-bd38-7364720dcefa)
Kapitel 11 (#uaaa7d4a7-34e6-582f-a6d3-4449def80596)
Kapitel 12 (#u2abe03c9-ac17-592f-8c34-c7fa16ca226c)
Kapitel 13 (#u683b8832-5e26-5aae-b6dd-f45369cd901c)
Kapitel 14 (#ua86b0f56-4d44-5e3e-8092-b6473fd03fb9)
Kapitel 15 (#uaa1520c0-ae0d-5772-b4f5-26061f718dd3)
Kapitel 16 (#u59457cd6-6bae-532d-b330-11ed6a856498)
Kapitel 17 (#ufbbaa56f-b327-50f3-84f7-92096fe12eef)
Kapitel 18 (#u7153d414-d60e-5963-982d-3910c9cd0fd4)
Kapitel 19 (#u1ef2e244-e786-5288-ac10-ceee217dc53f)
Kapitel 20 (#u804912cf-c8b7-5a82-b0cb-b051054fab2f)
Epilog (#u016e935a-71fc-5140-a72e-46a6b472496f)
Über die Autorin (#u1d05b389-209d-5fbf-b1a2-9a576d07cfe9)
Bücher von Rebekah Lewis (#u389e53b4-13fb-5df6-b1aa-f0da43a1e877)
Bei diesem Werk handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Orte, Ereignisse und Vorkommnisse sind entweder Produkte der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv genutzt. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Personen, lebend oder tot, oder tatsächlichen Ereignissen ist rein zufällig.
Copyright © 2015 by Rebekah Lewis
Titel der englischen Originalausgabe: »The Unraveling«
Bearbeitung von Sandra Sookoo
Cover Design von Victoria Miller
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright Übersetzung © 2020 Carolin Kern
Herausgegeben von TekTime
Die Autorin erkennt an, dass Lewis Carroll alle Rechte an jedem Charakter, Ort oder jeglichem Bezug aus Alice’s Adventures in Wonderland, Through the Looking Glass und The Hunting of the Snark hat.
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses Buch oder irgendein Teil daraus darf ohne die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Verlegers nicht vervielfältigt oder auf jegliche Art genutzt werden, außer für kurze Zitate in einer Rezension.
www.Rebekah-Lewis.com

Erstellt mit Vellum (http://tryvellum.com/created)
Für Charles Lutwidge Dodgson, besser bekannt als Lewis Carroll, dessen Geschichten die Vorstellungskraft entfachten. Danke für das Erschaffen von Charakteren, die seit meiner Kindheit bei mir geblieben sind.
Für Jo Huysamen, unvergleichliche Marketing-Frau, für die Namensgebung von Melody und fürs Zuhören, wie ich beklagt habe tausend-Wort-Blog-Posts ohne eine Vorgabe zu schreiben. Für Summer Ross, dass sie mir geholfen hat den Buchtitel zu entwickeln. Und Sandra Sookoo, dass sie mir geholfen hat diesen Roman in Form zu bringen.
Am allermeisten für die Leser, die wissen wollten, was als nächstes passierte.
»Mit Liebe und Gesange
hält man die Welt in Gange.«
-Lewis Carroll,
Alice's Adventures in Wonderland

