Blutsbande

Blutsbande
Amy Blankenship
Blutsbundnis #5
Als der Blutszauber gebrochen war, grub Kane sich aus dem Boden hervor und suchte nach der Seelenfreundin, die ihn befreit hatte, aber erkannte, dass sie verschwunden war. Mit nichts mehr zu verlieren und voller Rachegelüste begann er einen Krieg. Das Letzte, was er erwartete, war, die Seelenfreundin, die ihm immer wieder aus den Fingern entwischte, mitten im Weg der Zerstörung, die er verursacht hatte. Er wird schnell von ihr besessen, beobachtet sie, wenn sie nicht aufpasst, hört zu, wenn er nicht eingeladen ist und verfolgt jede ihrer Bewegungen… und die Dämonin, die ihn heimsucht, weiß, dass sie seine Schwäche ist. Um sie zu beschützen schwört Kane, dass er sie ihn hassen lassen würde, selbst wenn er sich auf die Seite der Dämonen schlagen muss, um das zu erreichen. Aber wie kann er sie vor dem größten aller Feinde beschützen, wenn er selbst dieser Feind ist?


Blutsbande
Blutsbündnis-Serie Buch 5

Amy Blankenship, RK Melton
Translated by Martina Hillbrand (https://www.traduzionelibri.it/profilo_pubblico.asp?GUID=fed007dfaf061d98c1cfff6a25035574&caller=traduzioni)

Copyright © 2012 Amy Blankenship
Ins Deutsche übersetzt von Martina Hillbrand
Zweite Auflage herausgegeben von TekTime
Alle Rechte vorbehalten.

Kapitel 1
Die Stadt Los Angeles erstreckte sich vor ihm wie ein Kaleidoskop blinkender Lichter und Farben. Die entfernten Geräusche des Stadtlebens ertönten in seinen Ohren, aber Syn schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit, lauschte stattdessen dem Flüstern einer sanften Brise, die über ihn floss. Er stand am höchsten Punkt des höchsten Gebäudes der Stadt, balancierte auf der Spitze des Turms.
Syn hatte seine Hände in seinen Hosentaschen vergraben, während sein langer Mantel wie ein Umhang hinter ihm flatterte und dabei zu verschwinden und wieder zu erscheinen schien, als wäre er lebendig. Sein langes, dunkles Haar wurde aus seinem Gesicht zurück geweht, wodurch eine alterslose Schönheit sichtbar wurde, wie sie auf dieser Welt kaum einmal gefunden werden konnte.
Er hatte aus Vorsicht seine Aura vor allen Kreaturen, die ihn spüren könnten, verborgen, aber er konnte all ihre Auren weit unter ihm wahrnehmen… wie sie sich zwischen den Menschen bewegten, in ihrem alltäglichen Leben, als hätten sie keine Sorge auf der ganzen Welt.
Als er senkrecht nach unten sah, auf den Balkon, der direkt unter ihm war, grinste er, als er hörte, wie Damon Alicia den Blutstein gab… ihn in ihr vergrub, sodass sie immer vor dem gefährlichen Sonnenlicht geschützt sein würde, das ihre neue Existenz bedrohte. Syn war stolz darauf, eine solche Schwiegertochter zu haben, jemanden, der Damon auf Trab halten würde, und ihn auf jegliche Art herausfordern würde, wo es wichtig war.
Sein Grinsen wurde breiter, als ihre Schmerzensschreie bald von den Ausrufen ihrer Leidenschaft gefolgt wurden, und er nickte zustimmend. Er konnte es nicht erwarten, sie kennenzulernen.
Syn konzentrierte den Blick aus seinen violetten Augen wieder auf die Stadt und sah die bösen Schatten selbst in den Gegenden, die hell erleuchtet waren… Dinge, die andere nicht sehen konnten. Er konnte nicht verstehen, wieso seine Kinder sich entschieden hatten, in diesem Kampf gegen die Dämonen teilzunehmen. In seinen Augen hatten die Dämonen ungefähr dieselbe Bedeutung wie die Menschen… sie waren ihm eigentlich ziemlich egal. Doch seine Kinder und seine eigenwillige Seelenfreundin hatten beschlossen, sich ihnen entgegen zu stellen… hatten entschieden, dass sie die beschützen wollten, die sich in so einem Krieg nicht selbst beschützen konnten.
Ein leises Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er sich an seine Frau erinnerte… seine Seelenfreundin. Sie hatte schon immer auf der Seite der Schwächeren gestanden, hatte sich immer für die eingesetzt, die sie als schwach ansah. Er musste davon ausgehen, dass nicht viel in ihr sich seit ihrer früheren Leben verändert hatte… die Seele war dieselbe, egal wie oft sie wiedergeboren wurde. Sie hatte ihn einst als Feind angesehen, einfach weil seine Macht viel größer war, als die der meisten anderen in ihrer Welt… er hatte Jahre gebraucht, um sie umzustimmen.
Die Sonne schielte gerade über den Horizont und Syn hob sein Gesicht, um sie zu begrüßen, ließ das Licht sich über ihn ergießen… fühlte die riesige Menge an Energie und füllte seinen Körper damit. Syn wusste, dass seine Kinder ein menschliches Leben gewählt hatten… etwas, das er früher noch nie ausprobiert hatte. Die Andeutung eines weiteren Lächelns überzog seine perfekten Lippen, als ihm eine interessante Idee kam.
Ja, es könnte richtig lustig sein, sich ihnen anzuschließen, nachdem seine Seelenfreundin auch dachte, dass sie einfach ein Mensch war, und nach deren Regeln lebte. Er würde es ihnen gleichtun… ihr näherkommen und sie überzeugen, dass sie ihm gehörte und er nicht ihr Feind war. Dieses Mal würde er den Großteil seiner Macht vor ihr verborgen halten, damit sie sich durch ihn nicht so bedroht fühlte. Er würde ihr Mitstreiter werden, ihr Freund, und dann wieder… ihr Partner.

*****

Misery saß auf einem Felsen, ließ ihr Beine vorwärts und rückwärts baumeln, sodass ihr lockiges, blondes Haar bei jeder Bewegung hüpfte. Sie war diese Woche sehr fleißig gewesen, hatte Dämonen für ihre wachsende Armee versammelt. Auch jetzt waren einige davon in der Dunkelheit, die sie umgab, versteckt… beobachteten sie neugierig.
Die meisten der Dämonen, die sie gesammelt hatte, waren schwach und hatten nicht wirklich erwähnenswerte Mächte, aber das war es ja, was einen Soldaten ausmachte: Wenn er alleine kämpfte, war er nur ein Schwächling. Aber wenn man sie zusammenrief, um eine Armee aufzustellen, konnten sie die stärksten Feinde niedermetzeln, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, wie viele von ihnen dabei verlorengingen.
Heute Nacht hatte Misery die Macht einer uralten Aura in dem Wald, der eine Seite der Stadt begrenzte, gefühlt, und war ihr bis in eine tiefe Höhle gefolgt. Die bösartige Energie hatte sich gegen sie erhoben, wollte sie aus ihrem Zuhause vertreiben, aber Misery hatte der Versuch nur belustigt… zumindest so lange, bis die Macht sie körperlich weggeschleudert hatte.
Als sie sich wieder aufrichtete, um den Dämon von Angesicht zu Angesicht zu bekämpfen, war alles, was sie sehen konnte, eine Krähe mit zerzausten Flügeln. Als sie deren schwarze Seele durchsuchte, beruhigte sich Misery wieder, denn sie erkannte, dass der Vogel einer der antiken Meister war, die vergessen worden waren, als die Gefallenen Engel die anderen in die Unterwelt vertrieben hatten.
Dieser Dämon hatte sich gut an seine Umgebung angepasst und hatte sich ein Zuhause errichtet. Die Eingeborenen-Stämme dieses Landes hatten den Dämon als einen großen Geist angesehen, der angebetet und verehrt werden musste, und durch dieses Anhimmeln war der dämonische Meister stärker geworden.
Misery konnte den Zorn, den dieser Dämon gegen die bleichgesichtigen Menschen hegte, die sich frei in diesem Land bewegten, schmecken und wollte sie zu ihrem Vorteil nutzen. Sie war einen Handel mit dem Dämon eingegangen, anstatt gegen ihn zu kämpfen… ein Kampf, von dem sie nun wusste, dass sie ihn verloren hätte. Dem Alten schien ihre Idee zu gefallen, ihre Artgenossen aus ihrem dimensionalen Gefängnis zu befreien und er hatte ihr, bevor er in den Wald davongeflogen war, aufgetragen, ein Blutopfer zu bringen… eines der Werkzeuge, die er brauchen würde, um ihr zu helfen.
Als Misery mit zwei Vampiren und einem verzauberten, halb bewusstlosen Mann zur Höhle zurückkam, wartete der böse Geist schon. Die roten, perlenartigen Augen der Krähe warfen ihr einen stechenden Blick zu, ehe der Vogel wegflog. Misery folgte ihm tief in den Wald hinein, bis zum Rand des Schutzgebiets. Sie betrat eine kleine Lichtung und war überrascht, dort einen alten Mann neben einem großen Lagerfeuer sitzen zu sehen.
„Man nennt mich Schwarze Krähe“, erklärte der alte Mann.
Misery nickte respektvoll. Sie erinnerte sich an die heilige Art, wie man mit einem Dämon umzugehen hatte, dessen Macht größer war, als die ihre. „Ich heiße Misery.“
Schwarze Krähe lachte spöttisch. „Was weißt du schon von wahrer Misere?“
Misery erwiderte nichts, biss sich auf ihre Zunge, um zu vermeiden, in Stücke gerissen zu werden. Sie hatte Macht und er wusste es… sie war sich sicher, dass er sie ebenso fühlen konnte, wie sie ihn.
Schwarze Krähe stand auf und kam auf sie zu. Sie betrachtete seine menschliche Gestalt und konnte nicht verstehen, wieso jemand, der so mächtig war, einen so zerbrechlichen Körper wählen sollte. Er sah uralt aus, alt und runzelig, mit langem, weißen Haar, und trug dunkle Hosen aus Hirschleder. Sein Hemd war aus demselben Leder gemacht und mit Perlen und Federn geschmückt. Ein kleiner Beutel hing an seiner Hüfte und weitere Federn waren über einem Ohr in sein Haar geflochten worden.
Schwarze Krähe streckte plötzlich die Hand aus und packte den menschlichen Mann am Haar, sodass er in sein Gesicht sehen konnte. „Dieser wird genügen“, erklärte er und ging zurück zum Lagerfeuer.
„Was soll ich tun?“, fragte Misery.
„Wir müssen warten“, meinte Schwarze Krähe und legte mehr Holz ins Feuer.
Misery ließ zu, dass ihr Ärger sichtbar wurde. „Worauf warten, alter Mann? Ich habe keine Ewigkeit Zeit… mein Krieg wird mit oder ohne dir stattfinden.“
Sie ignorierend legte Schwarze Krähe noch mehr Holz ins Feuer und begann zu singen. Misery wollte gehen, aber erkannte, dass sie wie angewurzelt war. Sie konnte fühlen, wie ihre Macht aus ihr floss und ihre kindliche Gestalt begann zu verrotten. Dies war nicht das Resultat ihrer Leichengestalt… ihrem gesamten Sein wurde langsam die Macht, die sie den Menschen gestohlen hatte, entzogen.
„Dein Plan ist ohne mich zum Scheitern verurteilt“, sagte Schwarze Krähe herablassend. „Deine Existenz ist mein Eigentum geworden, als wir unseren Handel eingegangen sind. Du bist schwach und hast keine Macht über mich, denn du besitzt nichts, was ich will.“
Misery wurde plötzlich freigelassen, aber starrte ihn wütend an, während sie auf dem großen Felsen sitzenblieb und auf weiß Gott was wartete. Schwarze Krähe hatte ständig neues Holz ins Feuer gelegt und die Flammen waren zu einer erstaunlichen Höhe gewachsen. Der alte Mann stand auf und ging zur anderen Seite der Lichtung zu einem alten Mammutbaum, den Misery vorhin nicht bemerkt hatte.
Schwarze Krähe kniete sich neben den riesigen Wurzeln hin und hob eine Handvoll Erde auf. Dann kam er zurück zum Feuer und sein Gesang wurde sehr laut und rhythmisch, ehe er die Erde ins Feuer warf. Das Feuer spuckte Funken und loderte noch höher, als der Staub auf die Flammen traf. Sein Körper bewegte sich wie bei einem Kriegstanz und sein Sprechgesang wurde noch lauter.
Die Schatten um sie dehnten sich aus, bis nur noch Schwarze Krähe von ihnen unberührt blieb, während er innerhalb eines perfekten Kreises tanzte. Plötzlich blieb er stehen und griff nach den Schatten zu seinen Füßen. Die tintenartige Dunkelheit schien von seiner Hand angezogen zu werden, suchte die warme Berührung, die Schwarze Krähe ausstrahlte, ehe er die Schatten aus dem Boden zog. Auch sie trafen auf die Flammen und ein Funke entstand, der schnell zu einer Explosion wurde, sodass Misery ihre Hand hob, um ihre Augen zu beschatten.
Ein unmenschliches Heulen erfüllte die Lichtung und Misery beobachtete, wie der Schatten über die Flammen nach oben kroch, wobei er vor Hitze rot glühte. Er flog über die Lichtung zurück dorthin, wo Schwarze Krähe die Erde geholt hatte, und verschwand dort im Boden. Wenige Augenblicke später begann die Erde sich zu bewegen, als würde sie atmen und zwei verwitterte, knochige Arme wuchsen daraus hervor.
Schwarze Krähe ging direkt zu dem Blutopfer, das Miserys Vampire aufgesammelt hatten, und riss den Mann aus deren Griff los.
Der junge Mann, ein Student der lokalen öffentlichen Universität, erwachte aus der Gedankenkontrolle der Vampire, als Schwarze Krähe ihn übernahm. Immer noch desorientiert, wusste er nicht, was geschah, bis er die lange Klinge sah, die sich seinem Hals näherte. Noch ehe er etwas dagegen unternehmen konnte, hatte sich die Klinge durch sein Fleisch gebohrt und sein Schrei war still.
Blut spritzte in die Flammen, wodurch das Lagerfeuer zu zischen begann, und weitere Funken sprühte. Die Arme, die aus dem Boden gestoßen waren, zogen nun den Rest ihres Körpers hinaus in die dunkle Nacht. Langes, tiefes Stöhnen erklang aus seiner Kehle, begleitet von hungrigem Grunzen, als sich der Körper auf den sterbenden Mann zu bewegte.
Knochige Finger packten das Hemd des Mannes und die Kreatur senkte ihren Kopf zu der offenen Wunde, labte sich an dem Blut und dem Fleisch. Während sie fraß, begannen Muskeln und Fleisch um ihre Knochen zu wachsen und Misery verfolgte die Szene gebannt. Sie konnte ihren Blick nicht von dem Kunstwerk von Schwarzer Krähe losreißen und klatschte freudig in die Hände.
„Er wird mehr brauchen, von denen er sich ernähren kann, ehe er wieder vollständig wiederbelebt ist… aber für jetzt wird dieser hier genügen“, sagte Schwarze Krähe mit einem Anflug von Langeweile in seiner krächzenden Stimme.
„Können wir mehr machen?“, fragte Misery, während sie beobachtete, wie das Blut und die Leichenteile im Licht des Feuers glitzerten.
„Ich kann es“, sagte Schwarze Krähe einfach und Misery wusste, was er damit sagen wollte… er konnte es tun, und sie nicht.
„Und jetzt, junge Dämonin… zeige mir deine Macht“, befahl Schwarze Krähe.
Misery lächelte und berührte das Abbild der Spinne, die um ihren Hals hing. Die Spinne zerfiel augenblicklich in Tausende ihrer kleinen Gegenstücke, ehe sie sich wieder versammelten. Schwarze Krähe sah zu, als zwei der Krabbeltiere über ihre Beine hinunterkletterten und über den Boden liefen. Die Kreaturen blieben etwa auf halbem Wege zwischen ihm und Misery stehen, ehe sie sich in der Erde vergruben.
Schwarze Krähe stand still, als der Boden sich bewegte, und ein dünner, blutroter Riss den Grund spaltete und ein schwaches Erdbeben zu fühlen war. Die Bäume raschelten und Schreie der Waldtiere ertönten, als der Boden verärgert brummte. Fünf Schattendämonen flogen aus der Öffnung und drehten eine Runde auf der Lichtung. Ihre Schreie, die fast wie ein Kreischen klangen, ließen die Nacht singen. Sie näherten sich dem Lagerfeuer und umkreisten es fliegend, kamen noch näher, ehe sie sich in letzter Sekunde zurückzogen.
Dies setzte sich fort, bis den Dämonen das Spiel langweilig wurde, und sie in der Finsternis des Waldes verschwanden… in Richtung der Stadt flogen, wo sie ihre Beute fühlen konnten. Schwarze Krähe starrte auf den Riss zur Unterwelt, sein Gesichtsausdruck unleserlich. Aber als er sich dem gezackten Spalt näherte, trat er darauf und schloss ihn wieder, wodurch er verhinderte, dass weitere Dämonen entkommen könnten.
„Ein guter Versuch“, erklärte Schwarze Krähe. „Aber du bist jung und dumm. So ein dünner Riss zwischen den Welten ermöglicht es nur einfachen Schattendämonen, in diese Welt zu kommen… und unsere wahren Verbündeten sind immer noch auf der anderen Seite gefangen. Du wirst mehr Macht brauchen, als diese!“ Seine Stimme wurde lauter und dann wieder ruhiger. „Während du diese Macht gewinnst, werde ich deine Armee erzeugen… aber sie folgen letztendlich meinem Kommando.“
Misery hatte keine andere Wahl, als ehrfürchtig und ergeben mit dem Kopf zu nicken. Als sie sich umdrehte, verzogen sich ihre kindlichen Lippen zu einem gemeinen Grinsen. Der alte Dämon hatte völlig recht: sie brauchte mehr Macht… und sie wusste genau, wie sie sie bekommen konnte.
Indem sie die Dunkelheit in sich dazu brachte, sich auszubreiten, eilte sie zurück in die Stadt und überließ es ihren Untergebenen, ihr zu folgen. Sie heckte einen Plan aus und sie musste das Dämonenkind suchen, das ihr helfen konnte. Sie würde ihren verbliebenen Vorrat an Kanes Blut aufgeben müssen, aber das Ziel heiligte die Mittel… es würde das Opfer wert sein.
Sie schwebte über die Stadt auf die Slums zu, wo sie ihr vorübergehendes Zuhause gefunden hatte. Dort wanderte sie durch die Straßen und versuchte, den Geruch dessen, den sie suchte, aufzuspüren. Das Problem mit diesem Dämon war, dass er seine dämonische Aura verstecken konnte. Für alle, die ihn jagten, würde er einfach wie ein Mensch erscheinen, und das war die größte Lüge von allen.
Nicht lange nachdem sie ihre Suche begonnen hatte, fühlte Misery den Hybriden Skye, der ihr folgte. Er mischte sich nicht in ihre Angelegenheiten ein und er kam ihr nicht näher, aber sie konnte fühlen, wie er sie auf Schritt und Tritt verfolgte. Vermisste er es, mit ihr in der Höhle gefangen zu sein? Sie würde ihm einen Auffrischungskurs geben, wenn er versuchen sollte, ihre Pläne zu durchkreuzen. Es war schon schlimm genug, dass die beiden Gefallenen Engel ihn überhallhin verfolgten… er würde sie nur auf ihre Spur bringen, wenn er so weitermachte.
Der Tagesanbruch stand kurz bevor, als sie endlich den kleinen Dämon fand, den sie suchte. Er kam aus den Schatten und eilte über die Straße in eine andere Seitengasse. Misery war aus reinem Zufall ein paar Tage zuvor über ihn gestolpert und hatte ihn für einen Menschen gehalten… bis er ihre Vampir-Gefolgschaft, die ihn angegriffen hatte, dezimierte.
Von außen sah der Dämon nach nicht mehr aus, als nach einem achtjährigen Straßenjungen. Sein schulterlanges, dunkles Haar hing in verfilzten, fettigen Strähnen um sein Gesicht, das blass war, aber sonst süß, fast engelhaft erschien. Das unterstrich seine menschliche Verkleidung nur noch, wenn er die Herzen und Geister seiner Opfer anziehen wollte. Seine Kleider waren zerfetzt und er hatte keine Schuhe. Als er seinen Kopf hob, um auf die Straße hinter ihm zu sehen, glitzerten seine Augen wie schwarze Diamanten.
Misery glitt über ihm die kleine Straße entlang, ehe sie sich direkt vor dem anderen Dämon vom Himmel fallen ließ, und während des Falls, die Gestalt des kleinen, blonden Mädchens annahm. Sie landete in der Hocke vor ihm, ehe sie sich aufrichtete, und ihr Rüschenkleid abstaubte.
„Hallo Misery“, sagte der Junge und Misery lächelte über seine leise Stimme.
„Hallo Cyrus“, entgegnete Misery ebenso.
„Du warst diejenige, die all die Menschen dazu gebracht hat, einander umzubringen, in jenem Bus, vor ein paar Tagen“, flüsterte der Junge.
Misery lächelte stolz. „Ja, das war ich und ich brauche das, was du tun kannst.“
Cyrus hielt seinen Kopf schräg. „Was kann ich, was du noch nicht kannst?“
Misery kicherte und nahm die Spinnenhalskette ab, in der der Rest von Kanes Blut festsaß, und hängte sie um seinen Hals.
„Du würdest dich wundern, Kleiner“, flüsterte sie.
„Werde ich spielen können?“, fragte der Junge, wodurch Misery klar wurde, wie jung der Dämon wirklich war.
„Oh ja, du wirst so viel spielen können, wie du willst“, antwortete Misery.
Die Dunkelheit in den Augen des Jungen dehnte sich aus, fraß jede Farbe auf, bis sie aussahen wie zwei bodenlose Gruben aus Nichts.
„Ich mag spielen“, sagte der Junge und ein gemeines Lächeln erschien, während seine Finger mit der Spinne spielten, die an der Halskette hing.