Prolog
Der Hutmacher biss den Faden durch, den er gespannt hielt, und lächelte bei dem beruhigenden, subtilen pop, als er riss. Er stach die Nähnadel in ein großes Nadelkissen auf dem Tisch vor ihm und erfasste sein beendetes Meisterstück mit beiden Händen, um seine Arbeit zu begutachten. Es war ein Damenhut mit einer breiten Krempe, die an der Vorderseite leicht umgeklappt war, um die Augen vor den harschen Sonnenstrahlen abzuschirmen. Braunrot, mit einer pflaumenfarbenen Schleife. Eine Feder des Jubjub-Vogels setzte auf einer Seite einen Akzent, was einen chaotischen Farbausbruch bot.
Zufriedenheit strömte beim Ergebnis seines Handwerks durch seine Adern. Makellos, wie immer. Dennoch schwebte Beklemmung in seinem Hinterkopf, welche andeutete, dass sein tadelloses Talent etwas zu erschaffen nicht genug war. Alles, was er machte, kam exakt so heraus, wie er es sich ausgemalt hatte. Wo war das Mysterium? Die Herausforderung? Das Wunder?
An einem Ort, der als Wunderland bekannt war, existierte sicherlich ein Wunder für dessen eigene Bewohner, oder nicht?
Die Miniaturglocke über seiner Vordertür läutete, lenkte den Hutmacher von seinen Gedanken ab. Er platzierte den Hut auf einen hölzernen Pflock, der ungefähr die Größe eines Frauenkopfs hatte, um ihn später in seinem Austellungssraum zu stellen. Dann wandte er sich der Tür zu. Er umklammerte mit seinen Händen die abgewetzte und verschrammte Oberfläche seines Arbeitstischs und wartete, dass sein Gast sich näherte, aber niemand erschien.
Mit einem Stirnrunzeln zappelte er auf dem Hocker. Dennoch verblieb die Türöffnung leer. Wurde er ausgeraubt? Wie äußerst seltsam. Er wurde noch nie zuvor beraubt und konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, wann das Wunderland einen Dieb hatte. Die Kriminalitätsrate hatte abgenommen, seit die Herzkönigin von ihrem Schicksal heimgesucht wurde.
»Ähm. Hier unten, Hutmacher.«
Er breitete seine Handflächen auf dem glatten Holz aus, erhob sich auf seine Füße und spähte über die Tischkante. Eine grau-schwarz-gestreifte Katze grinste zu ihm hoch, ließ seinen flauschigen Schwanz über den glatten Fußboden sausen. Marchy hatte am Tag zuvor für ihn gekehrt.
»Oh, du wieder.« Der Hutmacher schürzte abgeneigt seine Lippen. Devrel, der Letzte der Grinsekatzen, eine Rasse der Boojums, kam nur zu Besuch, wenn er etwas begehrte, was oft vorkam. »Wann hast du angefangen die Tür zu benutzen?«
»Ich war früher bereits hier und du hast mich ignoriert, sogar als ich mit dir gesprochen habe, also habe ich eine andere Herangehensweise versucht.« Er verschwand und der Hutmacher beanspruchte wieder seinen Platz auf dem Hocker, als die Katze aus dem Nichts auf seinem Tisch wieder erschien. Da die Katze sitzend beinahe zwei Fuß groß war, begegnete der blaue Blick der Katze dem seinen auf gleicher Ebene. »Ich benötige deine Hilfe.« Devrel hob eine Pfote und leckte sich zwischen seinen Krallen.
Wie er vermutet hatte. »Nein.«
»Wie bitte?« Devrels allgegenwärtiges Lächeln wankte. »Und ich dachte doch, dass wir Freunde wären.«
»Ich sagte nein.” Der Hutmacher griff zur Seite und nahm die Teetasse und Untertasse, die er dort gelassen hatte. Während er die Untertasse in einer Hand hielt, brachte er die Tasse an seine Lippen und … Er seufzte, blickte in die leere Tasse. Wieder einmal hatte er vergessen Tee einzugießen. Das sechste Mal diese Woche.
»Hutmacher, es ist nicht für mich. Es ist für Gareth.«
Natürlich war es das. Gareth, Schlächter des gefürchteten Jabberwocky, war Devrels Gefährte. Nun ja, nicht sein Gefährte Gefährte, aber sie waren dafür bekannt gemeinsam das Wunderland zu durchqueren. Sehr wie Marchy und Hutmacher, wurden sie selbst als Duo betrachtet. Wie dem auch sei, eine bloße Erwähnung des Namens dieses Mannes beschwor Feindseligkeit herauf, die er nicht überwinden konnte, auch wenn Gareth nicht komplett die Schuld gegeben werden konnte.
»Ihr beide schuldet mir noch immer fünf Knöpfe, zwei Fingerhüte und einen Flicken.«
Devrel ließ seinen Schwanz ruckartig zucken. »Du bekommst deine verfluchten Knöpfe. Sieht es so aus, als ob ich Taschen habe?«
»Ich habe dir als Geschenk zum Nichtgeburtstag eine Weste gemacht, dennoch weigerst du dich diese zu tragen. Deine Entschuldigung hat kein Gewicht – ich habe Taschen eingenäht.«
Devrel tätschelte seinen Handrücken mit einer weichen Pfote. »Und es ist eine entzückende Weste, aber ich trage sie nur zu besonderen Anlässen. Wir wollen doch nicht, dass sie ruiniert wird, oder?«
»Nein, vermutlich nicht.” Nichtsdestotrotz hatte der Hutmacher eine Menge Sorgfalt in diese Weste gesteckt. Es würde das kleine Biest nicht umbringen sie zumindest ab und an zu tragen. »Warum benötigt Gareth meine Hilfe? Ist er nicht mehr als in der Lage dazu alles zu erreichen, was er sich in den Kopf setzt?«
»Nicht wenn beide Königinnen jedes seiner Ersuchen ablehnen.« Er knurrte und ließ seinen Schwanz in schnellen Bewegungen zucken. »Erinnerst du dich an die Frau, für die du vor ungefähr sechs Wochen auf seine Forderung hin ein Kleid gemacht hast?«
Wie könnte er das Frauenzimmer vergessen, das sich geweigert hat mit seiner Art Maß zu nehmen zu kooperieren? Selbstredend war sie von dem Moment an, als er ein Lächeln in ihre Richtung hat aufblitzen lassen, an Gareths Hüfte geklebt. Der Hutmacher hatte den Ball der Roten Königin besucht um sicherzustellen, dass sie sein Werk nicht zu einem Gespött gemacht hatte. Glücklicherweise hatte die Robe am Ende doch anständig über ihrer Wirbelsäule gesessen. Hmmpf. Manche Menschen hatten keinen Respekt für die Kunst einer angemessenen Garderobe. Sie verdiente Gareth für all die Sorgfalt, die sie in Details legte.
Du bist wieder unfair … Verflixtes Gewissen. »Du beziehst dich auf das Findlings-Mädchen.«
»Ja, ja. Genau die.«
»Was ist mit ihr?« Der Hutmacher hob zum zweiten Mal die Tasse, erinnerte sich zu spät daran, dass ihr der Inhalt fehlte und stellte sie dann mit einem Schnauben ab.
»Gareth ist in schlechter Verfassung. Seit das Wunderland Cadence zurückgewiesen hat, er –«
»Cadence?«
»Ihr Name.«
»Wenn du das sagst.« Kein sehr guter Name. Obwohl, das sind nur wenige.
»Seit das Wunderland Cadence ausgewiesen hat,« wiederholte Devrel wegen der Unterbrechung wütend starrend, während er sein charakteristisches Grinsen beibehielt. »Er isst kaum. Er will nichts machen. Er hat Liebeskummer und es muss enden, bevor ich ihm aus Langeweile die Augen auskratze. Die Rote Königin hatte Mitleid mit ihm und schenkte ihm eine Galgenfrist von ihren Heiratsforderungen, aber sie wird zunehmend unruhig. Sie wird ihn nicht für lange unverheiratet sein lassen.«
Der Hutmacher fuhr mit seinem Finger entlang des Rands der Tasse und murmelte: »Es ist immer tragisch, wenn ein solch vielversprechender Mann dem Herzen zum Opfer fällt.« Die Worte waren bitter ausgesprochen, dennoch bemerkte Devrel den Unterton entweder nicht oder er beschloss es nicht zu kommentieren. Er erwartete nicht viel anderes.
Die Katze warf ihren Blick auf die Decke und schüttelte seinen Kopf. »Hutmacher, Hutmacher. Lieber, süßer, nichtsahnender Hutmacher. Wir müssen Cadence zurückbringen. Du weißt, dass diese Land Emotionen verstärkt. Erinnerst du dich, als Alice salzige Tränen vergoss?«
Der Hutmacher bleckte seine Zähne. Sie war zu einer größeren Größe verzaubert worden und dieser tumben Persönlichkeit fehlte es an Manieren. Es hatte nichts damit zu tun Lust mit Liebe zu verwechseln. »Das Wunderland hat den Findling zurückgewiesen. Warum es schlimmer machen, indem man solche Mühen für nichts auf sich nimmt?«
Devrel schritt auf dem Arbeitstisch auf und ab. Der Hutmacher bewegte seine Augen hin und her, während der Schwanz der Katze in die Federn seines kürzlich fertiggestellten Huts schlug. Wieder. Wieder. Und noch einmal. Er schnappte den Hut und trug ihn zu einem anderen Hut-Pflock, weit außerhalb der Flugbahn von Devrels Schwanz.
»Sie war nicht vorbereitet«, sagte Devrel, der von den Handlungen des Hutmachers unbehelligt schien. »Sie hatte Familie Zuhause und es wog zu schwer auf ihr. Auf dem Weg zum Roten Königreich habe ich sie und Gareth zusammen beobachtet. Da war etwas, das sich bildete, aber noch nicht ganz Früchte trug. Wenn wir sie zurückbringen, hätte sie die Chance zu beweisen, dass sie hierher gehörte, mit Gareth. Er hatte Zeit zu erkennen, was er will, und alles, was er benötigt, ist eine letzte Chance.«
Nun ja, wenn Gareth eine weitere Chance will, dann unter allen Umständen … »Romantik ist eine Zeitverschwendung. Ein Mythos. Warum sie verfolgen?”
»Ich habe nicht gesagt, dass du daran glauben musst.«
Liebe beeindruckte ihn nicht. Wenn er es nicht in seinen Händen halten, ausbessern, formen, gestalten konnte, dann … existierte es nicht. Nichts, das er nicht für sich erschaffen konnte, hatte Substanz, noch hatte er die Zeit dafür. Der Hutmacher studierte Devrel und fragte: »Warum glaubst du, dass das Wunderland eine zweite Chance gewähren würde?«
»Alice hat es getan.”
Die Katze schien entschlossen zu sein ihren Namen in die Konversation zu schieben. Alice. Das Mädchen, das in den Kaninchenbau gefallen war und ihr Reich aufgerüttelt hatte. Sie hatte es irgendwie geschafft zweimal einzureisen, als sie über einen der Spiegelzugänge gestolpert war. Der Hutmacher war damals jung gewesen, ein Junge von vierundzehn beim ersten Mal, lediglich zwei Jahre älter als sie. Er war von ihr fasziniert gewesen, aber … sie war gegangen.
Zweimal.
Er drängte seine Emotionen hinter die Wände, welche er errichtet hatte, um dieses spezielle Thema einzudämmen, und sprach durch zusammengebissene Zähne: »Alice hat ihren Weg selbst gefunden und konnte dennoch nicht bleiben. Du hast den Findling hergebracht.«
»Ich kann sie nicht zweimal auf demselben Weg hierherbringen. Ich habe es versucht. Sie sieht mich nicht einmal, wenn ich jetzt die Reiche durchquere; ganz gleich was ich mache oder versuche zu ihr zu sagen. Alice hatte nichts, was sie hier band, aber Cadence hat das. Wenn sie für Gareth zurückkehrt, wird sie vielleicht bleiben.«
Der Hutmacher dachte darüber nach, als er seine Teetasse einsammelte und aus dem Raum schritt. Nichts, das sie hier band, was? Pah! Alice hatte Freunde hier. Sie hätte alles, wovon sie geträumt hat, haben können und mehr. Bei ihrer zweiten Unternehmung war er einundzwanzig gewesen und sie neunundzehn. Er hatte sie gebeten bei ihm zu bleiben, hatte sie geküsst und sie hatte es interessiert erwidert, aber es war nicht vorherbestimmt gewesen.
Wunderland wählte sorgfältig, wenn es jemandem erlaubte zu bleiben. Manchmal machte es Sinn, zu anderer Zeit schien es völlig verrückt. Alice hatte es nicht genug gewollt. Was bedeutete, ganz gleich wie viel Zuneigung Cadence für Gareth hatte, sie war ebenfalls nicht stark genug gewesen. Liebe war lediglich eine über-verklärte Vorstellung, keine kraftvolle Macht, die, wo auch immer sie sich hinwagte, glückliche Ausgänge erschuf. Einst hatte er an eine solche Sache geglaubt. Nicht mehr.
Devrel folgte, als der Hutmacher sich durch die sich verdrehenden Kurven seines Zuhauses und aus der Hintertür heraus torkelte. Unter einem Pavillon waren vier Tische verschiedener Größen zusammengeschoben, auf denen Tischdecken mit unterschiedlichen Mustern drapiert und Teekannen und Snacks aller möglicher Arten verstreut darauf platziert waren. Ein Mann saß auf dem Platz, der sich neben dem Stuhl des Hutmachers ganz am Ende befand, der mit trägen Schlägen mit einem langstieligen Löffel eine Tasse Tee umrührte. Auf seinem Kopf stießen Hasenohren aus seinem Hut, die nur wenige Nuancen dunkler als seine Haut waren, aber dennoch heller als sein Haar. Trotz seiner Ohren war der Rest seines Körpers wie der jedes anderen Mannes. Harold March kam aus einer Familie von Halblingen. Alle von ihnen trugen tierische Charakteristiken, aber keiner teilte sich dieselbe.
»Marchy.« Der Hutmacher nickte, als er eine dampfende Kanne Tee nahm und sich eine Tasse eingoss. Er ersetzte die Kanne und hob das Porzellan an seine Lippen, hielt inne, wandte sich Devrel zu und bot ihm dann stattdessen die Tasse an. Marchy sagte nichts, aber streichelte mit seiner Fingerspitze den Hals der neben seiner Tasse schlafenden Haselmaus.
»Nein danke.« Devrel hüpfte auf einen Sessel gegenüber von Marchy und seufzte zufrieden, als er in die Konturen des Kissens sank. »Du musst für mich mit dem Kaninchen sprechen.«
Marchy saß kerzengerade auf seinem Stuhl. »Wen nennst du hier Kaninchen, Biest?«
Devrel fauchte, schreckte die Haselmaus auf, so dass diese aufwachte und einen großäugigen Blick auf Devrel warf, dann in Marchys Jackentasche huschte. Marchy tätschelte die Tasche, um sie zu beruhigen.
»Nicht du, das Weiße Kaninchen.«
Während Marchy bei dieser Idee laut lachte, runzelte der Hutmacher seine Stirn. »Niemand spricht einfach mit dem Weißen Kaninchen. Er hat sich nach der Tyrannei der Herzkönigin zur Ruhe gesetzt und taucht nur auf gesellschaftlichen Ereignissen auf, wenn es ihm gefällt.« Die Rote Königin hatte die frühere Monarchin besiegt und für die vielen Verbrechen, die sie begangen hatte, hingerichtet, wovon eines war, dass sie Devrels komplette Familie ausgerottet hatte, weil der Boojum, der sich mit Alice angefreundet hatte, sie zum Gespött gemacht hat. Das Weiße Kaninchen hatte sich seither von allen distanziert und das Geflüster, das sein Verschwinden umgab, behauptete, dass er sich dafür schämte zu viel Angst davor gehabt zu haben seinen Kopf zu verlieren, wenn er die Dienste der Königin verließe. Stattdessen lebte er in Einsamkeit, um für seine Untätigkeit zu büßen.
»Ja, aber er hat dich immer gemocht. Mich nicht so sehr. Wenn ich frage, wird er nicht zuhören. Wenn du es machst, tut er es vielleicht.«
Gemocht war ein starkes Wort. Das Kaninchen tolerierte jemanden lediglich. »Du willst, dass er ein Portal zum Land des Findlings erschafft. Alles kann passieren. Jeder kann eintreten, bevor das Portal sich schließt. Was, wenn du die falsche Person fängst? Was kommt als nächstes, wirst du auch an der Zeit herumpfuschen?« Der Hutmacher konnte verschiedene Arten und Weisen auflisten, auf welche dies schrecklich schieflaufen konnte, aber er würde es nicht.
»Es sollte noch nicht zu viel Zeit vergangen sein, also kein Bedarf daran herumzupfuschen. Nebenbei ist das illegal. Was beliebige Findlinge angeht, die herein purzeln – das ist ein Risiko, das ich eingehen will.« Devrel starrte in seine Tasse, während er die bernsteinfarbene Flüssigkeit mit einer ausgefahrenen Kralle umrührte. Sein Grinsen schien angespannt.
Marchy nippte ruhig an seinem Tee und blickte zwischen ihnen hin und her, bevor er hinzufügte: »Klingt nach furchtbar vielen Schwierigkeiten, um ein Mädchen hindurchzubringen. Ich sage, lasst die Rote Königin seine Braut auswählen und fertig. Bräute sind nicht wichtig, so lange sie ihre Pflichten erfüllen.«
»Was erklärt, warum kein Weib es wagt mit dir alleine erwischt zu werden, Harold«, sagte Devrel und legte seine Ohren an.
»Es macht mehr Spaß zu riskieren erwischt zu werden als damit davonzukommen.« Marchy gluckste.
Der Hutmacher rollte mit seinen Augen. Sein Freund, zu jeder Zeit ein Flegel, aber ein guter Mann. Unglücklicherweise hatte Devrel nicht ganz Unrecht. Im Wunderland endete es mit einer Heirat, wenn man intim mit einer Frau erwischt wird. Marchy schien es zu genießen seinen Hals zu riskieren, sozusagen. Der Hutmacher war für derartigen Zeitvertreib zu beschäftigt. Er hatte sich zuvor an Frauen zu schaffen gemacht, aber letztendlich hatte es ihm nie gepasst. Er erlaubte es seinem Verstand nicht länger dabei zu verweilen.
Das rapide Zucken von Devrels Schwanz übertönte die übrigen Geräusche, ein Metronom im Takt mit dem beständigen Schlagen des Herzens des Hutmachers. Wenn das Wunderland Cadence nicht wollte, würde sie Gareth bei ihrer Ankunft nur falsche Hoffnungen machen. Es wäre jedoch töricht etwas als unmöglich zu betrachten. Devrel, eine unmögliche Katze mit unmöglichem Grinsen, glaubte, dass Cadence eine zweite Chance verdiente, so unglückselig es auch sein mochte. Verdammt sei sein weiches Herz, aber er würde helfen. Sogar ohne die Knöpfe, Fingerhüte und den Flicken, die er hinterher sammeln würde.