*****

Kriss lag im Bett in der großen Wohnung im obersten Stockwerk in einem der luxuriöseren Wohnbauten im Zentrum von Los Angeles. Er hatte hier einen Zufluchtsort gefunden, um Tabatha und seinen wachsenden Gefühlen für sie aus dem Weg zu gehen.
In seinem Kopf blitzten Erinnerungen daran auf, wie er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Er hatte starrsinnig mehrere Tage lang Abstand von ihr gehalten, ehe die Trennung zu schmerzhaft für ihn geworden war. Seine Brust hatte zu schmerzen begonnen, weil er nicht in ihrer Nähe war, und als er ihre Wohnung betrat und sie schlafend vorfand, mit getrockneten Tränen, die ihre Wangen verunzierten… war sein einziger Gedanke gewesen, sie festzuhalten, um es alles wiedergutzumachen.
Er war unter ihre Decke gekrochen, hatte nicht bemerkt, dass sie nackt war, bis er sich in einer schützenden Umarmung um sie schlang. In dem Moment war er erstarrt, wollte gleichzeitig zu ihr hin und von ihr weg. Sie hatte sich im Schlaf zu ihm umgedreht und einen Arm um ihn gelegt, um sich an ihn zu kuscheln, wie sie es oft mit Kissen tat. Als ihre Brüste sich an ihn drückten, war die Selbstkontrolle, auf die er immer so stolz gewesen war, zerrissen.
Monatelang waren seine Gedanken immer weiter in die Richtung gedriftet, wie er Dinge mit ihr machte… Dinge, die er nicht tun durfte, egal, wie sehr er sie liebte und wollte. Aber in diesem Augenblick wollte er so sehr in sie hinein, dass er riskiert hatte, die Frau zu töten, die er liebte. Er hatte seine Erektion pochen gefühlt, und sie an ihrer weichen Haut gerieben.
Als ein wütender Schatten über das Bett gefallen war, war Kriss erstarrt und hatte langsam seinen Kopf gedreht, um in Deans anschuldigende, silberne Augen zu sehen. Er wusste, dass er die Grenze zwischen Freundschaft und Gefahr überschritten hatte, als er diesen Ausdruck auf dem Gesicht seines Liebhabers sah.
Er war in jener Nacht mit Dean gegangen, wollte keinesfalls dieselben Sünden begehen wie sein Vater. Er fühlte, wie es zwischen seinen Beinen wieder pochte, als er nur daran dachte. Bis er diese Emotionen unter Kontrolle hatte, hatte Dean recht… er musste sich von Tabatha fernhalten.
Als weitere Vorsichtsmaßnahme hatte er seinen Job im Silk Stalkings gekündigt, nur für den Fall, dass sie ihn dort suchen kommen wollte. Er hatte alles getan, um sicherzustellen, dass Tabatha so weit wie möglich von ihm entfernt blieb, aber diese Trennung schmerzte ihn, wie ihn nichts zuvor je geschmerzt hatte. Wenn ein Gefallener Engel jemanden liebte… war das einen Stufe weiter, als das, was Menschen Liebe nannten, und der Wahnsinn, den das Gefühl in Menschen verursachte, wenn sie denjenigen, den sie liebten, nicht haben konnten, war bei einem Gefallenen Engel mindestens zehnmal so schlimm.
Kriss riss noch einmal an der Fessel, die sein Handgelenk festhielt… er hatte Dean dafür gehasst, dass er ihn festgebunden hatte. Aber Kriss wusste auch, was beinahe passiert wäre. Wenn er der Lust nachgegeben hätte… hätten der Schmerz, Dean zu verlieren und gleichzeitig Tabatha zu töten, seinen Geist zerstört.
Er schloss seine Augen, als eine kühle Brise durch die offene Terrassentür über seinen nackten Körper strich. Obwohl die Fessel ihm erlaubten, sich in der riesigen Wohnung frei zu bewegen, hatte er sich schon vor Stunden hingelegt, ohne schlafen zu können, wie das verworrene Knäuel aus Bettlaken am Boden bezeugen konnte. Kriss lag nun auf seinem Bauch, ein Knie in die Matratze gebeugt und das andere Bein war noch bedeckt von einer Ecke eines Lakens.
Ein weiterer Lufthauch zog durch das Fenster und brachte einen vertrauten Geruch mit sich. Kriss öffnete seine Augen und betrachtete die Schatten der dünnen Vorhänge auf der Wand vor ihm. Als ein geflügelter Schatten sich zu ihnen gesellte, blieb Kriss still und erwartungsvoll.
Dean war auf dem Dach gewesen, hatte seiner dämonischen Beute und einem flüchtigen Hybriden für den Rest der Nacht ihre Ruhe gelassen. Er ließ sich von der Dachkante auf die Terrasse darunter fallen und stand in der offenen Tür, betrachtete Kriss. Das weiße Bettlaken war zur Seite getreten worden, sodass sein nackter Körper dem Leuchten des Mondes ausgesetzt war. Dean fühlte die Einsamkeit, die Kriss in seinem Herzen trug, und wusste, dass die einzige Möglichkeit, einen solchen Schmerz zu heilen, war, sich lange genug von Tabatha fernzuhalten.
Sein Blick fiel auf die übernatürliche Fessel, die Kriss davon abhielt, die Wohnung während seiner Abwesenheit zu verlassen. Er wollte Kriss nicht auf diese Art verletzen, aber er konnte fühlen, dass Kriss‘ Liebe für Tabatha jeden Tag wuchs. Er hatte Kriss daran erinnert, dass, mit einer Frau dieser Welt zu schlafen, dasselbe bedeuten würde, wie sie zu töten und er hatte nicht gelogen… der Same des Gefallenen Engels würde sogar in einer unfruchtbaren Frau Wurzeln schlagen. Er würde die Unfruchtbarkeit heilen, um Leben zu erzeugen, wenn es sein musste… aber dieses Leben würde die Frau umbringen, die es in sich trug.
Dean hatte Kriss die Wahrheit über seine eigenen Sünden erzählt… als eine sichere Methode, um Kriss davon abzuhalten, sich mit Tabatha zu vereinigen. Als er gerade erst auf diese Welt geschickt worden war, war er dem Charme eines jungen Mädchens ungefähr in Tabathas Alter erlegen. Er hatte zu viel Zeit mit ihr verbracht und eine Sache hatte zur nächsten geführt… er hatte sich in die menschliche Frau verliebt.
Er hatte gedacht, dass der Fluch ihn nicht verfolgt hätte… gemeint, dass, so sehr, wie er sie liebte, sie einen Engel als Kind haben würden… und hatte seiner Lust nachgegeben. Sie hatte ihn dazu aufgefordert, denn sie hatte ihn ebenso sehr gewollt. Sie zu lieben war der Himmel gewesen, aber es hatte nur Stunden gebraucht, ehe sich der Dämon in ihr voll entwickelt hatte. Als sie ihn später in derselben Nacht mit ihren Schreien aufgeweckt hatte, hatte er sein eigenes Kind töten müssen, als es begann, sie von innen zu fressen.
Kriss hatte sich selbst belogen… dachte, dass er jede Nacht bei Tabatha schlafen konnte, ohne Sex zu haben, aber Dean wusste, dass das eine Lüge war… eine gefährliche. Kriss würde nie mit seiner Schuld leben können, wenn er Tabathas Todesurteil mit dem Samen seiner Liebe unterzeichnete.
Die Gefallenen Engel sehnten sich nach Liebe, aber waren in eine Welt gesandt worden, wo sie die Frauen nicht anfassen durften… sie hatten nur einander. Kriss‘ Schönheit hatte Dean schon immer beeindruckt, ihn selbst verzaubert, und er wusste, wieso… Kriss war ein adeliger ihrer Art. Er hätte nie geschickt werden sollen, um die Dämonen hier zu bekämpfen. Er fragte sich manchmal, wie lange es gedauert hatte, ehe die Könige bemerkt hatten, dass ihr Prinz verschwunden war. Kriss hätte verwöhnt, geliebt und verehrt werden sollen.
Als er in den Raum trat, bewegte sich Dean langsam und achtete darauf, dass sein Schatten auf der Wand blieb, sodass Kriss sehen konnte, was er machte, und ihn rechtzeitig aufhalten könnte, wenn er es wollte.
„Die Dämonen in der Stadt sind heute Nacht ruhelos… kannst du sie fühlen?“ Dean sprach mit ruhiger Stimme, erwartete keine Antwort. Seine Lippen öffneten sich leicht, als Kriss‘ melancholische Stimme ein leises Echo durch den Raum schickte.
„Lass sie kommen.“
Dean zog die Jacke von seinen Schultern und warf sie auf einen Stuhl, der an der Wand stand. Danach kam sein Hemd… er knöpfte es auf und ließ es von seinen Schultern in ein Häufchen Baumwolle zu Boden sinken. Er öffnete seinen Hosenknopf und zog langsam den Reißverschluss auf, wollte beinahe grinsen, als Kriss‘ Atem stockte. Nachdem er seine Schuhe und Socken ausgezogen hatte, schob Dean seine Hose hinunter und ließ sie am Boden liegen.
Er ging zum Bett und hielt sich einen Moment an einem der Bettpfosten fest, während er auf Kriss hinuntersah, ehe er sich neben ihn legte. Dean rollte Kriss auf seine Seite und legte sich neben ihn, zog Kriss‘ Rücken an seine Brust und gab der Eifersucht nach, die in seinem Herzen schmorte.
Er wusste, dass Kriss‘ Traurigkeit von seiner Liebe für Tabatha stammte… er hatte eine Vorahnung der Gefahr schon gespürt, in jener Nacht, als Tabatha und Kriss sich kennengelernt hatten. Darum hatte er Tabatha auf dem Parkplatz des Silk Stalkings angegriffen. Er hatte sie vor der Gefahr warnen wollen, aber Kriss hatte ihn aufgehalten, seinen Körper als Schutzschild gebraucht… Deans Besessenheit gegen ihn verwendet.
Kriss rollte sich auf seinen Rücken und drehte seinen Kopf, um Dean zu betrachten. Ihre Blicke trafen sich scheinbar für eine Ewigkeit, ehe Dean schnell den Abstand zwischen ihnen überbrückte und seine Lippen sinnlich über die von Kriss streifte.
Als Kriss scharf einatmete, nutzte Dean das aus und vertiefte den Kuss… machte ihn fordernder. Er hatte es satt, jede Nacht neben Kriss zu liegen und zuzusehen, wie er um ein Mädchen trauerte, das er nie haben konnte. Wenn er es könnte, würde er einfach Kriss‘ Schmerz in sich aufsaugen und mit der wilden Liebe der Gefallenen Engel ersetzen.
Kriss fühlte, wie das Feuer sich langsam durch seine Adern ausbreitete, aber seine Schuldgefühle brachten ihn dazu, sein Gesicht wegzudrehen und den Kuss zu beenden. Er kuschelte sich in Deans Arme, schlang seine eigenen Arme um Deans Körper, ehe er dasselbe mit ihren Beinen machte.
Dean starrte schweigend auf Kriss‘ Scheitel hinunter und seufzte innerlich. Die Tatsache, dass Kriss sich so fest an ihn klammerte, war das einzige, was ihn beruhigte. Er konnte fühlen, wie seine Trauer ein wenig schwächer wurde, ehe sie zurückkam. Er hatte schon entschieden, dass er Kriss von seinen Fesseln befreien wollte, wenn der Morgen kam, aber nach Kriss‘ Ablehnung glühten Deans Augen und die Fessel verschwanden.
Plötzlich bewegte sich Kriss, packte Deans Handgelenke und drückte sie fest in die Matratze.
Dean starrte ruhig in die beunruhigten, silbernen Augen und fragte sich, was Kriss jetzt, wo er die Freiheit hatte, zu Tabatha zurückzukehren, tun würde. Als Kriss ihn einfach nur festhielt, hob Dean seinen Kopf vom Bett und strich mit seinen Lippen sanft über Kriss‘ Schlüsselbein und Halsbeuge. Er wurde mit einem Zischen und seiner Freiheit belohnt.
Mehrere Stunden später lagen sie eng umschlungen, als die Sonne aufging. Dean wusste, ebenso wie Kriss, dass er da sein würde, wenn Kriss später am Morgen erwachte… er würde immer da sein.