1
Meine Schwester ist eine Irre.
Melody Adams saß an einem Tisch im Café des Buchgeschäfts, während Cadence dramatisch durch eine Seite nach der anderen eines übergroßen Hardcovers blätterte. Sie wettete ihren Iced Caramel Macchiato darauf, dass es in diesem Buch um Lewis Carroll und die Romane, die er geschrieben hat, ging. Fiktionale Romane. Für Kinder. Cadence war dreiundzwanzig. Nichts gegen Vorstellungskraft, aber irgendwann musste jeder erwachsen werden und damit aufhören darauf zu warten, dass phantastische Wunder ihre gewöhnlichen Leben durchbrachen, um das Leben einfach oder aufregend zu machen.
Letztes Jahr war Melody auf der anderen Seite des Landes gewesen und hatte daran gearbeitet – na ja, eher mit der Idee geliebäugelt – ernsthaft ein rechtswissenschaftliches Diplom zu verfolgen, aber das lag jetzt auf Eis. Die Familie ging im Moment vor. Ihre Mutter hatte sie nach Hause gerufen, weil sie nicht wusste, wie sie mit der heiklen Situation »des Vorfalls« umgehen sollte. Etwas war Cadence zugestoßen und niemand konnte sie überzeugen die Wahrheit darüber zu erzählen.
Ihre Schwester war vor einem Jahr aufgefunden worden, nach Bier stinkend und mit Blättern bedeckt, behauptend, sie sei einem Drachen-erlegenden Ritter verfallen und hatte aus dem Blauen heraus eine intensive Besessenheit mit allen Dingen entwickelt, die im Zusammenhang mit dem Wunderland standen. In den darauffolgenden Monaten hatte Cadence ihren Job verloren, hatte das Studium hingeschmissen und war zwangsgeräumt aus ihrem Apartment geendet, gezwungen nach Hause zu ziehen.
Sie faselte andauernd etwas davon »einen Weg zurück zu finden.« Warum sonst würde jemand versuchen durch jeden Spiegel zu laufen, auf den man traf? Melody hatte sie letzte Woche mitgenommen, um einen Film anzuschauen, und Cadence hatte sich in der Mitte entschuldigt, um die Toilette zu benutzen. Als sie nicht zurückkam, war Melody ihr hinterhergegangen. Ihre kleine Schwester stand auf der Ablage, beide Hände auf dem Glas, während Tränen ihre Wangen herunterrollten.
Sie hatte es ihrer Mutter nicht erzählt. Wenn Dad herausfand, was sie getan hatte, würde er wahrscheinlich seine Drohung wahr machen nach psychiatrischer Hilfe zu rufen. Cadence besuchte bereits einen Therapeuten, und wenn sie nicht einen Gang runterschaltete, würde sie in einer Anstalt landen. Wobei jeder Tag Melody näher an die Ansicht brachte, dass es das Beste für ihre Schwester sein mochte, dass sie für das, was auch immer in ihr zerbrochen war, eine konstante Fürsorge hatte.
»Wo ist es? Wo ist es!« Cadence schlug das Buch mit einem Schluchzen zu und warf es den Gang herunter mit einem widerhallenden bums. Käufer schauten davon hoch Titel zu durchsuchen, um zu starren, während sie an den Regalen auf den Fußboden sank und ihr Gesicht mit ihren Händen bedeckte.
Melody ließ ihren kaum angerührten Macchiato stehen und eilte hinüber, bevor der Angestellte des Bücherladens, der finster in Cadences Richtung blickte, eine Bewegung machte, um sie zu tadeln. Sie hob das Buch schwungvoll auf und hielt es so fest, dass sie schwor, dass ein Knöchel knackte. Der große Angestellte mit rotbraunem Haar und einem strengen Kiefer starrte sie so an, dass sie wegschauen musste.
»Entschuldigung. Wir werden das kaufen und gehen.« Sie legte rasch einen Arm um ihre zitternde Schwester und führte Cadence zur Kasse.
Als sie im Auto waren, stieß sie die Einkaufstasche, die das Buch enthielt, in den Schoß ihrer Schwester. »Was ist denn los mit dir?«
Cadence rieb sich ihre Augen, die rot von zuvor vergossenen Tränen waren, und stellte die Tasche neben ihren Füßen ab. »Es muss irgendwo eine Antwort geben. Das muss es. Kaninchenbau, Spiegelglas, verschwindende Insel: Das sind die anderen Wege hinein. Ich muss eines dieser Dinge finden. Aber wo? Wo sind sie verortet?« Sie zog an strähnigen braunen Haare, die seit Tagen nicht gewaschen worden waren. Sie faselte weiter. »Devrel hat mich beim ersten Mal mitgenommen, aber er kam nicht zurück und er ist der Letzte der Boojums. Ich muss einen der anderen Wege finden.«
»Sssch. Ich weiß nicht, aber falls du bestimmt bist einen zu finden, dann wirst du es.« Melody konnte dem Blick ihrer Schwester nicht begegnen, während sie die Beschwichtigung bot, aber schließlich brachte sie die Courage auf hinüberzublicken.
Cadence umarmte ihre Ellbogen und drehte sich zum Fenster, Tränen glitzerten in der Spiegelung im Glas. »Ich war nicht bereit. Zwei Tage sind nicht genug Zeit, um die Liebe über Familie zu wählen. Es ist nicht genug Zeit sich zu verlieben. Ich hatte nicht die Zeit diese Entscheidungen zu treffen oder diese Gefühle zu fühlen. Ich kannte ihn kaum.« Sie zog ihre Knie vor sich auf den Sitz und legte ihre Stirn dagegen. »Wir hätten uns verlieben können, wenn wir die Chance dazu gehabt hätten.« Ihre Stimme brach. »Jetzt werde ich es nie erfahren.«
»Na ja, nein. Ich nehme an, dass es nicht genug Zeit ist.« Sie unterdrückte ein Stöhnen und führte ihren Gedanken laut weiter: »Was, wenn es dir dort elend gehen würde? Sei dankbar, dass du nicht in einem seltsamen Land ohne Familie oder Freunde gefangen bist, die für dich da sein können.«
»Möglicherweise.«
Die Atmosphäre während der Fahrt zurück zum Haus konnte nur als angespannt beschrieben werden. Cadence starrte aus ihrem Fenster, die Wange gegen das Glas gepresst, und beantworte ihre Fragen mit Ein-Wort-Kommentaren, wenn sie überhaupt antwortete.
Melody ergriff das Lenkrad fest und atmete aus. »Cadence, Mom und Dad machen sich wirklich Sorgen. Diese Besessenheit … Sie hat dein Leben übernommen. Sie ziehen in Betracht nach Hilfe zu fragen. Du weißt, was das bedeutet, richtig?«
Die Aussage erhaschte ihre Aufmerksamkeit und sie glotzte Melody an. »Sie wollen mich wegsperren? Ich bin nicht wahnsinnig. Es ist mir wirklich passiert.«
»Ich sage nicht, dass ich dir nicht glaube.« Sie sagte aber auch nicht, dass sie es tat. »Aber du musst die Fakten betrachten. Deine Freunde behaupten, dass du im Wald ohnmächtig geworden bist, und dass du nur ungefähr zehn Minuten außerhalb ihres Sichtfelds warst. Wie hast du zwei Tage weg verbracht und bist zehn Minuten später zurückgekehrt?«
Melody wünschte sich, dass sie ihr glauben könnte, aber das Wunderland war eine erfundene Welt und die Fakten ergaben keinen Sinn. Sie hatte in der Highschool und im College genug Psychologiekurse belegt, um zu wissen, dass traumatische Erfahrungen oftmals zu geistigen Zusammenbrüchen führten. Wenn sie ihr helfen konnte den Schaden zu beheben, würde sie das. Cadence musste zugeben, dass ein Verbrechen vorgefallen war, und erkennen, dass die Fantasie, an die sie sich klammerte, es ihr niemals erlauben würde zu ihrem Leben zurückzukehren. Bis sie das tat, konnte Melody wenig mehr tun, als sie so gut sie konnte zu trösten, aber es war keine Behandlung, die zu Fortschritten bei dem Problem führte.
»Zeit bewegt sich dort anders. Gareth sagte dies bei mehr als einer Gelegenheit.« Cadence verschränkte ihre Arme. »Ich habe es mir nicht eingebildet. Ich habe mich kaum an Zeug aus den Alice-Geschichten erinnert, als es geschehen ist. Wie baut man eine ganze Fantasie um Material auf, mit dem man nicht völlig vertraut ist? Du hattest das Buch, als du aufgewachsen bist, aber ich hatte es nie gelesen. Ich denke, ich habe den Cartoon ein- oder zweimal gesehen, aber ich dachte, dass es wirklich schräg war und mochte es nicht einmal.«
»Okay, okay.« Melody stellte ihren Blinker an und bog auf die lange Erdauffahrt ein. Dass ihre Eltern am Stadtrand lebten, bot ihnen weniger Nachbarn und ein riesiges Grundstück. Der Wald blockierte ihr Zuhause vor der Hauptstraße. Ihre Eltern hatten gehofft, dass abgeschieden zu sein Cadence dabei helfen würde zu heilen. Aber das hat es nicht.
»Gareth war real. Die Ärzte haben den Beweis unserer gemeinsamen Zeit gefunden.«
Melody zuckte jedes Mal zusammen, wenn dieses spezielle Thema aufkam. Es war eine heikle Situation und das Letzte, was sie wollte, war dem Trauma, welches Cadence auch immer erfahren hatte, etwas hinzuzufügen. »Süße, Grinsekatzen und Jabberwockys, sie sind erfunden. Ich wünschte, du hättest dem Arzt erlaubt ausführlichere Tests –«
Nachdem er Cadences bizarre Geschichte gehört hat, hatte einer ihrer Freunde sie schnell ins Krankenhaus gebracht, da er dachte, dass sie sich den Kopf gestoßen hatte. Was sie gefunden hatten, war viel, viel schlimmer gewesen. Es hatte einen Beweis gegeben, dass sie nicht lange zuvor Geschlechtsverkehr gehabt hatte, aber der DNS-Test des Samens war fehlerhaft vom Labor zurückgekommen, aber ihre Blutproben waren völlig normal. Sie hatten keine Spuren von einer Vergewaltigungsdroge gefunden, trotz dass die Polizei überzeugt war, dass die »Wunderland-Halluzinationen« von Drogen gemischt mit dem Alkohol in ihrem System kamen.
»Diese Tests waren evasiv und unnötig, weil es nicht einmal ein Verbrechen gegeben hat«, biss sie harsch heraus.
Cadence leugnete, dass irgendeiner ihrer Freunde Schindluder mit ihr getrieben hatte, und hatte ihre offizielle Aussage abgegeben: Sie war von einer sprechenden Katze entführt worden und sollte einen drachenerschlagenden Ritter heiraten. Ihre Eltern waren zu diesem Zeitpunkt prompt benachrichtigt worden und sie hatte die Nacht in der Psychiatrischen des Krankenhauses verbracht.
Es war wahrscheinlich das Beste, dass sie das College verlassen hatte und nach Hause gekommen war. Wer auch immer ihr das angetan hatte, war noch immer dort draußen, aber sie war sicher. Sie konnten ihr nicht noch einmal wehtun. Unglücklicherweise glaubte Cadence die Halluzination und ließ sie nicht fallen. Der Therapeut nahm an, dass sie die Wahrheit mit der Fantasie unterdrückte, weil sie zu schrecklich war, um sie zu verarbeiten.
»Ich wurde nicht unter Drogen gesetzt oder vergewaltigt«, sagte Cadence leise. »Vertrau mir. Ich würde nicht jemanden beschützen, der mir das angetan hat, indem ich eine Geschichte erfinde. Der Beweis kam als fehlerhaft aussehend heraus, weil es keine DNS aus unserer Welt war. Ganz gleich wie viel sie stochern und stupsen, die Resultate würden jedes Mal uneindeutig aussehen.«
Das Auto kam zum Stehen und Melody schielt in Parken. Als sie die Zündung ausmachte und den Schlüssel abzog, legte sie ihren strengen, ältere-Schwester-ist-weiser-Gesichtsausdruck auf. »Ich will nicht mit dir streiten, aber du musst einsehen, dass du niemals Eingänge in eine andere Welt finden wirst, weil sie nicht existieren. Du machst alle wahnsinnig und ich will dich nicht in einer Anstalt sehen. Dad wird dich übergeben.« Sie öffnete die Autotür und schlug sie hinter sich zu, wartete nicht darauf zu sehen, ob Cadence ihr folgte. Sie konnte mit der Unterhaltung nicht mehr länger umgehen. Wenn jemand ihrer Schwester wehgetan hatte, würde er frei herumlaufen und es wieder tun, weil Cadence die Wahnvorstellung nicht fallen lassen konnte. Es brach ihr das Herz.