*****

Kane ging durch die Straßen der Stadt, versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, nach allem, was während der letzten Wochen geschehen war. Er hatte sogar gefühlt, wie seine alte Persönlichkeit manchmal wieder kurz an die Oberfläche kam… meistens, wenn er mit Michael war. Er musste zugeben, dass er den Jungen richtig gern hatte.
Die strenge Kontrolle, die er über die letzten zehn Jahre über all seine Emotionen gehabt hatte, begann sich aufzulösen und er vermisste schon die Sicherheit, die die imaginären Wände ihm geboten hatte. Er war sicher, dass irgendein gut bezahlter Typ, der sich als Psychiater ausgab, sagen würde, dass das gut war, aber er war ebenso sicher, dass er ihn sehr schnell eines Besseren belehren könnte.
Er nutzte die Taubheit, die er mit aus dem Grab genommen hatte, wie einen Schutzschild… der ihn halb tot hielt und die Leute in seiner Umgebung in Sicherheit. So, wie die Dinge standen, kostete es ihm jedes Bisschen seiner Selbstkontrolle, um seine Gefühle für Tabatha in sich verborgen zu behalten und sie damit vor Misery zu schützen.
Noch immer lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er daran dachte, dass Michael schließlich herausbekommen hatte, dass es Tabatha gewesen war, die ihn aus seinem Grab befreit hatte. Wenn er klar denken hätte können, hätte er eine Möglichkeit gefunden, Scrappy noch eine Weile von Tabatha fernzuhalten, während er sich überlegte, wie er ihr alles erzählen sollte… wenn er es ihr überhaupt erzählte.
Seiner Meinung nach, sollten einige Geheimnisse besser solche bleiben. In Wahrheit hatte er nie vorgehabt, es Tabatha zu erzählen.
Kane knurrte verärgert, als seine Gedanken unterbrochen wurden. Er konnte dämonische Blicke auf sich fühlen, während er ging… jede seiner Bewegungen wurde beobachtet. Er fragte sich, ob Misery sie geschickt hatte. Er konnte sie nicht unter ihnen fühlen, was natürlich sehr viel Sinn ergab. Wieso sollte die Schlampe ihm nachlaufen, wenn sie ihren Untergebenen auftragen konnte, das für sie zu erledigen? Die Stadt war nun überlaufen von ihrem Gefolge… dunklen Kreaturen, die zu erschaffen er geholfen hatte.
Er ging schneller bis er so schnell lief, dass die Scheinwerfer der Autos, die auf ihn zukamen, sich plötzlich hinter ihm von ihm entfernten. Das rote Leuchten der Rücklichter erhellte die Straße für wenige Sekunden, ehe auch das verschwand. Er war früher nie so schnell gewesen, aber mit der Laune, in der er sich in letzter Zeit befunden hatte, hatte er den Anstieg seiner Macht einfach ignoriert.
Im Moment wollte er einfach nur alleine in seiner eigenen Blase sein und nicht in Michaels Gegenwart und auch nicht mit wem auch immer sein bester Freund Schrägstich Bruder an seiner Seite hatte. Er war nicht sicher, ob er es schaffen würde, seine ‚Ich bin wieder bei Verstand‘-Maske zu tragen… nicht heute Nacht. Sein wahres Ich war nahe an der Oberfläche und das war etwas, was Michael nicht zu sehen brauchte.
Kane steckte seine Hände in seine Taschen und versuchte weiterhin, die spionierenden Mistkerle, die ihm folgten, zu ignorieren. Er hatte eine gehobene Gegend der Stadt erreicht und näherte sich dem Teil, wo die meisten Clubs waren. Er brauchte etwas zu trinken und vielleicht eine kleine Schlägerei, auch wenn er sie selbst beginnen musste. Die Clubs würden ihm die hirntötende Flüssigkeit liefern und es sollte einfach sein, ein Vampirnest zu finden, wo er das Andere bekommen konnte.
Als er um eine Ecke auf eine belebte Straße bog, fing Kane einen süßen Geruch im Wind auf und blieb stehen, ließ die Anblicke und die Geräusche der Stadt wieder auf sich wirken. Er konnte sie ganz in seiner Nähe riechen und sah sich suchend um, um herauszufinden, wo sie war. Er atmete tief ein, wollte mehr von ihr, dann fragte er sich, ob er ein Masochist war, dass er sich selbst so quälte.
Er wusste, dass er ihr fernbleiben sollte, nachdem er wie ein Leuchtturm, der den Weg zum Heimathafen anzeigte, auf Dämonen zu wirken schien, aber seine andere Seite warf sofort ein, dass seine Seelenfreundin ziemlich gut dabei war, auch selbst Probleme zu finden. Wenn sie verrückt genug war, hier zwischen all den Dämonen herumzulaufen, dann sollte er vielleicht ihre Erinnerungen wieder auffrischen, damit sie nicht vergaß, was für eine dumme Idee das wirklich war.
Sein scharfer Blick landete auf einem Club, der Silk Stalkings hieß, und er runzelte die Stirn, wusste, dass dort der Gefallene Engel, Kriss, als Tänzer arbeitete. Es war ein interessanter Beruf für einen Gefallenen Engel, aber Kane urteilte nicht schnell über Leute. Resignierend seufzend überquerte Kane die Straße und betrat den Club, damit er Tabatha nach Hause bringen konnte, ehe sie noch mehr Probleme bekam.

Kapitel 2
Tabatha trat durch den Eingang des Silk Stalkings und sah sich um. Sie war hergekommen, um Kriss zu suchen… und betete, dass sie ihn finden würde. Er war vor ein paar Tagen verschwunden und hatte nicht einmal angerufen… und er war ihr schon davor aus dem Weg gegangen. Sie vermisste ihn und begann, sich Sorgen zu machen. In der Vergangenheit hatte er zumindest immer angerufen, um ihr zu sagen, dass es ihm gut ging, wenn er längere Zeit weggegangen war.
Wenn sie nur einen kurzen Blick auf ihn erhaschen könnte, würde das ihre Angst, dass Misery ihn gefressen oder irgendwo in eine Höhle gesperrt hatte, beruhigen.
Sie setzte sich an einen der hohen Tische und sah der Vorstellung zu, hoffte, dass Kriss kommen würde, und seine eigene Show abziehen würde. Fast eine Stunde war vergangen, ehe ihr klar wurde, wie spät es war, und dass Kriss schon längst auftreten hätte müssen. Einer der Kellner ging an ihr vorbei und berührte sie vorsichtig am Arm, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.
„Brauchen Sie etwas, Fräulein?“, fragte er.
Tabatha lächelte. „Ich hoffe, dass Sie mir helfen können. Ich suche Kriss Reed. Können Sie mir sagen, wann er wieder zum Arbeiten eingeteilt ist?“
Der Kellner seufzte und schüttelte seinen Kopf. „Sie sind schon die sechste Frau diese Woche, die nach ihm fragt. Leider hat er vor einigen Tagen gekündigt und niemand hat ihn seither gesehen.“
Tabatha fühlte sich, als hätte jemand sie ins Gesicht geschlagen. Ihr Herz sank mehrere Zentimeter tiefer und ihr Magen verkrampfte sich unangenehm, sie senkte ihren Kopf, um die Tränen zu verbergen, die sich in ihren Augen sammelten… sie hatte ihren besten Freund verloren.
„Geht es Ihnen gut?“, fragte der Kellner leise.
Tabatha hob den Kopf und lächelte ihn an, wischte die Feuchtigkeit weg, die ihre Wimperntusche ruinieren wollte. „Ja, alles in Ordnung. Aber können Sie mir einen Malibu mit Ananas bringen?“
Der Kellner sah sie fragend an, ehe er seufzte und zurück zur Bar ging. Er erkannte Tabatha als eine von Kriss‘ engen Freundinnen und nahm an, dass Kriss die Stadt verlassen hatte, ohne ihr Bescheid zu sagen. Welche Schande… sie schien ein nettes Mädchen zu sein, und dass Kriss sie verlassen hatte, hatte sie offensichtlich verletzt.
Tabatha nahm sich viel Zeit um ihr kleines Schminktäschchen aus ihrer Handtasche zu holen und ihr Make-Up zu betrachten. Er hatte sie verlassen, ohne auch nur Tschüss zu sagen… als sie mit Devon und Envy nach Florida geflogen waren, hatte er versprochen, dass er sie nie verlassen würde. Sie waren einander nach ihrer Entführung sogar noch näher gekommen… so viel näher.
„Bitte sehr“, sagte der Kellner, als er ihr Getränk vor sie stellte.
Tabatha senkte ihren Spiegel und lächelte ihn an. „Sie können schon einmal eine Rechnung beginnen… ich werde eine Weile bleiben.“
Der Mann nickte und bediente wieder die anderen Gäste, stellte sicher, dass alle alles hatten, was sie wollten, während er regelmäßig zu seinem neusten Gast blickte, um rechtzeitig einschreiten zu können, bevor die Frau sich um den Verstand trank.
Tabatha leerte ihr Glas schnell und stellte es wieder ab. Wieso machte sie sich überhaupt Sorgen? Kriss war ein Gefallener Engel… er hatte bessere Dinge zu tun, als sich mit Menschen abzugeben… und erst recht Menschen, die seine Freunde waren. Oh Mann, sie hasste es, gleichzeitig verärgert zu sein und zu schmollen… es erzeugte ein verstörendes Gefühl.
Ein weiteres Getränk erschien vor ihr und sie leerte auch dieses schnell. Nach etwa sechs weiteren Gläsern war sie schön beschwipst. Sie schielte zur Bühne und schmollte, als sie einen neuen Typen sah, der auf die Bühne kam, bekleidet nur mit einem silbernen Tanga und Flügeln. Sie fragte sich, wo der weinende, betrunkene Guru war, wenn man einen brauchte und ihre Augen wurden schmal vor Hass auf den Tänzer, der sie unwissend verspottete.
„Noch einer, und dann gehe ich?“, fragte sie den Kellner, der seit sie sich gesetzt hatte, in ihrer Nähe geblieben war.
Der Kellner lächelte freundlich und schüttelte den Kopf. „Ich denke, Sie hatten schon mehr als genug. Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?“
„Nein“, sagte Tabatha, griff nach ihrer Handtasche und stand auf. „Können Sie Kriss ausrichten, dass er mich anrufen soll, falls er sich daran erinnert, wer seine Freunde sind.“
Natürlich meinte sie es nicht so, aber im Moment war sie richtig wütend auf Kriss… verletzt, dass er ihre Freundschaft nicht einmal genug schätzte, um ihr zu sagen, dass er wegging… oder entführt wurde. Sie öffnete ihre Handtasche, nahm ihre Geldtasche heraus und wollte ihre Getränke bezahlen, aber der Kellner schüttelte wieder den Kopf.
„Ihre Rechnung wurde schon bezahlt“, sagte er. „Jetzt gehen Sie nach Hause, und schlafen Sie sich den Rausch aus… ich bin sicher, er wird bald anrufen.“
Tabatha holte ihre Autoschlüssel hervor und ließ sie zu Boden fallen. „Verdammt!“, zischte sie, denn sie wollte dringend hier raus, ehe sie etwas Dummes tat, wie in der Öffentlichkeit zu heulen.
Sie bückte sich, um sie aufzuheben, aber eine andere Hand kam ihr zuvor. Tabathas Blick folgte der Hand zu einem Arm und einer Schulter. Ihre Augen weiteten sich, als sie auf Kanes schönem Gesicht landeten.
„Komm, Liebling“, sagte er, als er sah, wie sich das Licht in ihren hellblauen Augen brach. Sie war kurz davor zu heulen. Scheinbar war er nicht der einzige, der heute Nacht schlecht gelaunt war. „Wir bringen dich nach Hause.“
Tabathas Unterlippe zitterte, als sie zu ihm hochsah und sie hängte sich an seinem Arm ein, fühlte sofort seine Kraft. Ihr gutaussehender Stalker war gekommen, um sie zu holen, und ausnahmsweise… war sie froh darüber.
Kane nickte über Tabathas Kopf dem Kellner zu, ehe er sie aus dem Club führte. Er knurrte innerlich, denn er wusste, weshalb sie diesen Club gewählt hatte. Sie wollte den Gefallenen Mistkerl finden, der sich vor ihr versteckte.
War es Kriss denn egal, was seine Vernachlässigung mit Tabatha anstellte, oder hatte er sich selbst zu ihrem potentiellen Feind anstelle ihres besten Freundes ernannt? Kane legte einen Arm um Tabathas Schultern und hielt ihren anderen Arm fest umklammert, als sie in ihren Stöckelschuhen beinahe stolperte.
„Hast du ihn gesehen?“, fragte Tabatha und sah hoch zu Kane.
Kane schüttelte traurig seinen Kopf. „Nein, habe ich nicht.“ Er verzichtete darauf, ihr zu sagen, dass das letzte Mal, wo er Kriss über den Weg gelaufen war, er Dean auf ihm riechen hatte können… dem Gefallenen Engel ging es gut.
„Er ist weg.“ Tabatha wischte auf kindische Art eine Träne weg, die schließlich doch entkommen war. „Was, wenn Misery ihn gefressen hat?“
Kane versuchte bei dieser betrunkenen, aber ehrlich besorgten Frage nicht zu kichern. „Misery meint, dass die Gefallenen Engel ekelig schmecken“, wiederholte er Miserys eigene Worte.
„Wieso hat er sich dann nicht verabschiedet?“ Tabatha senkte ihren Blick zum Boden, während sie gingen.
Kane antwortete nicht, sondern half Tabatha einzusteigen und ging zur Fahrerseite herum. Bilder davon, wie er diese seidigen, weichen Flügel von Kriss‘ Rücken riss, liefen in seinem Kopf Amok, aber Kane schob sie zur Seite. Rache konnte warten… im Moment musste er seinen persönlichen Engel sicher nach Hause bringen, ehe die Drehtür seiner Persönlichkeit seine dunkle Seite zum Vorschein beförderte.
Tabatha verhielt sich still, während sie fuhren. Das blaue Licht des Armaturenbretts tauchte das Innere des Autos in ein sanftes Licht, als wollte es sie herausfordern, den Mann am Steuer zu betrachten. Sie war nie jemand gewesen, der eine Herausforderung abgelehnt hätte und obwohl sie Alkohol besser vertrug als die meisten Frauen… halfen die Getränke, eine gesunde Angst zu unterdrücken.
Langsam drehte sie ihren Kopf und starrte mutig genau auf Kane. „Wieso meinte Misery, dass ihr dir gehörte?“
Kanes Kopf wirbelte schnell herum und er spießte sie mit seinem Blick auf. Sie hätte sich nicht daran erinnern sollen, was in jener Nacht passiert war… er hatte ihr diese Erinnerungen genommen. Wie, zum Teufel, konnte sie sich an etwas erinnern, was sie vergessen hätte sollen? Als er Scheinwerfer sah, die genau auf ihr Gesicht schienen, schielte er schnell zurück auf die Straße und riss das Auto gerade noch rechtzeitig herum, um dem entgegen kommenden Auto auszuweichen.
Ihre Hand legte sich instinktiv auf den Türgriff, als sie seine Reaktion auf ihre Frage sah, aber sie hielt sich zurück. Sie war noch nicht betrunken genug, um aus einem fahrenden Auto zu springen. Die Angst, die über ihren Rücken krabbelte, verstärkte nur ihren Mut bis zu einem Punkt der Dummheit.
„Bleib auf einer Spur!“ Tabatha grinste und blinzelte, wollte sich selbst ohrfeigen. ‚Verdammt‘, dachte sie innerlich. ‚Großartig, du Dummkopf, verärgere den Typen mit den spitzen Zähnen.‘
„Du erinnerst dich an jene Nacht?“, fragte Kane, konnte sich nicht davon abhalten.
„Na und?“, fragte sie und zuckte leicht die Schultern. „Was ist schon dabei, dass ich mich erinnere? Nun… an das Meiste zumindest. Vielleicht bist du nicht so gut dabei, Leute zu verzaubern, wie du meinst.“
„Vielleicht werde ich nächstes Mal nicht so sanft sein“, warnte Kane und sah, wie sie bei seinen finsteren Worten zitterte.
Tabatha richtete ihren Blick auf seinen stoischen Gesichtsausdruck. Wie konnte er es wagen, ihren gespielten Mut in Frage zu stellen?
„Nun, bevor du deine Gehirnwäsche wieder an mit probierst, wie wäre es, wenn du mir die Antwort auf Miserys Rätsel sagst?“, forderte sie und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust, obwohl ihr bewusst war, dass sie ihren Ärger darüber, dass Kriss sie sitzengelassen hatte, an Kane ausließ… aber vielleicht verdiente Kane ihn auch. Sie wusste nicht einmal, ob nicht Kane vielleicht sogar derjenige war, der Kriss gefressen hatte.
„Entweder du erzählst mir, was sie gemeint hat, oder ich schwöre, ich werde ein großes, saftiges Kuhherz um meinen Hals hängen und mich auf die Lauer legen bis Misery mich findet, damit ich sie selbst fragen kann.“
Sie schrie leise auf und hielt sich schnell am Armaturenbrett fest, als Kane das Auto herumriss, sodass es von der Straße in den Straßengraben fuhr. Er trat fest auf die Bremse und sie schleuderten ein Stück über den Schotter neben der Straße, wobei das Auto sich einmal um die eigene Achse drehte, ehe es stehenblieb.
Kane beugte sich über sie, ehe das Auto zum Halten kam. Tabatha konnte sich nicht davon abhalten, in sein Gesicht zu sehen und die geraden Züge seines starken Kiefers… die violette Farbe seiner Augen zu bewundern. Ihr Blick senkte sich zu seinen perfekten Lippen und sie fragte sich, ob sie eiskalt oder heiß wie Feuer waren.
Kane war mehr als nur wütend und wollte die Frau erwürgen dafür, dass sie an so eine Sache auch nur dachte. Er biss sich auf seine eigene Zunge, bis er sein Blut schmecken konnte, ehe er Tabathas Lippen in einen heißen Kuss einfing. Unter normalen Umständen würde er töten, um dies tun zu können… aber sie musste nüchtern sein, damit es zählte. Der einzige Grund, weshalb er sie jetzt so tief küsste, war, um die gefährlichen Pläne aus ihrem Kopf zu vertreiben, die der Alkohol dort hinterlassen hatte.
Heiß, seine Lippen waren heiß und diese köstliche Hitze wirbelte durch sie, ehe sie sich zwischen ihren Beinen sammelte. Tabatha fühlte plötzlich die Angst, die ihr vor wenigen Augenblicken gefehlt hatte. Sie spülte in wilden Wellen über sie und sie fühlte, wie ihre Zehen sich verkrampften, als sich Panik in ihrem Magen breitmachte. Ihre Gedanken übergaben sich der Angst und sie drückte so fest sie konnte gegen ihn. Leider hatte das denselben Effekt, als wenn sie ein Haus aufheben hätte wollen.
Kane fühlte ihre Hände, die in seine Brust drückten, aber wenn dies ihr letzter Kuss sein würde, dann würde er ihn noch einen Augenblick länger genießen. Er atmete ihren warmen Atem ein, als sein Kuss weicher wurde, ehe er ihn schnell wieder vertiefte.
Tabatha wurde überwältigt von dem süßen, salzigen Geschmack von Kanes Blut und das dringende Bedürfnis, tief in ihn zu klettern, verdrängte die Angst. Dieses Bedürfnis wurde nur noch stärker, als seine Hand sich um ihre Hüfte schloss und sie von ihrem Sitz hob und sie in dem engen Auto fest an sich drückte. Ihre Oberschenkel gingen in Flammen auf und ehe sie sich aufhalten konnte, krabbelte eine ihrer Hände über seine Brust hoch und kam zu seinem Hals, wo sie sein schneeweißes Haar fest umklammerte.
Kane zitterte, als er ihre Nägel über seine sensible Haut kratzen fühlte, sodass sich seine Hüften reflexartig beugten und ein Knurren sich tief in seiner Brust aufbaute. Er wollte sie… oh Gott, er wollte sie so sehr. Ein Hupen ertönte und Kane erinnerte sich plötzlich wieder daran, wo sie waren. Es kostete ihm mehr Kraft, als er gedacht hatte, dass er besaß, ihren Körper wieder loszulassen und sich selbst praktisch in den Fahrersitz zu schmeißen.
„Und, bist du jetzt wieder nüchtern?“, fragte er. Die Muskeln in seinem Kiefer waren mehr als nur angespannt und seine Fingerknöchel wurden weiß, weil er das Lenkrad so fest umklammerte, um seinen Hunger zu bändigen.
Tabatha hob ihre Hand zu ihrem Mund, als sie über die komische Frage nachdachte. Nach ein paar Sekunden nickte sie mit gerunzelter Stirn. „Ja, was bist du, Löskaffee?“
„Was bist du?“, imitierte Kane sie spöttisch. „Völlig verrückt bist du… redest von Kuhherzen und Dämonen.“
Tabathas Augen wurden groß, als ein Blitz ihre Aufmerksamkeit auf die Straße lenkte, die er erhellte. Sie leckte über ihre Unterlippe, schmeckte das Blut dort und schaute dann an sich hinunter, um sicherzugehen, dass ihre Oberschenkel nicht wirklich brannten. Wieder zuckte ein Blitz durch die Nacht und sie beugte sich nach vor, um den Himmel sehen zu können, suchte Gewitterwolken. Als sie keine sehen konnte, blickte sie zurück zu Kane und ihr wurde klar, dass er für die Blitze verantwortlich war.
„Ich denke, du solltest dich wieder beruhigen. Ich lag falsch… du bist nicht Löskaffee, du bist ein Wirbelsturm“, sagte sie und richtete sich im Autositz auf. Es war ihr vorhin nicht aufgefallen, aber als Kane sich über sie gebeugt hatte, war ihr Kleid so weit nach oben gerutscht, dass die Spitzenränder ihrer Unterhose beinahe sichtbar wurden.
Kane rieb sich mit den Fingern die Schläfen und schloss seine Augen… musste es tun. „Tu mir nur einen Gefallen… halte dich von Misery fern.“
„Hast du mich deshalb in Warrens Büro geheilt?“, flüsterte Tabatha, irgendwie wusste sie, dass sein Blut gerade jeden Tropfen Alkohol, den sie heute Nacht getrunken hatte, ausgelöscht hatte. Sie vermisste schon die Sorglosigkeit, die er ihr gegeben hatte, aber sie würde ihn keinen Spielverderber nennen, in der Laune, in der er war. Dennoch musste sie zugeben: wenn er den Kuss nicht abgebrochen hätte, hätte er zu anderen Dingen geführt.
Zu behaupten, dass er instabil war, war wohl eine grobe Untertreibung, wenn man nach der Art, wie er das Lenkrad umklammerte, urteilen konnte. Nach dem, was sie gerade tun hatte wollen… waren sie vielleicht beide instabil.
Als er ihr nicht antwortete, sondern einfach nur geradeaus starrte und die Schulter zuckte, wurde Tabatha wieder wütend. „In Ordnung, bring mich einfach nur nach Hause… oder noch besser: verschwinde aus meinem Auto. Ich kann jetzt selbst fahren.“
Tabatha wurde unsanft in ihren Sitz gedrückt, als Kane das Auto wieder startete, den Motor aufheulen ließ und wieder auf die Straße fuhr… zum Glück war um diese Zeit nicht viel Verkehr.
„Vielleicht solltest du gehen und das Vogelnest suchen, wo auch immer Kriss sich versteckt, und dich zu ihm setzen, nachdem es euch beiden offensichtlich Spaß macht, Geheimnisse vor mir zu haben!“, sagte sie sarkastisch.
„Hat dir noch nie jemand gesagt, dass es keine gute Idee ist, einen Vampir herauszufordern?“, fragte Kane mit trügerisch ruhiger Stimme, aber weigerte sich, sie anzusehen.
„Ich lebe noch“, stellte Tabatha fest.
„Noch“, log Kane, aber fühlte sich zufrieden, als der Rest der Fahrt in unruhigem Schweigen absolviert wurde.
Tabatha lehnte sich in den Beifahrersitz zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Sie weigerte sich strikt, an den Kuss zu denken und sie wollte schon gar nicht daran denken, wie sexy er ausgesehen hatte, wie er sich über sie gebeugt hatte… wütend oder nicht.
Sobald Kane das Auto in ihrer Einfahrt geparkt hatte, seufzte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein Haar, als sie aus dem Fahrzeug sprang und weglief, als wäre sie gebissen worden. Der Gedanke erschien ihm recht ironisch, angesichts der Tatsache, dass er sie schon früher einmal gebissen hatte. Er stieg aus dem Auto und folgte ihr leise, wusste, dass das die falsche Entscheidung war.
Tabatha schlug die Autotür hinter sich zu und rannte zu ihrer Wohnungstür. Sobald sie die Tür sicher hinter sich geschlossen hatte, drehte sie sich um und verbrachte die nächsten Sekunden damit, alle vier Schlösser zu verriegeln, ehe sie das Licht im Wohnzimmer anschaltete.
„Tschüss, Arschloch!“ erklärte sie mit einem bösen Blick auf die Tür, fühlte sich triumphierend… bis sie sich umdrehte. Tabatha kreischte, als sie Kane auf dem Sofa sitzen sah, als würde er hier wohnen und sie warf ihre Handtasche nach ihm.
„Du bist nicht eingeladen!“, tobte sie, dann wartete sie, um zu sehen, ob er sich in Rauch auflösen und verschwinden würde. Es war sogar gut, dass er das nicht machte, denn sie hätte sich mit dem hysterischen Lachen, das davon gekommen wäre, verletzt.
„Verdammt, wieso bist du noch hier?“, fragte sie scharf, schüttelte ihre Stöckelschuhe ab und schleuderte sie mit den Füßen in seine Richtung. Sie freute sich kurz über ihren Erfolg, als er ein Bein bewegen musste, um ihnen auszuweichen.
Zu ihrer Verwunderung saß Kane einfach nur da und starrte sie mit diesem Gesichtsausdruck an, der wie eine Mischung aus Belustigung und Ärger aussah, und sie auf die Palme bringen wollte. Er flimmerte und verschwand einen Augenblick lang, dann hörte sie ein leises Pochen, als etwas die Tür auf beiden Seiten von ihr traf. Tabatha konnte sich nicht bewegen, da er sie an das Holz hinter ihr drückte. Sie hörte Donner draußen und fühlte, wie ihre Angst bei dem Geräusch zunahm.
Kane lehnte sich ein wenig nach vorne, bis seine Wange beinahe ihre berührte und atmete den Geruch ihrer Angst vermischt mit Wut ein. Er wirkte auf ihn wie ein Aphrodisiakum und erinnerte ihn daran, wieso er seine Seelenfreundin nicht genommen hatte, sobald er sie gefunden hatte. Tatsächlich kämpfte er gegen den Drang an, sie hier gleich an der Tür zu nehmen… schnell und kraftvoll.
Die Götter hatten sie vielleicht aneinander gekuppelt, aber sie hatten falsch gelegen in ihrer Wahl. Um ihretwillen… war es falsch. Als er sich weit genug zurücklehnte, um ihr Gesicht zu sehen, war er froh, dass die Wut und Angst dort noch immer waren.
Tabatha fühlte, wie ihre Stirnfransen sich bei jedem seiner Atemzüge bewegten, während er sie mit diesen hitzigen Augen anstarrte. Sie wurde verzaubert, als sie beobachtete, wie seine violetten Pupillen sich vergrößerten und fühlte, wie Enttäuschung durch sie brannte… sie wollte es nicht vergessen.
„Bevor du mich verzauberst… sag mir eine Wahrheit“, flüsterte sie. „Eine echte, völlig ehrliche Wahrheit.“
„Eine Wahrheit, Liebling?“ Kane senkte seinen Blick auf ihre Lippen und senkte seinen Kopf, bis seine Lippen beinahe die ihren berührten… nicht ein Kuss, sondern etwas viel Intimeres. „Ich bin für dich viel gefährlicher, als es ein Dämon je sein könnte.“
Tabatha blinzelte in das Sonnenlicht, das durch das Fenster strahlte, und setzte sich im Bett auf. Sie zog ihre Knie an und schlang ihre Arme um ihre Beine. Sie schenkte dem Tageslicht, das sie scheinbar verspotten wollte, einen bösen Blick. Knurrend schnaubte sie und blies ihre Stirnfransen in die Luft.
„Gefährlich, ja klar“, brummte sie. „Er ist so gefährlich, dass er mich noch ins Bett gesteckt und zugedeckt hat, bevor er ging.“