»Was würde ich ohne dich tun, Sunny?« Melody kratzte die orangene, gefleckte Katze hinter ihren Ohren. Sunny schnurrte vor Zustimmung. Der Katze schien die lange Fahrt nach Hause nicht zu viel ausgemacht zu haben, wenn man die Menge an Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten bedachte, die sie von der Familie bekam.
Schwere dunkle Wolken füllten den Nachmittagshimmel und die Vorhersage zeigte Gewitter während der restlichen Woche. Eine Menge Regen bedeutete, dass Cadence tagelang Zuhause festsitzen würde, da das Gebiet überflutet wurde, und es gäbe keine Wiederholung des Vorfalls zuvor im Laden. Der Gedanke erleichterte sie und machte sie zur selben Zeit traurig.
Ganz gleich wie sehr Melody versuchte sich auf den Krimi zu konzentrieren, der geöffnet auf ihrem Schoß lag, sie konnte nicht aufhören über Cadences Aussage nachzudenken, warum die DNS niemals als schlüssig erscheinen würde. Grotesk. Sunny blinzelte mit großen grünen Augen zu ihr hoch und Melody schnaubte. »Ich kauf’ es ihr auch nicht ab. Nichts ergibt Sinn.«
Sunnys Ohren legten sich an ihren Kopf und sie duckte sich tief hinter Melodys auf den Stufen der ums Gebäude verlaufenden Veranda ausgestreckten Beine. Sie blickten dem hinteren Teil des Grundstücks entgegen, wo der Wald am dichtesten wuchs. Sie hatten vor Jahren durch dessen Herz einen Radwanderweg ausgeräumt. An der Öffnung des Wegs rutschte ein weißer Klecks durch das dunkelgrüne Gras. Ein Kaninchen.
Bevor Melody reagieren konnte, machte Sunny einen Satz über ihre Beine, die Stufen herunter und schoss auf halbem Weg durch den Garten. »Tu dem Häschen nicht weh!« Sie beeilte sich aufzustehen, fluchte, als das Buch sich schloss und die Seite schluckte, als es auf die Veranda bumste, und jagte dann der Katze hinterher.
Das Kaninchen wartete nicht, um zu entdecken, was die Quelle des Tumults war, und hüpfte den Weg entlang, wobei Sunny ihm heiß auf den Fersen war. Bitte bring das Häschen nicht um. Sie würde weinen. Es war ihr egal, wenn die Katze Käfer fing, aber alles Größere ließ sie sich schrecklich fühlen, sogar Mäuse. Einmal hatte sie einen Vogel auf ihrer Türschwelle gefunden, dank Sunnys Freiluftexpeditionen, und sie war so deprimiert geworden, dass sie vom Unterricht zuhause bleiben musste.
Beide Tiere waren außer Sichtweite und Melodys Besorgnis wuchs. Sie wusste nicht, was sie finden würde, wenn sie um die Biegung bog, aber sie bereitete sich mental auf das Schlimmste vor. Stattdessen fand sie Sunny inmitten auf dem Weg stehen, ihr Schwanz sauste langsam hin und her, während sie ein kleines Loch im Boden studierte und herumrutschte, um aus einem neuen Winkel hineinzuspähen. Erleichtert, dass sie nicht über ein Gemetzel gestolpert war, lachte Melody so stark, dass sie sich vornüberbeugen und ihre Hände auf ihre Knie stützen musste.
»Schau uns an, wie wir weiße Kaninchen in ihre Kaninchenbauten jagen und Cadence für eine solche Vorstellung ausschimpfen.« Dann prustete Melody, als sie bemerkte, dass sie ein blaues knielanges Kleid trug und ihre langen blonden Haare um ihre Schultern fließen lassen hat. Sie warf sich in einen weiteren Kicheranfall. Sie hätte fast Lust dazu ihre Schwester aus dem Haus zu zerren und ihr einen Versuch zu erlauben in den Bau zu tauchen. Dann würde Cadence ein für alle Mal sehen, wie irrational sie klang.
Melody hob die Katze schwungvoll auf und umarmte sie eng. Solch ein wildes kleines Biestchen für etwas so Kleines. Sunny ergriff ihre Schulter, ihre Klauen bissen in ihr Fleisch. »Autsch, was ist los mit …«
Der Boden erbebte. Ein Erdbeben? Ein lautes Krachen und dann ein wusch und die Erde um den Kaninchenbau herum stürzte um einige Fuß nach innen zusammen. Sie drehte sich um, um zu rennen, aber es war zu spät. Die verdichtete Erde unter ihr senkte sich, sackte zusammen und sackte ab, zerrte sie und Sunny in die Dunkelheit.

2
Der Hutmacher und Devrel standen auf einer Klippe, welche die Schiffbruch Bucht und das Verschwindende Meer überblickte. Blaue Wellen krachten gegen die Küste, die Strömung neckte mit flüchtigen Blicken auf versunkene Schiffe, die zerbrochen und verlassen auf den Felsen lagen. Ein verwitterter hölzerner Mast stach aus dem Wasser heraus, präsentierte ein von der Sonne ausgebleichtes, in Lumpen gekleidetes Skelett innerhalb einer fassähnlichen Struktur des Krähennests. Die verlorene Seele hatte sich dorthin gebunden, um nicht während eines Sturms herauszufallen, aber er war nichtsdestotrotz gestorben.
Das Weiße Kaninchen purzelte aus der Öffnung in einem ausgehölten Baumstumpf und hoppelte herüber, wo sie im Schatten des Walds hinter ihnen warteten. Er setzte sich auf seine Hinterbeine und hechelte laut. »Ich wurde beinahe von einem mörderischen Biest gemeuchelt. Und ich habe meine Uhr verloren! Du schuldest mir etwas, Hutmacher. Wenn ich komme, um zu kassieren, erwarte ich vollständige Bezahlung.«
Solcher Unsinn. Er wollte das Kaninchen nicht einmal um irgendwelche Gefallen bitten, dennoch war er derjenige, der gezwungen war die Bemühung zu finanzieren. »Was auch immer du dir wünschst, Kaninchen.«
»Dir einen guten Tag und bitte … versuch nicht mich zu besuchen.« Er schnappte seine Brille aus der offenen Handfläche des Hutmachers – hatte sie ihm zur sicheren Aufbewahrung gegeben – positionierte diese oben auf seiner rosa Nase und hoppelte dann davon, währenddessen er die ganze Zeit murrte.
Devrel tauchte zur Rechten des Hutmachers auf, federte praktisch auf seinen Pfoten in seinem Eifer, dass der Findling erschien. »Ich kann es nicht erwarten den Ausdruck auf ihrem Gesicht zu sehen, wenn sie erkennt, dass sie zurückgekehrt ist. Sie wird so überra –« Sein Mund klappte auf und er hustete, als eine Schaukelpferdfliege hineintaumelte, knapp all den scharfen Zähnen unversehrt entkam, als sie auf dem entgegengesetzten Weg wieder hinausflitzte.
Eine blonde Frau gekleidet in einem allzu einfachen blauen Kleid, dass nicht über ihre Knie reichte, von Schmutz befleckt, tauchte aus dem Baum aus. Sie umklammerte eine orangene Katze mit großen Augen in ihren Armen, während sie gegen das Sonnenlicht blinzelte. Blutrote Flecken auf einer Schulter ihrer Kleidung enthüllten eine Verletzung durch das Tier, das sie trug, oder vom Fall. Der Hutmacher war sich nicht sicher. Schmutzflecke verunstalteten ihre Haut, aber sie war dennoch ziemlich hübsch. Sie hatte die symmetrischsten Gesichtszüge, die er jemals gesehen hatte. Tatsächlich hatte er das ernsthafte Bedürfnis einen Hut für sie zu kreieren, um zu betrachten, wie er auf ihrem Kopf ruhte. Seine Finger zuckten.
»Äh, Hutmacher«, flüsterte Devrel, als er etwas seiner Fassung wiedererlangt hatte. »Vielleicht sind wir betrogen worden. Bezahl dem hoppelnden Haufen Eintopf nicht mehr als einen Faden.«
»Mich dünkt, dass sie sich verbessert hat«, bemerkte der Hutmacher und rieb sich über sein Kinn. Abgesehen von den schrecklichen Kleidungsgewohnheiten, aber das konnte in kurzer Zeit behoben werden. Der Stil passte überhaupt nicht zu ihr.
Der Boojum ließ ein Ausdruck der Irritation zu ihm aufblitzen, bevor er sein charakteristisches Lächeln wieder aufnahm. »Bist du verrückt? Das ist sie nicht.«
»Selbstverständlich ist sie es. Das Weiße Kaninchen findet immer, was er sucht.«
»Etwas hat ihn zurück zu seinem Loch gejagt. Er wollte nicht auf das richtige Mädchen warten. Kannst du nicht sehen, dass sie anders ist? Sie hat nicht einmal dieselbe Haarfarbe!«
Der Hutmacher hatte es bemerkt, aber er mochte die Veränderungen. Dasselbe Mädchen, anderes Mädchen – es war egal. Seine Finger zuckten wieder.
In dem Moment, in welchem sie die beiden bemerkte, ahmte sie Devrels vorigen Gesichtsausdruck des Schocks nach.
»Ach herrje«, murmelte er. »Sie ist verdattert. Hast du Borogove-Federn zur Hand, Hutmacher?«
»Wo bin ich?« Das Mädchen musterte Devrels unheimliches bezahntes Grinsen. Der Hutmacher erinnerte sich, als er zum ersten Mal einen Boojum gesehen hatte und konnte ihre Besorgnis nachempfinden. Obwohl Devrel dem Tier, das sie hielt, ähnelte, war sein abschreckendes Grinsen der Stoff, aus dem Alpträume waren. Boojums waren einst eine Rasse der Schwindler, die beliebig verschwanden und erschienen, entfernten manchmal zum Scherz Menschen von einem Reich und setzten sie im nächsten aus. Das Grinsen war der letzte Anblick gewesen, den ihre Opfer erblickten.
Devrel spazierte auf sie zu. »Du bist im Wunderland. Wir haben jedoch jemand anderen erwartet. Wie versiert bist du darin verdichtete Erde und die Substanz zwischen den Reichen hochzuklettern? Ich bin sicher, dass es Wurzeln gibt, an die man sich hängen kann. Der Hutmacher kann dir Schwung mitgeben.«
»Äh …« Das Mädchen gaffte ihn an und ihre Haut wurde aschfahl.
Der Hutmacher rollte mit seinen Augen himmelwärts. »Sie klettert das Loch nicht hoch, Devrel. So funktioniert das nicht. Sie kann nicht wieder gehen, außer das Wunderland sondert sie aus.« Was er wissen sollte, wenn man bedenkt, dass er selbst den letzten Findling hindurchgebracht hatte.
Die Katze neigte seinen Kopf nach hinten. »Aber ich sondere sie aus. Ich wollte Cadence für Gareth. Nicht diese blonde Blenderin.«
»Moment … Cadence ist meine Schwester.« Ihre Augen waren groß und sie schüttelte fassungslos ihren Kopf. »Wenn du … wenn ich … oh süße Muttergottes, sie hat nicht halluziniert, oder?«
»Nein«, sagte Devrel und trat näher zu ihr. »Du wirst herausfinden, dass es zu wundervoll ist, um wahr zu sein, die meisten wählen lediglich es nicht zu glauben. Deshalb ist alles so düster, wo du herkommst.«
»Und wenn sie nicht halluziniert hat, bedeutete es, dass sie wirklich hierherkam und irgendeine heiße Affäre mit diesem Gareth-Typen gehabt hat?«
»Augenscheinlich«, sagte der Hutmacher aus. »Sie schienen mir jedoch ziemlich langweilig.«
Sie zerknautschte ihr Gesicht und zeigte ihm einen eigenartigen Gesichtsausdruck und schüttelte dann ihren Kopf. »Ich bin die schlechteste Schwester überhaupt.«
Devrel umkreiste ihre Beine, ließ seinen Schwanz an ihre Knie schnellen. »Ich kann mir vorstellen, dass sie bei ihrer Rückkehr eine ziemliche Geschichte erzählt hat. Ich habe sogar versucht ein paar Mal nach ihr zu sehen, nachdem sie nach Hause gegangen ist, aber da sie mich weder sehen noch hören konnte, habe ich aufgegeben. Das ist jedoch nicht, was wichtig ist. Ich brauche deine Schwester wieder hier. Jetzt.« Er hielt inne und wickelte seinen Schwanz um sich selbst, als er sich setzte. »Oh, nun ja. Ich schätze, dass du genügen müssen wirst, obwohl er sich wahrscheinlich nicht mit einem Ableger begnügen wird.«
»Ich bin kein Ableger –«
»Bist du eingeladen worden?«, fragte er, hob eine Pfote und bog seine Krallen, seine Stimme troff vor Frechheit.
Der Hutmacher stupste Devrel mit einem gestiefelten Zeh an. »Genug, Katze. Du wirst sie Gareth nicht geben.«
Wenn der falsche Findling durchkam, gab es keinen Grund sie dem Schlächter zuzustoßen und von ihm zu erwarten deshalb etwas zu tun. Die Vorstellung war absurd. Das einzige Problem war zu beschließen, was sie mit ihr tun würden, wenn sie sie nicht Gareth gaben.