*****

Zachary betrachtete die Stadtkarte an der Wand und legte seinen Kopf zur Seite. Sie hatten eine Stecknadel an jeden Ort gesteckt, wo sich in den letzten paar Monaten ein merkwürdiger Vorfall ereignet hatte, um zu sehen, ob sie ein Muster feststellen konnten. Sie hatten mit nur wenigen farbigen Stecknadelköpfen begonnen, aber als mehr Berichte kamen, hatten die Stecknadeln begonnen, ein Muster zu ergeben.
Angelica nahm einen schwarzen Filzstift und zeichnete einen Kreis um die Slums und deren direkte Umgebung. „Misery hat in dieser Gegend ihr Unwesen getrieben“, erklärte sie. „Die anderen Vorfälle scheinen andere Dämonen zu sein, die mutig werden und aus ihren Verstecken kommen.“
„Was ist mit dem, was im Love Bites geschehen ist?“, fragte Trevor. „Das war nicht wirklich ihre übliche Vorgehensweise.“
„Wir müssen die Region vielleicht bald ausweiten“, bemerkte Chad. „Und was ist mit der Leiche, die wir heute Morgen gefunden haben?“
Sie alle erschauderten, als sie sich an den Tatort erinnerten. Sie hatten einen Anruf von der Polizei über die Leiche eines jungen Mannes bekommen, da sie meinte, dass sie das sehen sollten. Der Mann war etwa zwanzig Jahre alt und trug die Überreste eines T-Shirts mit dem Namen der lokalen Universität.
Als sie dort angekommen waren, hatte die Polizei die gesamte Umgebung in etwa hundert Metern Umkreis abgesperrt. Chad war das komisch vorgekommen und er war gegangen, um mit ein paar seiner Kumpels aus der Truppe zu reden. Als er zurückgekommen war, war seine Gesichtsfarbe deutlich blasser geworden.
„Was ist los?“, fragte Zachary.
„Sie sagten, dass wir es selbst sehen mussten… es ist mindestens so schlimm, wie das, was ihr von dem Bus letztens erzählt habt.“
Als sich die vier näherten, musste Trevor durch den Mund atmen, um zu verhindern, dass er sich durch den Geruch übergeben musste. Das schlimmste war, dass er den bitteren Geruch sogar schmecken konnte, und das war mindestens genauso schrecklich. Zach gab ihm einen Mundschutz aus seiner Jackentasche… er hatte immer ein paar bei sich, für genau solche Situationen. Als sie die Leiche sahen, musste sogar Zachary wegsehen und ein paarmal tief durchatmen.
Der Körper war buchstäblich auseinandergerissen worden und alles, was drinnen gewesen war, war draußen. Das Schlimmste war, dass sie alle sehen konnten, wo etwas tatsächlich Teile gefressen hatte, wo ganze Stücke Fleisch herausgerissen worden waren. Lange Spuren von Klauen waren in dem Bisschen Fleisch, das noch übrig war, und an den Knochen zu sehen, einige Knochen waren gebrochen und standen in absurden Winkeln ab.
Die Augenhöhlen waren das Schlimmste, denn sie starrten geradewegs zu ihnen hoch… die Augen waren herausgenommen worden. Ein Teil des Skalps war weggerissen worden und der Schädel durchlöchert, wo Teile des Gehirns noch aus dem Loch tropften. Der Mund war geöffnet worden und die Zunge war ebenfalls verunstaltet.
Ein Großteil der Innereien lag über den Körper verteilt und der Magen war weit geöffnet. Angelica drehte sich von der Leiche weg und drückte ihre Hand auf den Mund, um die Übelkeit zu unterdrücken… es half nichts.
„Armer Kerl“, flüsterte Zachary und kniete sich neben den Jungen. Die letzte Woche erschien ihm wie ein einziges Chaos aus dämonischer Aktivität und es schien nicht so, als würde es bald anders werden. „Was sagt der offizielle Bericht?“
„Die Polizei sagt, dass es ein tierischer Angriff war“, antwortete Chad.
Angelica schüttelte ihren Kopf. „Nein, das war kein Tier“, sagte sie mit rauer Stimme und ging zurück zum Auto. „Es war das Grab.“
Zachary schüttelte die Bilder aus seiner Erinnerung ab und sah von dem Stadtplan zu Angelica. „Was hast du gemeint, als du sagtest, es war das Grab?“
Angelica runzelte die Stirn. „Das war alles, was ich von der Leiche fühlen konnte. Die Wunden waren fast zu alt, sodass ich sie kaum spüren konnte. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll, als, dass das Grab ihn getötet hat.“
Zachary trat an den Kaffeetisch, wo sein Laptop stand. Er stellte eine Verbindung mit dem TEP-Netzwerk her und schickte Storm eine Nachricht, in der er die letzten Vorfälle beschrieb… die Antwort kam sofort.
„Es scheint, dass Storm die großen Spieler des TEP in den Fall holt“, erzählte Zachary den anderen, dann hielt er inne, ehe er zu seinen Kollegen hochsah. „Er hat den fabelhaften Ren hergeschickt… er ist schon hier.“
Trevor erzitterte sichtbar, als Rens Name erwähnt wurde. Ren war schon immer das Phantom der Gruppe gewesen… mehr eine Legende als eine echte Person, denn Storm war der einzige, der ihn je getroffen hatte. Er hatte Storm einmal gefragt, wer das mächtigste Mitglied des TEP war, und Storm hatte keine Sekunde mit seiner Antwort gezögert. Aber wenn Storm seinen Stellvertreter schickte, dann bedeutete das, dass er direkt dahinter eine Armee sandte.
Zachary und Trevor wussten beide, was das bedeutete… der Krieg begann.