Melody wurde von zwei erschreckenden Gedanken auf einmal bombardiert. Der Erste: Ihre Schwester hatte nicht gelogen und würde zwangsläufig dafür weggesperrt werden. Der Zweite: Eine Katze saß dort und grinste sie mit ihren scharfen Zähnen und riesigen blauen Augen an. Sunnys vordere Krallen waren in ihrem Bizeps verankert und Melody klammerte sich fest an sie, weigerte sich es zu riskieren, dass die gruselige Katze ihr Fellbaby verletzen würde.
Momente zuvor war sie auf einem Radwanderweg hinter ihrem Elternhaus gestanden und jetzt war sie auf einer Klippe, die einen Ozean überblickte, mit …
Ist das ein Skelett?
»Unabhängig davon, was wir mit ihr tun, sie ist definitiv verdattert. Siehst du den glasigen Blick, die verblüffte Stille?« Die weiche, tiefe Stimme der Katze zog ihren Fokus von dem echt toten Typen auf dem gesunkenen Schiff weg. Das ist eine Filmrequisite. Richtig? Das muss es sein. Auf keinen Fall würde der Körper lange genug dort oben sein, um zu einem Skelett zu werden, das aufrecht blieb, in einem Stück, durch die Elemente und krachenden Gezeiten. Richtig?
Oh, Gott.
»Sie ist nicht verdattert. Gib ihr einen Moment«, sagte jemand anderes. Der Mann mit der Katze.
Sein Outfit war ein Flickwerk aus Stilen und Farben. Mehrere goldene Taschenuhren hingen von seiner Weste und er hatte einen Zylinder, der aus einem glänzenden marineblauen Material gemacht war, der seine leuchtend grünen Iris beinahe petrolfarben scheinen ließ. Mit seinem schwarzen Haar – nicht lang, aber bedurfte eines guten Schnitts –, das um seine Augen herumhing, war dieser Mann der Traum einer jeden Frau. Als sie seinem Blick begegnete, teilten sich ihre Lippen. Wow. Sie entließ scharf ihren Atem und fummelte herum.
Die Katze nannte ihn Hutmacher, war er der Hutmacher? Nostalgie der Kindheitsverwunderung verursachte diese unangenehme Aufregung, die man hatte, wenn man in der Gegenwart einer Berühmtheit seines liebsten Autors war. Ein aufgeregtes Schwindelgefühl davon jemanden zu treffen, den man jahrelang verehrt hatte.
»Zu starren wird als unhöflich angesehen«, sagte er leise.
»Entschuldigung!« Ihre Wangen erwärmten sich. »Ich bin nur, äh, habe nicht erwartet hier zu stehen, und na ja, ich habe mich gefragt, ob Sie, ähm …«
»Ob ich ähm?« Er betrachtete die grinsende Katze. »Wie ähmt man denn?«
Die Katze legte ihren Kopf schief. »Keine Ahnung.«
»Das meinte ich nicht. Ähm ist nicht einmal ein Wort –«, mühte sie sich ab.
»Warum es dann sprechen?«, fragte der Mann.
»– es ist ein Geräusch, das man macht, wenn man sich wegen etwas nicht sicher ist oder darum kämpft die richtige Wendung zu finden, die man meint.«
»Normalerweise sollte man nicht sprechen, bis die Worte vorzeitig bekannt sind.«
Okay, er war ein bisschen ein Arschloch. Das waren die Attraktiven immer, zumindest ihrer Erfahrung nach, aber sie konnte nichts gegen das Ziepen von Enttäuschung tun, das sich einschlich. Sie verlagerte sich, um das Skelett wieder zu beäugen und es zu vermeiden ihn anzuschauen. »Ich wollte nur eine höfliche Art und Weise finden, um zu fragen, ob Sie der verrückte Hutmacher sind, ohne Sie zu beleidigen, aber tut mir leid, dass ich es versucht habe.«
Als Kind war der verrückte Hutmacher immer ihr liebster Wunderland-Charakter gewesen. Er war exzentrisch, aber irgendwie verletzlich gewesen, hatte sich mit so viel Verdrehtheit umgeben, dass es den Fokus von ihm genommen und auf die Szenerie um ihn herum gelassen hat.
Stille strahlte von dem Mann und der Katze aus. Dann wankte das Lächeln der Katze leicht und er ging in einen Busch zurück. Melody blickte einmal mehr zu dem Mann und sein Gesicht war leer. Keine Emotion, kein Ausdruck. Eine Leere.
»Ich verstehe.« Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte davon.
Nicht sicher, ob sie eine größere Zicke war als er ein Arsch, eilte sie hinter ihm her. »Moment! Es tut mir leid! Ich wollte es besser formulieren.«
Er hielt an und Melody rannte beinahe in ihn hinein. Sunny fuhr ihre Krallen tiefer in ihre Haut aus. Als der Mann sich umdrehte, um etwas zu erwidern, erhaschte sein Blick ihren Arm und er runzelte die Stirn. »Dein Biest hat dich verwundet.«
»Sie ist kein Biest.« Melody verlagerte die Katze ein wenig höher und hob ihr Kinn. »Sie hat Angst und sie stellt sicher, dass ich sie nicht in der Nähe von diesem … Ding absetze.«
Bei der Beschreibung der merkwürdigen Katze schmunzelte der Mann. »Komm mit mir mit. Devrel wird … Devrel?«
Die seltsame Katze hatte sie verlassen.
»Verdammt sei diese lästige Kreatur. Dann werden wir eben gehen. Ich bedaure, dass es nicht sehr nah ist, aber wir sollten in mehr als genug Zeit für den Tee dort sein.«
Sie zögerte, wägte ihre Optionen ab. Er war nicht gerade gastfreundlich gewesen und mehr als das, erfuhr sie jetzt die Wahnvorstellung ihrer Schwester. Selbstverständlich war sie aller Wahrscheinlichkeit nach hingefallen, hatte sich den Kopf angeschlagen und dies alles war ein Komatraum oder so etwas. In diesem Fall, was würde es schaden zu sehen, was passierte, wenn sie mit ihm ging?
»Okay.«
Da sie nirgendwo anders hatte, wo sie hinkonnte, folgte sie ihm. Sunnys Gewicht war längst eine Bürde geworden, aber sie wagte es nicht die Katze abzusetzen. Sie wanderten schweigend für, wie es schien, eine Ewigkeit. Zu ihrer Linken erstreckte sich über Meilen eine Waldfläche gefüllt mit regenbogenfarbenen Bäumen. Sie verharrte, um ein Schild zu untersuchen, auf dem Pfeile in unterschiedliche Richtungen zeigten. Zwei zeigten in den Wald und besagten TULGEY WALD und ROTES KÖNIGREICH. Der Eine, welcher in die Richtung zeigte, aus der sie kamen, sagte SCHIFFSBRUCH BUCHT. Zwei Pfeile mehr zeigten in die Richtung, in die sie gingen: WEIßES KÖNIGREICH und DER HUTMACHER.
»Ich sehe, Sie haben Ihr eigenes Schild.«
Der Hutmacher nickte. »Das habe ich.«
»Also sind wir in der Nähe.« Es war keine Frage, sondern eine ernste Hoffnung. Ihre Armmuskeln kribbelten und ihre Füße brachten sie um. Sie weigerte sich jedoch um eine Möglichkeit zu bitten sich zu setzen und das Unbehagen bereitete ihr Sorgen, dass die Wahnvorstellung am Ende doch die Realität sein könnte.
»Nahe genug.«
Mit einem Seufzen zottelte sie dorthin, wo er verharrte, um auf sie zu warten. Im Wald kreischte ein Tier, weckte Sunny aus ihrem leichten Schlummer und führte zu punktierten Wunden. »Was war das?«
Der Hutmacher legte einen Arm um ihre Schulter und bewegte sie an seine rechte Seite und weg von der Baumgrenze. Ein subtiler, würziger Duft, wie Klee, erfüllte ihre Sinne und sie widerstand dem Drang sich in seine Berührung zu lehnen. »Wir sollten weitergehen«, sagte er vorsichtig. »Das Bandersnatch-Rudel kommt normalerweise nicht so nahe an den Rand des Tulgey Walds. Es ist das Beste wegzubleiben.«
»Ich möchte nicht einmal fragen, was ein Bandersnatch ist.« Es klang sehr vulgär, was auch immer es war.
»Hoffe, dass du nie einem begegnest. Die Bandersnatche sind Raubtiere im Rudel. Sie können nicht wie die zivilisierten Kreaturen dieses Lands sprechen. Versuche einen zu überzeugen dich nicht anzugreifen und du gibst den anderen nur Zeit sich hinter dir anzuschleichen.«
Sie erschauderte. »Wundervoll. Bisher gab es einen toten Typen auf einem gesunkenen Schiff, mörderische Tiere in den Wäldern und eine sprechende Katze mit Alptraumzähnen. Noch etwas, um das ich mir Sorgen machen sollte?«
Der Hutmacher presste in einem gescheiterten Versuch ein Lächeln zu verstecken seine Lippen zusammen. »Eine Bindung zu entwickeln. Am Ende des morgigen Tages, deinem zweiten Tag im Wunderland, wirst du nach Hause gehen. Von dem, was du von deiner Schwester enthüllt hast, hätte sie von einem solchen Ratschlag profitieren können.«
Das war … eher traurig. Der Hutmacher schien auch traurig, trotz seiner kratzbürstigen Haltung.
Eine Weile später entdeckte Melody ein großes Haus im Cottage-Stil auf einer Aue. In der Nähe beschirmte ein Pavillon einige Tische, die zusammengeschoben wurden, mit Stühlen, die um ihn herum gruppiert waren. Die berühmte verrückte Teeparty, aber niemand hatte dort Platz genommen.
Das ist surreal. Wenn sie allein gewesen wäre, wäre sie wahrscheinlich hinübergerannt und hätte die Teetassen berührt und über die Stühle gestreichelt. Sie war aber nicht allein und der Hutmacher warf sein verurteilendes Starren in ihre Richtung. Sie stampfte ihre Neugierde nieder, wollte nicht, dass er noch schlechter von ihr dachte, als er das offensichtlich bereits tat. Er hatte sie in seinem Zuhause willkommen geheißen und sie würde während ihres Aufenthalts ein Gefühl von Würde und Anstand beibehalten.
Als sie das Haus erreichten, führte der Hutmacher sie hinein. Hüte bedeckten jede Wand auf Regalen, Holzhaken und sogar Gestellen, welche die Mitte dessen einnahmen, was ein Ausstellungsraum oder ein Geschäft zu sein schien.
»Wow.« Sie drehte sich im Kreis. Die Farben waren leuchtend. Manche Hüte waren grell mit unanständig großen Knöpfen und Schleifen, aber andere prachtvoll und geschmackvoll mit genau der richtigen Prise Bändern oder Federn. »Sie haben die alle gemacht?«
»Das habe ich.«
»Sie sind wunderschön. Sie sind wirklich talentiert.« Sie blickte ihn an, aber er kontrollierte schnell einen eigenartigen Ausdruck. Seine Finger zuckten, als er sie anstarrte, und er bewegte seine Hände hinter seinen Rücken.
»Danke. Ich bezweifle, dass Devrel hier ist, also kannst du deine Kreatur gerne freilassen ohne der Angst Bürde. Ich glaube nicht, sollte er in die Nähe kommen, dass er sie verletzen würde.« Er blickte finster drein, als er fertig gesprochen hatte, und drehte sich weg. Widerte ihn der Gedanke, dass Sunny frei herumrannte, an oder war es …die Art und Weise, wie er jetzt gerade gereimt hatte?
Melody kniete sich hin und versuchte Sunny abzusetzen, so dass sie ihre schmerzenden Arme erleichtern konnte, aber das arme Ding war noch immer zu verängstigt, um sie loszulassen. »Komm schon, Sunny. Du bist okay. Nichts wird dich kriegen.« Schließlich hüpfte die Katze herunter und Melody streichelte sie beruhigend.
Als sie aufstand, rückte der Hutmacher näher zu ihr und hob ihren Arm, um ihn zu untersuchen. »Die Kreatur hat überall Löcher in deine Haut gestochen.« Sein Blick wanderte zu ihrer Schulter hoch, wo rote Flecken den blauen Stoff ihres Kleids verunstalteten. »Dreh dich.«
Sie zögerte, aber gehorchte.
»Deine Robe ist ruiniert.« Er zog das Material über ihre Schulter herunter und sie erschauderte. »Du solltest dich wahrscheinlich saubermachen. Ich kann dir eine neue Robe machen.«
»Oh, nein. Wirklich, es gibt keinen Grund sich die Mühe zu machen. Das Wunderland wird mich wie Cadence rauswerfen, richtig?« Was war, was sie wollte. Also warum schien es beinahe unfair von Beginn an zu wissen, dass ihre Zeit hier ein Auslaufen hatte?
Er antwortete nicht sofort, aber nickte dann.
»Ich kann das bis dahin tragen.«
Sein dunkler Gesichtsausdruck sagte ihr, dass sie ihn nicht nur zum zweiten Mal beleidigt hatte, sondern auch keine Wahl hatte. In seinem Haus ging es nach ihm oder gar nicht.

3
Erfrischt von einer langen heißen Dusche schob Cadence die Fliegengittertür auf und trat nach draußen, um sich bei Melody zu entschuldigen, aber ihre Schwester war nicht dort. Ihr Buch war aufs Geratewohl auf die Veranda geworfen, was ihr überhaupt nicht ähnlich sah. Sie blieb an den meisten Tagen unfassbar organisiert.
Schulterzuckend stieg sie die Stufen hinab und beschloss einen Spaziergang den Radwanderweg entlang zu machen, um ihre Gedanken zu leeren. Dunkle Wolken bewegten sich am Himmel, also bezweifelte sie, dass sie lange hatte, um die freie Natur zu genießen, bevor ein Gewitter sie alle als Geißel im Haus hielt.
Überall war besser als im Inneren. Seit ihrer Rückkehr vom Wunderland hatten sich ihre Eltern von ihr und voneinander zurückgezogen. Sogar ihre Schwester dachte, dass sie durchgedreht war. Vielleicht war sie das. Es wäre zu einfach gewesen sich selbst glauben zu lassen, dass sie sich alles eingebildet hatte, wenn der DNS-Beweis nicht gewesen wäre, den sie gefunden hatten. Keiner ihrer Freunde hatte sie berührt. Obwohl sie nicht leugnete, dass es genug Zeit gewesen war, so dass sie ein Fremder hätte schänden können, war nichts ihrer Kleidung deplatziert. Kein Schmutz oder anderer Nachweis wurde gefunden, um anzudeuten, dass ihre Hose gegen ihren Willen entfernt worden war, so dass ein solcher Vorfall auftreten konnte. Sie war im Wunderland gewesen und Gareth war real gewesen. Sie wusste, dass er real war.
Cadence trat einen Pinienzapfen über den Weg und seufzte. Zwei Tage waren nicht lange genug gewesen, um eine lebensverändernde Entscheidung zu treffen. Obwohl sie Gareth dann gemocht hatte, hatte sie auch jeden Grund ihm nicht zu vertrauen. Sie hatte ihn sogar überzeugen müssen sie ins Rote Königreich mitzunehmen anstatt sie zurückzulassen.
Dennoch war sie mit ihm mitgegangen und ihre Gefühle für ihn hatten zugenommen. Er schien auf dieselbe Art für sie zu empfinden, bevor sie gegangen ist. Wenn sie einen Tag mehr gehabt hätten, nur einen, dann wäre sie vielleicht geblieben. Vielleicht hätten sie die ersten Anzeichen der Liebe dort anbinden können. Nun wurde sie davon heimgesucht, was hätte sein können, und weiterzumachen schien unmöglich. Abenteuer wie sie sie im Wunderland erfahren hatte, kamen niemals in ihrer Welt vor, in einer kleinen Stadt, wo niemand ein Wort davon glaubte, was sie sagte, und sie konnte sich niemals mit einem langweiligen durchschnittlichen Leben abfinden. Außerdem konnte kein anderer Mann es wagen sich mit Gareth zu messen, also waren ihre Aussichten weiterzuziehen nichtig.
Eine Kurve auf dem Weg verbarg den Pfad voraus hinter einer Ansammlung von Ahornbäumen. Cadence überlegte zum Haus zurückzukehren, als weiches Geprassel vom Regen gegen die nackte Haut ihrer Arme zu krachen begann, was sie sich wünschen ließ, dass sie eine Jacke trug. Dennoch, als ob sie von einem Magneten angezogen wurde, ging sie weiter vorwärts, nur um den massiven Krater zu entdecken, als sie die Bäume umrundete.
In der Nähe waren im feucht werdenden Schmutz Fußspuren von Schuhen und den weichen Ballen einer Katze sichtbar, welche bald weggewaschen werden würden. Am Loch, das so tief und dunkel war, dass sie nicht feststellen konnte, wie tief herunter es ging, ohne sich näher heranzubewegen – was sie nicht tat, da der Boden vielleicht instabil sein könnte. Waren Melody und Sunny hier draußen gewesen, als das aufgetreten war? Oh Gott, waren sie in den Krater gefallen?
Ein seltsames Gefühl ließ sich in ihrem Bauch nieder. Furcht, Aufregung, Sorge … alles vermischte sich und kämpfte um die Vorherrschaft. Sie konzentrierte sich nicht darauf, erlaubte es ihrer vorrangigen Sorge für Melody zu sein. Das Letzte, was sie wollte, war, dass ihre Schwester verletzt wurde.
Verzweifelt rief sie ihre Namen aus, hoffte, dass einer von ihnen aus den Wäldern auftauchen würde. Vielleicht würde Sunny ihren orangefarbenen Kopf aus einem Busch stecken. Aber niemand antwortete. Das bedeutete, dass sie entweder zurück nach Hause gegangen waren, oder dass ihre Schwester in dem Loch sein könnte, verletzt oder tot, während sie nichts tat, um ihnen zu helfen.
Oder sie konnte gegangen sein …
Ein Jahr war vergangen. Niemand war für sie gekommen und sie konnte keinen Weg zurück finden. Wenn sie so geistesgestört war, wie jeder dachte, würde sie ihren Verstand zu dem Schluss schweifen lassen, der ihr beinahe vor lauter hoffen schlecht werden ließ. Vielleicht war sie wahnsinnig. War das nicht sowieso, was jeder ihr immer wieder erzählte? Wenn sie es sich für einen Moment glauben ließ, dass Melody in ein Portal zum Wunderland anstatt einen Krater gefallen war, dann war sie das vielleicht auch.
Cadence wirbelte herum, bereit zurück zum Haus zu sprinten, als etwas Glänzendes die Reflektion der Sonne erhaschte, als diese durch die Regenwolken spähte. Sie beugte sich vornüber, um es zu untersuchen, wischte die Blätter aus dem Weg und nahm die winzige Taschenuhr an der Kette hoch. Sie sah mehr wie eine dieser Taschenuhr-Halsketten für Frauen aus; die Uhr selbst war von der Größe eines Vierteldollars. Das Gehäuse war aus Gold, auf der Rückseite ein dekoratives Herz und ein winziges W.K. eingeätzt. Mit ihrem Daumen öffnete sie die Uhr und vergaß, wie man atmete.
Die Uhr hatte dreizehn Stunden anstatt zwölf. Sie purzelte aus ihrer Hand in den feuchten Schmutz. Der zweite Zeiger gab weiterhin ein tick, tick, tick von sich, während das Ziffernblatt sie mit Gedanken verspottete, die sie nicht erfahren sollte. Sie hatte diese weggeschlossen, um es mit Vernunft zu versuchen, nur damit dies jetzt passierte. Sie lachte laut auf für niemanden als sich selbst, der es hören konnte. Sie klang sogar wahnsinnig.
Wenn das Wunderland nicht real war, wenn ich es mir eingebildet habe, wie die Therapeuten und alle anderen glauben, kann das nicht passieren. Hatte sie einen psychotischen Zusammenbruch? Würde sie bemerken, dass sie einen hätte, wenn sie einen hatte? Ich bin so verwirrt.
Cadence hob die Uhr auf und ließ sie zuschnappen. Das W.K. kennzeichnete den Besitzer davon. Konnte W.K. für Weißes Kaninchen stehen?
Sie legte einen zitternde Hand über ihr rapide schlagendes Herz. Dann verlagerte sich ihr Blick ganz langsam zu dem Loch. Es ist der Kaninchenbau. Sie konnte sich nicht länger vor dem Gedanken verstecken und den Abdrücken und Zeichen um der Seite herum nach zu schließen, war ihre Schwester ihn vielleicht heruntergegangen.
Melody könnte verletzt sein, also warum wollte sie plötzlich einen Glaubenssprung in das Loch machen anstatt nach Hilfe zu rufen? Wenn sie falschlag und das nicht ein Kaninchenbau ins Wunderland war, könnte sie sich im Grunde selbst umbringen, wenn sie selbst hineinging. Was ihr mehr Angst machte als alles andere, war, dass sie nicht wusste, ob sie aufgeregt gewesen wäre das Loch gefunden zu haben, wenn Melody auf der Veranda gewesen wäre, als sie hinauskam, oder nicht. Wäre sie hier hinaus gekommen und blind hineingesprungen?
Ich bin nicht verrückt, aber sogar das hört sich lächerlich geisteskrank an.
Sie wusste, dass, was passierte, real war. Dennoch, nach einem Durchgang zurück zu suchen und ihn zu finden waren zwei verschiedene Dinge. Das Loch im Boden bot einen möglicherweise einseitigen Fall, der nicht ungeschehen gemacht werden konnte. Angenommen, selbstverständlich, dass er ins Wunderland führte, oder ein Kran muss meinen toten, gebrochenen Körper herausziehen.
»Cadence«, sagte sie zu sich selbst und schloss ihre Augen. »Was, wenn sie Recht haben und du verrückt geworden bist? Die Uhr könnte ein Spielzeug sein. Ein Streich.«
Als sie ihre Augen ein zweites Mal öffnete, war das W.K. noch immer dort, klar wie der helle Tag, und sie erkannte, dass sie dort gelassen wurde, so dass sie diese fand. Jemand wollte sie zurück. Hatte Gareth das Kaninchen geschickt? Devrel? Ihr Magen verknotete sich vor gespannter Erwartung und Beklemmung.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie. Ob zu sich selbst, ihrer Familie, einer höheren Macht, war sie sich nicht gänzlich sicher. »Ich muss es versuchen. Ich muss es sehen. Was, wenn ich nicht verrückt bin? Was, wenn ich nicht gehe und es niemals eine weitere Möglichkeit gibt?«
Da sie nicht wollte, dass sie dasselbe Thema wie zuvor zurückhielt, zog sie ihr Handy aus der Hosentasche ihrer Jeans und schaltete die Kamera an, filmte das Loch und dann die Uhr. Sie kippte den Bildschirm, so dass er zu ihr zeigte, und holte tief Luft.
»Ich weiß nicht, ob das ein Kaninchenbau ist oder nicht, aber ich denke, dass Melody und Sunny hineingefallen sind. Ich habe diese Uhr in der Nähe gefunden.« Sie hielt sie hoch, um sie auf dem Bildschirm zu zeigen. »Die Zeit im Wunderland verging schnell, aber ich erinnere mich ausdrücklich, dass meine Zeit am zweiten Tag zur dreizehnten Stunde geendet ist. Ich bin ziemlich sicher, dass dies vom Weißen Kaninchen zurückgelassen wurde. Ich weiß, wie verrückt das klingt, glaubt mir, ich weiß es.« Sie biss sich auf die Lippe und studierte das Loch.
»Jedes bisschen gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich weggehen soll, aber ich muss das tun. Ich muss es wissen. Wenn ich falschliege und das überlebe, werde ich mich gerne überstellen, um psychiatrische Hilfe zu erhalten. Ich werde nicht länger dagegen ankämpfen. Wenn ich jedoch Recht habe und nicht zurückkehre, wollte ich sagen, dass es mir leidtut. Es tut mir leid, dass ich euch verlassen musste. Ich liebe euch, Mom. Dad. Danke für alles. Ich wünschte, dass ich beide Welten haben könnte, aber wenn ich wählen muss, will ich ein Leben von Abenteuer. Ich will wissen, ob Gareth und ich die Liebe haben können, die ihr beide geteilt habt, bis meine Situation zwischen euch kam. Ich werde es nie wissen, wenn ich bleibe.«
Cadence hielt inne und fügte schnell hinzu. »Wenn Melody auch dort ist und das Wunderland sie nicht zurückgibt, bin ich sicher, dass sie einen Grund gefunden hat, um zu bleiben. Wir werden euch immer lieben. Glaubt niemals etwas anderes.«
Der Regen wurde stärker, als sie aufhörte aufzunehmen. Sie konnte das Handy nicht hier lassen, ohne dass der Regen es demolierte, also suchte sie herum für irgendeine Art von Schutz. Einer der Bäume weg vom Pfad hatte eine Aushöhlung in seinem Stamm, ungefähr auf Brusthöhe. Sie schob das Handy und die Uhr hinein, erlaubte es der Kette über den Rand zu hängen. Zur Sicherheit entfernte sie ihren roten Gürtel von ihrer Jeans und schnallte ihn um den Stamm. Indem sie Stöcke benutzte, fertigte sie eine Spur aus Pfeilen, die vom Pfad zum Baum wiesen. Dieses Mal würde sie das Bedauern sich nicht verabschiedet zu haben nicht daran hindern zu bleiben. Sie hoffte nur, dass sie nicht kurz davor war Selbstmord zu begehen.
Wenn dies der Weg ist, um zurück zu Gareth zu kommen, kann ich es mir von Furcht nicht wegnehmen lassen. Ich habe ein Jahr lang versucht das zu finden. Mach den Glaubenssprung.
Wenn sie es nicht besser wüsste, hatte sich die Größe des Baus verringert, während sie ihre Verabschiedungen aufgenommen hatte.
Oder du bist so verrückt wie ein Hutmacher.
Cadence schnaubte, setzte sich auf den feuchten Boden und rutschte dann so nahe sie konnte an den Bau. Sie ließ ihre Beine über den Rand baumeln. Sie konnte nichts unter ihren dunkelgrauen Nikes sehen und ihre Füße schwebten definitiv über leerem Raum.
Wird schon schiefgehen. Sie drückte sich mit ihren Armen ab und ließ sich fallen.
Cadence überschlug sich in der Dunkelheit, nicht in der Lage das Kreischen, das während des freien Falls aus ihr herauskam, zu verhindern. Das Licht von oberhalb schwand in einen winzigen weißen Punkt, bevor er vollkommen verschwand. Es gab keine Bücherregale und Tische und Lampen auf dem Weg wie in den Illustrationen oder Cartoons. Nur Finsternis und der moschusartige Geruch feuchtkalten Erdbodens. Als sie glaubte, dass sie jede Sekunde auf den Boden platschen könnte, verlangsamte sich ihr Schwung, als ob die Schwerkraft nicht länger existierte. Sie war eine Astronautin, die in die Vergessenheit des Weltraums trieb, ohne dass die Sterne oder Sonne ihren Weg erleuchteten. Dann richtete ihr Körper sich selbst auf und ihre Füße pflanzten sich wieder auf festen Boden, ganz weich.
Nachdem sich ihr Puls beruhigt hatte, drehte sie sich in einem Kreis um. Sie war noch immer im Dunklen und die Luft war heiß und feucht anstatt kühl. »Äh … hallo?«
Ihr Echo antwortete, aber niemand kam, um sie zu begrüßen.
Cadence zuckte mit den Schultern, streckte ihre Hände aus und wanderte blind herum, bis sie eine steinige Wand spürte. Es erinnerte sie an eine Höhle, die sie als Kind besucht hatte. Sie behielt Kontakt mit der Wand bei und huschte entlang, bis die Oberfläche zu glattem Holz wurde.
Eine Tür?
Sie tastete nach einem Türknauf herum und drehte ihn problemlos in ihrer Hand. Durch die Türöffnung, am Ende eines hölzernen Tunnels, winkte ihr helles Licht zu. Sie hat es geschafft. Sie hat es zurückgeschafft! Ein Rausch von Aufregung gemischt mit dem Adrenalin ihres Falls und sie konnte nicht schnell genug durch den Tunnel rennen.
Du könntest ebenso gut gestorben sein und das ist das weiße Licht am Ende des Tunnels, Schwachkopf. Du bist durch ein Loch im Boden gesprungen. Nur wahnsinnige Leute tun das!
Ihre negativen Gedanken ignorierend, joggte sie hastig in Richtung des Lichts, stolperte prompt über etwas, das aus dem Boden herausragte und brach auf ihren Händen und Knien aus einem Baum hervor. Die Größe des Orts, den sie verlassen hatte, konnte unmöglich hineinpassen, aber es machte ihr keine Sorgen. Sie war zurückgekehrt.
Cadence kletterte auf ihre Füße, streifte den Schmutz ab, grinste breit und erwartete entweder ein Kaninchen oder Gareth oder sogar Devrel zu sehen, die auf sie warteten, als sie nach oben blickte. Sicherlich hatten sie arrangiert, dass der Kaninchenbau außerhalb ihres Zuhauses erschien. Die strahlend gefärbten Blätter der Wunderlandbäume am Rande des Tulgey Walds waren jedoch die einzige Zusicherung, dass sie dort war, wo sie sein wollte. Sie stand auf einer Klippe und der gewaltige Ozean wühlte über tödliche Felsen, die unter den krachenden Wellen versteckt waren. Ein schwerfälliger Mast eines Schiffswracks erregte ihre Aufmerksamkeit. Ihre Augen wurden groß.
Heilige Scheiße, da ist ein toter Typ.
Skelette waren die Geringsten ihrer Sorgen. Ihr wurde merklich bewusst, dass ihre Rückkehr am Ende doch ein Unfall sein könnte. Niemand war dort, um sie zu begrüßen, und nirgendwo ein Anzeichen ihrer Schwester. Niemand wusste, dass sie dort war.

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Das Entwirren Rebekah Lewis

Rebekah Lewis

Тип: электронная книга

Жанр: Фольклор

Язык: на немецком языке

Издательство: TEKTIME S.R.L.S. UNIPERSONALE

Дата публикации: 16.04.2024

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О книге: Kehre ins Wunderland zurück, wo das Abenteuer wartet …

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