Kapitel 3
Während seiner Jugendjahre hatte Ren es sich angewöhnt, sich in die Datenbank des Teams für Ermittlungen über Paranormales einzuloggen, um am Laufenden zu bleiben. Er war auch klug genug, um dann den Computer, den er verwendet hatte, zu zerstören, damit sie ihn nicht aufspüren konnten. Es war ein Nervenkitzel gewesen, die Schutzschilde zu durchbrechen, die eine Abteilung der Regierung errichtet hatte, die angeblich nicht einmal existierte.
Das Team für Ermittlungen über Paranormales, auch genannt T.E.P., wusste, dass Ren ihre Fälle verfolgte und ihre verschlüsselten Informationen heraussaugte, aber sie hatten ihn nie schnappen können und sie hatten keine Schutzschilde gefunden, die dicht genug gewesen wären, um ihn aus ihrem privaten System draußen zu halten. Er stahl nicht nur ihre Daten, sondern Ren ließ noch Daten von seinen eigenen paranormalen Ermittlungen zurück.
Nach mehreren Jahren, hatte der Chef des TEP begonnen, Ren Nachrichten hinter den dicksten, am besten verschlüsselten digitalen Schutzmauern zu hinterlassen, die Ren je gesehen hatte. Hinter diesen Wänden hatte Ren sich im Geheimen dem so schwer aufspürbaren TEP-Team angeschlossen, aber nur zu seinen eigenen Bedingungen… dass er alleine arbeitete.
Wer auch immer hinter dieser Mauer war, wusste nicht nur seinen Namen, sondern auch einige andere Dinge über ihn, die sonst niemand wusste… etwa die Tatsache, dass er nicht ganz menschlich war. Erst nachdem er einen Dämon der Klasse sieben angegriffen hatte, der einen menschenfressenden Kult im Kongo initiiert hatte, wobei er schwer verletzt worden war, hatte der Chef des TEP ihn schließlich aufgespürt.
Ren war mitten im Kampf gegen den Haut-Dämon, und zwar gerade dabei, zu verlieren, als eine Hand seine Schulter packte… und ehe er sich’s versah, war er auf einer kleinen, privaten Insel mitten im Meer. Ren hatte sich umgedreht und war dem Mann, der hinter den verschlüsselten Schutzschilden stand, von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden… Storm.
Ren schüttelte seinen Kopf, als er sich an diese ersten kurzen Augenblicke erinnerte. Storm sah aus, als hätte er der Sänger einer Rockband aus den Achtzigern sein sollen und nicht das Gehirn hinter der geheimnisvollsten Gruppe der Welt.
Storm hatte nur gelächelt und die Hand zurückgezogen, die noch immer Rens Schulter festhielt. „Versuchst du, auf die grobe, schnelle Art aus dem TEP auszusteigen? Wieso bleibst du nicht noch eine Weile? Ich würde es richtig schade finden, meinen besten Freund zu verlieren, bevor wir auch nur die Chance bekommen, Freunde zu werden.“
„Was?“ Ren zog den Kopf ein und hielt seine Hand über seine Brust, wo der Dämon versucht hatte, sein Herz herauszukrallen.
„Tut mir leid“, seufzte Storm und griff wieder nach ihm. Sie waren plötzlich in der Einrichtung, die halb unter Grund und halb unter Wasser, tief unter der Insel war. „Es ist niemand mit der Macht zu heilen hier, aber ich kann dich jederzeit zu jemandem bringen, wenn dir das lieber ist.“
„Nein“, knurrte Ren praktisch. „Wenn du mir eine Nadel und einen Faden gibst, glaube ich, dass ich es ertragen kann, für ein paar verdammte Minuten an einem Ort zu bleiben.“ Er lehnte sich zurück gegen einen Tisch, um Storms Hand auszuweichen. „Und wenn du mich noch einmal anrührst, wirst du deine Hand verlieren.“
Storm lachte und öffnete einen der oberen Schränke, dann zeigte er mit der Hand auf all die medizinischen Utensilien dort. Sein Lächeln verschwand, als Ren sein Hemd aufknöpfte und Storm die tiefen Wunden sah, die der Haut-Dämon hinterlassen hatte. Nur wenige Sekunden später und Ren wäre verloren gewesen.
„Ich denke, nachdem du so auf Dämonen stehst, dass du vielleicht noch ein wenig mehr über sie lernen solltest, bevor du den nächsten zum Kampf herausforderst.“ Storm schaute von den Wunden weg, wissend, wie die Narben aussehen würden. Er kannte Ren schon lange… die Freundschaft war nur einfach noch nicht entstanden.
Ren streckte die Hand nach dem offenen Schrank aus und nahm etwas heraus, das ihm nach einem sterilisierten Nähköfferchen aussah, dann ging er zu dem Spiegel an der Wand. „Wenn du einen Dämon getroffen hast, hast du sie alle getroffen… nicht wahr?“ Er konnte den Sarkasmus nicht aus seiner Stimme verdrängen, während er innerlich versuchte, den Schmerz zu ignorieren… es funktionierte nicht.
„Falsch“, korrigierte Storm. „Du weißt nur, was ich in die Datenbank hochladen habe lassen.“ Er setzte sich auf das Krankenbett in der Mitte des Zimmers.
Ren sah durch den Spiegel auf den Mann hinter ihm. Die Dinge, die in der Datenbank versteckt waren, genügten, um die Welt in Flammen aufgehen zu lassen… es war genug, sodass es schon gefährlich war, die Datenbank überhaupt zu haben. Es war schwer zu glauben, dass da noch mehr war… aber andererseits: er wusste einige Dinge, die nicht einmal in der Datenbank waren.
„Ich höre.“ Und er hörte zu… wochenlang.
Storm hatte recht damit, die Information, die er mit Ren teilte, nicht in die Archive zu lassen, aus denselben Gründen, weshalb der Vatikan das Zeug in ihren geheimen Kellern versteckte. Wenn auch nur ein Teil dieser Information die normale Bevölkerung erreichen sollte, würde das das Ende der Welt, wie wir sie kennen, bedeuten.
Ren wusste ohne jeglichen Zweifel, dass ihm der Mann noch immer Informationen vorenthielt, denn welche Götter ihm auch die Macht gegeben hatten, in Raum und Zeit zu springen, hatten es auch gefährlich für ihn gemacht, jemandem etwas zu erzählen, was über das Jetzt hinausging. Er könnte der beste Geschichtslehrer der Welt sein… aber wenn Storm versuchen würde, jemandem von der Zukunft zu erzählen, könnte das die Raum-Zeit-Verbindung zerreißen… und diese Verbindung war Storm selbst.
Er hatte auch recht, was ihre Freundschaft betraf. Sie waren vom ersten Tag an Freunde gewesen und das sagte viel, denn sie beide waren nicht die Art Person, die jemandem vertraute. In Wahrheit… ähnelten sie einander in vielfältiger Art und Weise.
Storms kleine Erholungsinsel war tatsächlich irgendwo in der Vergangenheit, aber Storm hatte sie mit allen Annehmlichkeiten einer modernen Villa ausgestattet. Eine Seite des Gebäudes erzeugte in Ren ein Gefühl, als wäre er in einer riesigen Glasschüssel, während die andere Seite in das harte Gestein der Insel gebaut worden war. Das Beste daran war die völlige Einsamkeit. Dies war der eine Ort, an den Ren kommen konnte, wo nichts Paranormales ihn berühren konnte, abgesehen von Storms Fähigkeit in der Zeit zu reisen.
Zuerst hatte er gedacht, dass Storm Mitte zwanzig war, aber nachdem er ihn seit mehr als zehn Jahren kannte und Storm keinen Tag älter geworden war, fragte er sich, wie lange Storm schon auf der Welt war. Selbst Ren alterte nun weniger schnell, da er so viel Zeit in der Nähe von Storm und seiner Macht verbrachte.
Ren zuckte zusammen, als eine Stimme ihn aus seinen Gedanken riss.
„Ich habe dich gerade zum stolzen Besitzer eines der ältesten Häuser von LA gemacht“, verkündete Storm, als er auf dem langen Landesteg erschien, der sich vor der Insel erstreckte. Er grinste, als er sah, dass Ren vor Schreck fast aus der Haut fuhr.
„Verdammt, kannst du vielleicht ein Geräusch machen, wenn du so aus dem Nichts springst?“ Ren drehte sich um und lehnte sich an das Geländer, während er den zufriedenen Ausdruck auf Storms Gesicht betrachtete.
„Hast du jemand anders erwartet?“ Storm lachte.
Ren schenkte ihm nur einen bescheuerten Blick, denn kein anderer hatte je einen Fuß auf die Insel gesetzt. „Okay, ich beiße an. Wieso hast du mir eine alte, heruntergekommene Hütte gekauft? Es ist noch nicht einmal mein Geburtstag.“
Ohne Vorwarnung griff Storm nach Rens Schulter und der Ozean kippte weg und plötzlich standen sie auf einem Rasen direkt vor einem Gebäude, das als eine moderne, gotische Villa aus dunklem Stein durchgehen könnte. Als er Wellenschlag hörte, sah Ren nach rechts und erkannte das Meer. Er drehte sich einmal im Kreis und runzelte die Stirn, als er erkannte, dass die Zufahrt so weit war, wie er sehen konnte, und auf der linken Seite war nichts als dichter Wald.
„Nicht so schlecht für eine heruntergekommene Hütte.“ Storm nicke in Richtung des Hauses. „Zwanzig Hektar am Meer und mit jedem modernen Luxus ausgestattet. Es ist schwer zu glauben, dass dies früher ein kleines Schloss war.“
„Nicht so schwer.“ Ren wandte sich Storm zu. „Wo ist der Haken?“
„LA braucht dich.“ Storm zuckte die Schultern und ging los. „Kannst du es nicht fühlen?“
Ren antwortete nicht, als er Storm ins Gebäude folgte. In Wahrheit sagte ihm sein Spinnensinn, dass er so schnell er konnte davonrennen sollte. Los Angeles… bisher klang es mehr wie ein aufgezwungener Urlaub.
Einmal drinnen fand er sich in einem riesigen, runden Raum mit einer offenen Wendeltreppe wieder, die zur nächsten Etage führte, die in zwei Flügel unterteilt war. Storm ging auf die große Doppeltür auf der rechten Seite zu, also seufzte Ren und folgte ihm.
„Na, das ist mehr mein Stil“, meinte Ren erleichtert, als er die Überwachungsmonitore sah, die die gesamte Wand bedeckten und einen Glasschreibtisch, in den ein Computer eingebaut war.
„Ich dachte mir, dass dir das gefallen würde.“ Storm machte es sich auf dem Sofa gemütlich, das einsam in einer leeren Ecke des riesigen Zimmers stand. Er beobachtete Ren, als dieser sich an den Schreibtisch setzte und begann, die Steuerungselemente zu erforschen. „Niemand kann dich hier aufspüren, außer dir… und zum Glück zählst du nicht.“
Storm sah, wie die Augen seines Freundes leuchteten, als Rens Finger über der Tastatur schwebten. Es war eine merkwürdige Macht, die er hatte, und er kannte sonst niemanden, der es tun konnte, aber so konnte Ren die Schutzwände des TEP durchbrechen, die noch hundert Jahre moderner waren, als die der Regierung. Er saugte buchstäblich all die Information aus diesem Computer und wer weiß, vielleicht fütterte er ihm sogar noch mehr.
Es war lustig, denn Ren sah nicht wie ein üblicher Computer-Nerd aus… sein Aussehen war recht auffällig. Er hatte gesehen, wie Frauen beinahe über ihre eigenen Füße stolperten, wenn sie ihn erblickten.
Sein Haar war ein wenig mehr als schulterlang, nachtschwarz mit blauen Strähnen, wenn die Sonne es im richtigen Winkel traf. Aber sogar ohne die Sonne konnte man die dicken, silbernen Strähnen nicht übersehen, die Ren mehr wie ein wildes Kind aussehen ließen. Dazu kam das Kreuz, das von seinem Ohr baumelte und die Tatsache, dass er immer schwarz gekleidet war, was eine ziemlich beeindruckende Kombination ergab. Um den Effekt noch zu verstärken, waren Rens Iris wie poliertes Silber mit blauen Flecken und ein pechschwarzer Ring umgab sie. Er hatte aufgrund dieser Besonderheit immer Sonnenbrillen bei sich.
Was ihn an Ren am meisten verwunderte, war, dass Computer eine Sache waren, die Ren glücklich machten, was seine Macht betraf. Ren war auf jede Art ein Sukkubus. Wenn er in der Nähe eines Computers war, dann ernährte er sich von der Energie des Computers, fast als würde er sie herunterladen… aber seine Art von Sukkubus erlaubte es ihm auch, jedermanns Macht zu nehmen und sie für sich selbst zu nutzen.
Zum Beispiel… wenn er in der Nähe eines Formwandlers war, konnte er sich verwandeln. Wenn er in der Nähe eines Dämons war, hatte er jede Macht, die diese Art von Dämon hatte, aber der Nachteil davon war, dass es war, als würde er einen Spiegel verwenden. Er konnte dem Dämon seine Macht nicht wegnehmen. Beide Seiten hatten dann dieselbe Macht, und das war nicht immer eine Situation, von der beide Seiten profitierten… vor allem, wenn dein Gegner die Macht schon länger hatte, und besser wusste, wie er sie verwenden konnte.
Eine Art, auf die Ren dies zu seinem Vorteil nutzen konnte, war, wenn es mehr als eine paranormale Macht in der Reichweite seines Sukkubus gab… denn musste man sich in Acht nehmen, denn er konnte sie alle zu seinem Vorteil verwenden.
Ein weiterer Nachteil war, dass Ren kein guter Teamspieler war, also weigerte er sich, mit anderen zusammenzuarbeiten, was ewig schade war. Storm hätte ihn gemeinsam mit mächtigen Leuten arbeiten lassen können, und er hätte all ihre Mächte nutzen können. Selbst jetzt, wenn Ren sich um die halbe Welt und fünfzig Jahre in die Vergangenheit teleportieren wollte, dann könnte er es. Zum Glück hatte er kein Interesse an derartigen Dingen. Er beobachtete, wie das Licht in Rens Augen erlosch, als er aus der Welt des Cyberspace zurückkam.
Ren blinzelte und zog seine Hände von der Tastatur zurück, als er sich in seinen Drehstuhl zurücklehnte. „Niemand weiß, dass ich hier bin?“
„Nur Zachary“, gab Storm zu, obwohl er wusste, dass er hierüber eine schwere Diskussion mit Ren führen würde müssen. „Ich werde Zachary die meisten derjenigen, die schon hier sind, beaufsichtigen lassen.“
„Wieso gefällt mir nicht, wie das klingt?“ Rens Augen wurden schmal, aber er hatte das Gefühl, dass er diesmal verlieren würde. „Was ist mit der Villa und all dem hier? Wieso willst du mich bestechen?“
Storm hob eine Augenbraue. „Es ist irgendwie schwierig, jemanden zu bestechen, der zu jedem beliebigen Geldautomaten gehen und Geld herausholen kann.“
„Du weichst meiner Frage aus“, bemerkte Ren.
„Ich habe bisher zugelassen, dass du dich vor den Teams für paranormale Ermittlungen versteckst, und verdammt… ich habe deine Einsamkeit öfter mit dir verbracht, als ich es tun hätte sollen.“ Storm hob seine Hand, als Ren ihm widersprechen wollte. „Du hast immer behauptet, dass du mir etwas schuldest… ich bitte dich jetzt, deine Schuld zu bezahlen.“
„Und zwar wie?“ Rens Stimme hatte aus Respekt ihre Schärfe verloren. Storm hatte recht… er schuldete ihm sein Leben und Storm würde ihn nicht für eine Kleinigkeit holen.
Storm ging vor dem Schreibtisch auf und ab. „Die einzige echte Antwort, die ich dir im Moment geben kann, ist, dass du hier bist, um mir im Kampf zu helfen. Ich fordere hier eine Menge Schuldzahlungen ein. Ich hole die besten TEP-Teams in die Stadt und du bist nun zu meinem Stellvertreter befördert worden.“
„Vielen Dank.“ Die Tatsache, dass dies ohne jegliche Emotion gesagt wurde, wurde von beiden ignoriert.
„Zachary wird die Verantwortung haben, wenn uns etwas zustößt“, fügte Storm betont hinzu. „Und früher oder später werdet ihr beide Informationen austauschen müssen… besonders, wenn ich nicht erreichbar bin.“
„Na, das klingt nicht gut.“ Ren runzelte still die Stirn und fragte sich, wieso Storm nicht schon die Antworten auf seine eigenen Fragen hatte. Für jemanden, der in die Zukunft springen konnte, war es komisch, dass er nicht wusste, wer eine Schlacht gewinnen würde.
„Ich werde eine Weile lang nicht oft hier sein, weil ich all die Teams finden muss. Obwohl sie in Zweierteams arbeiten, haben sie eine ärgerliche Angewohnheit, einfach zu verschwinden und ihre eigenen Aufträge zu kreieren, wenn ihnen etwas über den Weg läuft.“ Er fuhr mit den Händen durch sein Haar. „Es wird selbst für mich schwierig werden, sie aufzuspüren.“
„Und wenn du sie hier ablieferst, darf ich Kindermädchen spielen?“, fragte Ren, der noch nicht ganz verstanden hatte.
„Nein.“ Storm schüttelte seinen Kopf, aber lächelte über die Vorstellung. „Diese Leute sind keine Kinder. Ihr Auftrag ist derselbe wie deiner… die Stadt zu schützen. Ob ihr miteinander kommuniziert, liegt an dir. Aber mit deiner Macht kannst du ein Raster über die Stadt zeichnen und ihnen sagen, wo alle wichtigen Punkte sind. Dies ist vorerst einfach nur die Basis. Du und Zachary, ihr werdet die einzigen sein, die mich kontaktieren können, wenn ich nicht hier bin.“
„Wirklich?“ Ren schaukelte in seinem Stuhl, denn all die Geheimnisse faszinierten ihn. „Und ich dachte, dass ich der Asoziale von uns beiden war“, bemerkte Ren. „Hast du vor zu verschwinden?“ Es hätte ein Scherz sein sollen, aber als er erkannte, wie Storm zuckte, hörte er auf zu schaukeln.
Storm rieb sich den Nacken, wählte seine Worte sehr sorgfältig. „Ich kann in dieser Dimension durch die Zeit reisen, aber wenn es eine Gegend gibt, wo die dimensionalen Wände rissig geworden oder durchbrochen sind… wird sie meine Macht verweigern.“ Das war noch milde ausgedrückt.
Zwischen Storms Zeilen zu lesen war eine Wissenschaft für Ren geworden und plötzlich verstand er, wieso Storm nicht wusste, wer die Schlacht gewinnen würde. „Ich folge dir noch“, bemerkte er.
Storm ging zu dem riesigen Fenster hinüber, das auf das Meer hinausblickte und klopfte gegen das Glas. „Dieses Glas ist mehr als nur kugelsicher.“ Er seufzte, als er sich wieder umdrehte und seinen Rücken an die Scheibe lehnte. „Aber es ist nicht undurchlässig für das Böse.“ Er nickte in Richtung des Sofas, das er eben erst verlassen hatte und flüsterte Worte, die in der Geschichte längst vergessen waren.
Ren atmete scharf ein, als an der Decke und am Boden rechts im Zimmer ein großer Kreis aufleuchtete, das Sofa genau in dessen Mitte. Er konnte sogar die flimmernde Schutzmauer sehen, die sich zwischen den Kreisen vom Boden zur Decke zog.
„Was ist das?“ Er versuchte, die Bewunderung nicht in seiner Stimme zu zeigen, aber er schaffte es bei Weitem nicht.
„Für Laien… ist es eine Dämonenfalle“, antwortete Storm, sonnte sich in der Tatsache, dass er offiziell Rens Bewunderung hatte, was sehr schwer zu erreichen war. „Komm… geh durch die Wand. Es tut nicht weh.“
Ren streckte seine Hand aus, aber hielt inne, ehe er den Schild berührte. „Erwarte ich einen dämonischen Besucher?“
Storm legte seinen Kopf zur Seite. „Lass mich dich an etwas erinnern: Wenn ein Kind der Gefallenen Engel in deine Nähe kommt, dann wirst du… der Dämon.“ Er senkte seine Stimme, sodass sie gespenstisch klang, als er ‚der Dämon‘ sagte. Er und Ren waren sich über diese Sache nicht ganz einig. Ren hatte immer noch Vorurteile gegen alles, was er nicht verstand.
Ren machte einen Schritt zurück, als er das, was Storm gesagt hatte, verarbeitete. Er brauchte sogar mehrere Sekunden, bis ihm eine gute Entgegnung einfiel. „Zumindest werde ich derjenige sein, der weiß, wo der Schlüssel für den Käfig ist. Die Frage ist… wie bringen ich ihn hier herein? Soll ich Dämonen-Leckereien auf das Sofa legen?“
Storm lächelte und schob Ren in den Kreis.
Ren wirbelte herum und wollte wieder zu Storm zurückgehen, aber rannte in etwas, das ihn an einen Eisblock erinnerte. Er machte einen Schritt zurück und drückte seine Handflächen fest dagegen, blinzelte, als er sah, wie die Wände der Barriere Wellen schlugen, als wären sie aus Wasser.
Nachdem er noch einmal dagegen geschlagen hatte, knurrte er: „Ich bin kein Dämon!“
Storm hob eine Augenbraue. „Nun, ich bin froh, dass wir das geklärt haben.“
Ren schlug die Wand von… was auch immer.
„Entspanne dich, ich habe den Zauber so gestaltet, dass er alles einsperrt, was nicht menschlich ist, und nachdem du ein Sukkubus bist und ich in deiner Nähe bin…“ Er lächelte wieder, wusste, dass dies eine Lektion war, die Ren lernen musste. „Es sein denn, du willst mich einen Dämon nennen?“
„Ich habe es verstanden. Wirf das Ding in den Kreis und tritt nicht in meine eigene Falle. Jetzt lass mich raus.“
Storm sagte den Zauber wieder, beinahe die gleichen Worte wie vorhin, nur ein paar Silben waren anders.
Ren lernte schnell und hatte schon beide Zaubersprüche behalten, ehe er wieder sicher hinter seinem Schreibtisch saß. Die Stille dehnte sich aus, ehe Storm fühlte, wie die Laune des Moments verflog und er wieder sprach.
„Dieses Schloss war früher in Schottland. Ich habe es während der Landnahme Ziegel für Ziegel hierherbringen und wiederaufbauen lassen, aber die neueren Einrichtungen sind modern. Es gibt in fast jedem Zimmer eine Dämonenfalle und du bist der einzige, der sie auslösen kann.“
„Es ist sehr schön.“ Ren nickte, fragte sich, was Storm ihm sagen wollte. Manchmal waren seine Geschichten länger als die eines alten Mannes, wenn er durch seine zeitlosen Erinnerungen forstete. Er durfte so viel über die Vergangenheit erzählen, wie er wollte, es war nur gefährlich, etwas über die Zukunft zu sagen.
Er hatte Storm einmal gefragt, wieso er seine Zeit nicht damit verbrachte, in der Zeit zurück zu reisen und die Fehler der Menschheit zu korrigieren, etwa Hitler aus dem Weg zu schaffen. Da hatte dieser ihm erzählt, dass seine Macht Grenzen hatte… scheinbar war das Verändern der Geschichte der Menschheit eine davon.
„Dieses Schloss war ein Hochzeitsgeschenk für einen meiner sehr engen Freunde.“ Storm sah durch das Fenster, von dem aus er die Wiese überblickte, die bis zum Meer führte… es war wirklich ein atemberaubender Anblick. Er schluckte, schob die beunruhigende Erinnerung weg.
Als er zurück auf Ren starrte, wurde Storm klar, dass ausnahmsweise noch jemand außer ihm einen Hinweis darauf brauchte, was kommen würde. Nachdem seine Macht mit einigen ziemlich ärgerlichen Regeln kam, die ihn davon abhielten, die wichtigsten Dinge zu sehen und es ihm nicht erlaubten, sich in Herzensangelegenheiten zu mischen, würde er einen sehr guten Grund für Ren finden müssen, um ihn dazu zu bewegen, dass er bleiben wollte.
Er konnte schon den Schmerz fühlen, der durch sein Herz stieß, aufgrund der Regeln, die er brechen würde, aber ignorierte ihn.
„Dieser Ort wird nicht mehr lange hier sein, es sei denn, ich kann die Zukunft verändern.“ In seiner Stimme war die Wut zu hören, die er fühlte, als er gegen den Schmerz kämpfte. „Ehe ich beschloss, dich hierher zu bringen, bin ich mehrmals in die Zukunft gegangen… nur ein paar Jahre. Jedes Mal war das Ergebnis ein anderes, aufgrund einer Verschiebung in den Dimensionen… oder viele davon, die genau hier in LA passieren.“
Storm wischte das Blut weg, das aus seinen Augen und seiner Nase zu tropfen begann. „Das letzte Mal, wo ich versucht habe, hierher zu kommen… war ein Teil des Schlosses eingestürzt und die Wände, die noch standen, waren voller Blut, das die Sonne in den Stein gebacken hatte.“
„Halt den Mund.“ Ren sah ihn böse an, denn es gefiel ihm nicht, wie die Farbe aus Storms Gesicht verschwunden war, als die Blutungen begannen. Storm hatte immer Scherze darüber gemacht, dass er niemandem von der Zukunft erzählen konnte… es zu tun würde ihn umbringen, aber Ren fand es nicht mehr lustig, als er die Wahrheit sah. „Ich habe die Quintessenz verstanden und den Rest werde ich schon selbst herausfinden.“
Storm stolperte zu dem Stuhl, hielt seinen Kopf fest. „Ich versuche, unsere Chance zu erhöhen, indem ich so viele von uns nach LA bringe, wie ich kann.“
Ren stand auf und ging um den Tisch herum, ergriff Storms Schulter und einen Lidschlag später waren sie wieder zurück auf der Insel. „Wenn du noch einmal versuchst, mir von der Zukunft zu erzählen, werde ich dir einen Arschtritt verpassen.“
Bevor Storm wieder klar genug sehen konnte, um zu erkennen, wo er war, war Ren verschwunden. Als er die schrecklichen Kopfschmerzen fühlte, von denen er wusste, dass sie wahrscheinlich Tage anhalten würden, lächelte er, denn er wusste, dass es das wert gewesen war. Ren war auf seinem Platz und jetzt, wo Angelica auch in der Stadt war, sollte sie eine weitere versteckte Macht anziehen, die das Glück wieder auf ihre Seite bringen konnte… sie brauchten die Götter auf ihrer Seite.

*****

Ren hatte die letzte Woche damit verbracht, durch die Straßen der Stadt zu spazieren und die Aktivitätszentren in seiner eigenen Karte einzutragen. Er wusste von den Dokumenten, die er aus der TEP-Datenbank heruntergeladen hatte, wo einige der Nicht-Menschen waren, aber als er wanderte oder auf seinem Motorrad fuhr, konnte er eine Macht fühlen, die nicht zu den Dingen auf jener Liste gehörten.
Er schaltete den riesigen Bildschirm an, der eine ganze Wand seines Arbeitszimmers bedeckte, und öffnete die Stadtkarte, dann lehnte er sich in seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch zurück. Für jeden anderen erschien die Karte ein wenig wie Weihnachtsbeleuchtung, denn sie war voller Stecknadelköpfe und Lichtern in verschiedenen Farben.
Jetzt waren es die Farben, die er studierte. Er konnte genau sehen, wo die Formwandler waren… er hatte sogar den Moon Dance und das Night Light besucht. Seine Mundwinkel zuckten bei der Erinnerung daran. Er hatte den Fehler gemacht, Heat zu bestellen, und es war ihm gut gegangen, bis er schließlich nach Hause gegangen war. Auf halbem Weg zu seinem Haus war er längst außerhalb der Reichweite der Formwandler und stockbesoffen gewesen.
Die Reviere der Formwandler wurden vor allem mit grünen Lichtern markiert, mit ein paar roten und blauen Markierungen… blau war das TEP-Team, das in der Gegend stationiert war, und alles, was dort passierte, überließ er ihnen… dasselbe galt für das Wolfsrudel.
Michael, Damon und Kane waren in seinen Augen allesamt tickende Zeitbomben, womit sie gelbe Fähnchen verdienten, und ihre seelenlosen Nachkommen, die in den Schatten der Stadt lauerten, trugen ein geschmackvolles Blutrot. Zumindest war diese feige Gruppe nett genug, sich tagsüber zu verstecken und sie blieben auf nachts meist in Gruppen zusammen, wodurch es einfacher wurde, ihre Nahrungsgründe zu lokalisieren.
Die Gefallenen Engel, auf der anderen Seite, waren ein anderes Thema. Sie waren anfangs schwer aufzuspüren gewesen, aber mittlerweile waren sie so instabil, dass er es aufgegeben hatte, obwohl er wusste, wenn sie in der Nähe waren… konnte er sie fühlen. Er erinnerte sich an den Geschichtsunterricht, den er von Storm bekommen hatte.
Die Kurzfassung war, dass die Gefallenen Engel ihre eigene Welt beinahe zerstört hatten, indem sie in unsere Dimension eingebrochen und einige unserer Frauen gestohlen hatten, weil sie sie schön fanden. Menschen zu stehlen war nur der erste Fehler gewesen. Als sie wieder zurück auf der anderen Seite des Wurmlochs waren, hatten sich die Gefallenen Engel mit den gestohlenen Frauen gepaart.
Das Problem war… die Kinder, die aus diesen Vereinigungen entstanden, waren nicht, was sie erwartet hatten, und die Geburt führte immer zum Tod der menschlichen Frauen.
Nur ein kleiner Teil der Kinder wurde als vollblütige Gefallene Engel geboren und nur einer von hundert war weiblich. Die anderen waren als Dämonen bekannt… Hybriden, die überhaupt nichts Vollblütiges waren. Die meisten Hybriden waren das, was die Menschen Monster nannten. Als sich diese Monster gegen ihre eigenen Schöpfer wandten, begannen die Gefallenen Engel die Hybriden in ihrer Welt auszulöschen, unabhängig davon… ob sie Monster waren, oder nicht.
Als sie mit ihrem Genozid fertig waren, erkannten sie, dass es nun mehrere Dutzend Männchen für jedes Weibchen in ihrer Welt gab. Also waren die Idioten zurück durch das Wurmloch gekommen und diesmal ließen sie ihre Schöpfungen auf unserer Seite, als sie sich mit so vielen Frauen paarten, wie sie nur konnten… so schnell sie konnten.
Als die Kinder geboren wurden und die Mütter starben, nahmen die Gefallenen Engel jeden vollblütigen Gefallenen und brachten ihn zurück in ihre Welt, ließen die Hybriden zurück. Nachdem sie die männlichen Kinder, die geboren wurden, nicht brauchten, lehrten sie sie, ihre Hybrid-Geschwister zu bekämpfen.
Kurz bevor jene Knaben in die Pubertät eintraten, schickten die Anführer der Gefallenen Engel sie hierher zurück und verschlossen das Wurmloch zwischen den beiden Dimensionen… überließen all die Kinder hier ihrem Schicksal, abgesehen von den weiblichen Gefallenen Engeln, für die sie so viele Leben geopfert hatten.
Die Geschichte hatte damit nicht geendet. Diese jungen Krieger waren erzogen worden, um dasselbe zu tun, was ihre Väter getan hatten… Löcher in die Wände zu den angrenzenden Dimensionen zu reißen… nur nicht zu ihrer Heimatwelt. Diese neue existierte so nahe, dass sie nur einen Atemzug entfernt war. Man konnte nur annehmen, dass daher die Theorie der Hölle kam. Sie war so nahe, dass Menschen mit scharfen Sinnen sie manchmal fühlen konnten.
Als die Krieger Jagd auf die Hybriden machten, mussten sie erkennen, dass viele ihrer Rivalen ebenso mächtig waren, wie die vollblütigen Gefallenen Engel. Das Blutvergießen traf beide Seiten und es gab sogar Berichte darüber, dass einige der Engel in die andere Dimension zu den Hybriden gezerrt worden waren.
Die mordenden Anführer, die ihre Kinder hierhergeschickt hatten, hatten gewusst, dass es ein Todesurteil war. Sie hatten sich darauf verlassen, dass ihre Nachkommen einander umbringen würden, und das Chaos beseitigen, das sie hinterlassen hatten.
Nur eine Handvoll dieser Knaben war noch auf der Erde und die meisten waren jünger als die erste Gruppe, waren angekommen, nachdem der Krieg beendet war und die überlebenden Hybriden sich versteckt hatten. Nach Rens Meinung war das der Moment, wo alles verworren wurde. Nicht alle Hybriden waren das, was man dämonisch nennen würde… und wenn sie nicht erkannt wurden, dann konnten sie gänzlich wie Menschen oder Tiere wirken… und Jahrtausende lang wieder Hybriden erzeugen.
Das große Geheimnis, das Storm schützte, war die Tatsache, dass die meisten der paranormalen Kreaturen, Formwandler und Wertiere und auch Menschen mit nur der kleinsten abnormalen Fähigkeit höchstwahrscheinlich Nachkommen eines dieser Hybriden waren… auch die Sukkubus-Mächte, die er verwendet hatte, um sie aufzuspüren und sie dann gegen sie zu verwenden. Es erzeugte immer noch ein unangenehmes Gefühl in Ren, wenn er bedachte, dass er teilweise ein Hybrid war.
Zu seiner Verteidigung war Ren ziemlich sicher, dass die Dämonen, die er in der Vergangenheit getötet hatte, nicht von der harmlosen Sorte waren… entweder das, oder er konnte es Selbstverteidigung nennen, denn sie hatten auf jeden Fall versucht, ihn umzubringen.
Um alles noch schlimmer zu machen, musste Storm auch noch die Bombe platzen lassen, dass einige der ursprünglichen Hybriden nicht böse waren, obwohl sie dieselbe Aura ausstrahlen, wie ein Dämon einer hohen Klasse. Und wenn das noch nicht genug Kopfschmerzen verursachte, dann kam noch die Tatsache dazu, dass Vampire gar keine Hybride waren… sondern etwas völlig Anderes, das sich auf der Erde niedergelassen hatte.
Ren rieb über seine linke Schläfe, während er auf den Stadtplan sah. Alle Gegenden, wo er einen Machtschub gefühlt hatte, wurden mit schwarzem Licht beleuchtet und angesichts der Tatsache, dass Misery sich nicht lange an einem Ort aufhielt… war das fast die ganze Stadt. Aber wenn man bedachte, dass sie in die seelenlosen Vampire vernarrt war, konnte er ihr nur die Gebiete zuschreiben, die in der Nähe der Vampirnester waren.
Damit blieb noch eine Menge Macht übrig, die niemandem auf seiner Liste zuzuschreiben war, und irgendwo dahinter steckte der Grund für Storms blutige Prophezeiung. Apropos Storm: er hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er seinen wahrsagerischen Hintern zurück auf die Insel geschickt hatte, und bisher war niemand aufgetaucht, der behauptete, zum TEP zu gehören.
Ren grinste, wusste genau, wie er Storms Aufmerksamkeit bekommen konnte. Er hatte sich so gut an das hochmoderne Computersystem angepasst, dass er nichts mehr zu tun brauchte, als nur noch im selben Zimmer zu sein. Er beobachtete, wie der Bildschirm aufblitzte, als er eine Verbindung mit dem Hauptsystem des TEP herstellte, dann verschob er den Stadtplan hinter die dicken Schutzwände, die nur er und Storm durchbrechen konnten.
Es brauchte normalerweise nur ein paar Minuten, ehe Storm antwortete, oder aus dem Nichts auftauchte, also wurde Ren langsam besorgt, als die Minuten vergingen. Dann blinkte der Bildschirm.
Storm erschien am Monitor, sodass Ren ihn sehen konnte, und er senkte ein blutrot geflecktes Tuch von seiner Nase, ehe er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und Ren über die Kamera ansah.
Ren runzelte die Stirn, aber konnte auch sehen, dass Storm zu Hause auf der Insel war. „Es erstaunt mich, dass du nicht selbst gekommen bist… aber so wie es aussieht, hast du wieder die Regeln gebrochen“, schalt Ren ihn mit gehobener Augenbraue.
„Die Zeitströme in deiner Gegend halten mich davon ab, dorthin zu kommen und bereiten mir höllische Kopfschmerzen“, erklärte Storm und ballte seine Faust um die blutigen Taschentücher.
„Dann versuch es nicht wieder.“ Ren schenkte ihm einen strengen Blick.
Storm nickte. „Wir werden auf diese Art in Kontakt bleiben müssen, bis sich die Dinge auf deiner Seite beruhigen. Inzwischen hast du TEP-Teams, die kommen, und es wird Zeit, dass du um aller Willen lernst, wie du mit ihnen zusammenarbeiten kannst. Nachdem du ein fotografisches Gedächtnis hast, und ihre Dokumente gelesen hast, bin ich sicher, dass du mehr über sie weißt, als sogar sie selbst wissen.“
„Also stellst du mich schließlich doch in die Mitte einer Menge von Leuten mit Mächten? Ist das schlau? Was, wenn ich es nicht kontrollieren kann?“, fragte Ren, dem die Aussicht darauf, mit jemand anders als Storm zu arbeiten, nicht gefiel.
Storm grinste und hob seine Schultern. „Übung macht den Meister, Ren, und du wirst einen Crashkurs in sozialen Umgangsformen bekommen. Zachary und Angelica werden bei dir einziehen, damit sie Zugang zu der Datenbank und all der Ausrüstung haben, die ich im Schloss gelagert habe. Sie werden auch die meisten der TEP-Teams koordinieren, die kommen. Was dich betrifft: deine Aufgabe ist es, herauszufinden, was, zum Teufel, diese Zeitströme erzeugt und mich davon abhält, in die Gegend zu kommen.“
Er hielt einen Augenblick inne und beugte sich nach vor zu seinem Monitor. „Mach die Tür auf.“
Die Videoverbindung wurde abrupt unterbrochen, und Ren starrte mit gehobenen Augenbrauen auf den leeren Bildschirm. Ein lautes Klopfen an der Tür erregte seine Aufmerksamkeit und er warf dem Monitor noch einen letzten wütenden Blick zu.
„Ich hasse es, wenn er das macht“, brummte Ren, stand von seinem Stuhl auf und griff nach seinen Sonnenbrillen, um seine Augen zu verbergen.
Ren ging durch die Doppeltür, die ins Foyer führte und öffnete die Haustür. Er starrte auf seine Besucher… bald Mitbewohner.
Zachary lächelte, als er den jungen Mann auf der anderen Seite der Tür stehen sah. „Es ist schön, endlich das wirkliche ‚Ass im Ärmel‘ kennenzulernen, von dem Storm schon redet, seit ich ihn kenne.“
Ren knirschte mit den Zähnen, aber ergriff Zacharys ausgestreckte Hand und nickte Angelica zu, ehe er einen Schritt zur Seite machte, und sie einließ. Er kannte die Gesichter eines jeden Mitglieds des TEP und wusste, was ihre Fähigkeiten waren. Er hatte sich alle Profile gemerkt, bald nachdem Storm ihn angestellt hatte.
Storm hatte in den geheimen Teil der Profile Bemerkungen geschrieben und Ren hatte auch diese in sein Gehirn kopiert. Storm hatte recht… wahrscheinlich wusste er mehr über sie, als sie selbst.
Zachary war ein bisschen ein wilder Junge mit etwas, was Storm als Persönlichkeitsspaltung beschrieb… in einem Augenblick machte Zachary Scherze und im nächsten war er so tödlich wie eine wütende Kobra. Er hatte die Nachrichten über das Feuer gesehen, das das Haus des Mafiabosses vor Kurzem vernichtet hatte, und all die Umstände schienen TEP, genauer noch Zachary, als Namensschild zu tragen. Am nächsten Morgen hatte Zachary einen Bericht in das System des TEP hochgeladen und Rens Vermutungen bestätigt.
Angelicas Macht war ein wenig komplizierter, sie konnte Dämonen mit der Magie, mit der sie geboren worden war, töten. Storm hatte sie einmal ihren Schlüssel genannt, aber nie gesagt, was, zur Hölle, sie damit aufsperren konnten.
Ihre Akte war dicker als die von allen anderen… es war, als hätte Storm jede ihrer Bewegungen seit ihrer Geburt dokumentiert. Ren hatte keine Ahnung, wieso… und es war ihm im Moment auch herzlich egal. Ohne ein Wort schloss er die Tür und ging in das Zimmer, das er als Büro nutzte. Er hatte irgendwie gewusst, dass sie ihm folgen würden.
„Also“, sagte Zachary nach weniger als einer Minute peinlichen Schweigens. „Wohnst du hier alleine?“
„Nein“, sagte Ren. „Ich habe neue Mitbewohner.“
Angelica grinste über den bescheuerten Ausdruck, der auf Zacharys Gesicht erschien. „Ich glaube, er versucht, das Eis zu brechen.“
„Er macht es nicht besonders gut“, sagte Ren, der schon Platzangst bekam.
„Ich weiß“, beruhigte Angelica, die einen stillen Einzelgänger erkannte, wenn sie einen traf.
Zachary warf Angelica einen gespielt wütenden Blick zu. „He, du solltest doch auf meiner Seite sein.“
„Wieso?“ Angelica lachte. „Ob du es glaubst, oder nicht, manche von uns können tagelang durchhalten, ohne den Mund zu öffnen. Du… ich muss mich schon glücklich schätzen, wenn du mal zwei Sekunden lang dich nicht über irgendwas beschwerst.“
„Ich kann still sein!“, rief Zachary. „Schau!“
Zachary ging zu dem Sofa und ließ sich in die weiche Polsterung sinken, verschränkte seine Arme vor der Brust und presste seine Lippen fest aufeinander. Angelica verdrehte sie Augen, ehe sie näher an das Computersystem trat, das Storm installiert hatte.
Ren beobachtete sie genau, war bereit, jegliche Fragen zu beantworten, die sie haben könnte und schielte kurz hinüber zu Zachary. Aus irgendeinem Grund schien der andere Mann etwas sehr Spannendes an seinen Hemdknöpfen gefunden zu haben. Innerlich zählte Ren von fünf rückwärts, ehe die unausweichliche Explosion kam.
„UAH!“, rief Zachary. „Ich halte das nicht aus.“
Ren lachte, so dass Angelica und Zachary ihn überrascht ansehen. Es dauerte nicht lange und Ren fuhr sich mit der Hand durch sein Haar, ehe er die anderen betrachtete. „Ihr könnt das Schloss erkunden, es gibt eine Menge Schlafzimmer“, sagte er, als alle Spuren von Humor aus seinem Gesicht verwunden waren.
Angelica nickte. „Ich hole meinen Koffer.“
Als sie weg war, sah Ren zu Zachary hinüber und fand sich Angesicht zu Angesicht mit der anderen Seite der Persönlichkeit des Feuermannes. „Ich bin neugierig… welche Macht hast du?“
„Deine.“ Ren grinste. „Und Angelicas… und die von allen anderen, die in die Reichweite meines Sukkubus kommen.“
Zachary hielt seine Handfläche geöffnet hoch und schien erleichtert, dass seine Macht noch da war.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich deine Macht weggenommen habe.“ Ren zuckte die Schultern, weigerte sich, kleine Zaubertricks zu spielen, um zu beweisen, was er sagte. Er hielt Zachs Blick fest und sah den verstörten Mann hinter der Maske. „Indem du in meine Nähe kommst, gibst du mir dieselbe Macht“, sagte er zur Klarstellung.
„Ich kümmere mich um Angelica, während sie hier ist“, erklärte Zach zusammenhanglos.
„Ich bin kein Kindermädchen und du kannst dich um alle kümmern, die auftauchen“, korrigierte Ren. „Das ist nicht meine Aufgabe.“
Zach nickte, als hätte er gerade eine strategische Schlacht gewonnen. „Ich weiß, Storm stellte eine Armee auf.“
Ren nickte. „Ja.“
„Er wird eine brauchen.“ Zach rieb seine Hände über seine Hosenbeine und stand auf. „Wen hat er sonst noch gerufen?“
„Fast alle, soweit ich weiß“, antwortete Ren. „Aber es gibt ein paar, die er nicht aufspüren hat können.“
„Kann ich irgendwie behilflich sein?“, fragte Zach.
Ren nickte in Richtung des Computers. „Finde die, die Storm nicht erreicht. Er hat eine Liste von allen gemacht, die noch fehlen.“
Zach grinste und ging zum Computer hinüber. „Lass uns sehen, wen der Allmächtige nicht finden kann.“
Ren sah zu, war völlig in den Bann gezogen von der völligen Veränderung seiner Persönlichkeit. Er wusste nicht, welche Seite er lieber mochte… aber er wusste, welcher er mehr vertraute.

Kapitel 4
Angelica lag auf dem Bett, ein paar Kissen gegen das Kopfbrett gelehnt und versuchte, nicht einzuschlafen… ihre neue Lieblingsbeschäftigung. Kaum, dass sie mit ihrem Koffer zurückgekommen war, wusste sie, dass Zachary vor Ren seinen kleinen Schalter umgelegt hatte, als sie den anderen Mann am Sofa sitzen und ihn anstarren sah. Zachary hatte ihr gesagt, dass sie gehen und ein Schlafzimmer suchen und schlafen sollte, also hatte sie mit der größten Freude so getan, als würde sie genau das tun wollen.
Sie war eine kurze Weile durch die langen Gänge spaziert, ehe sie per Zufall eine Tür auswählte und sie öffnete. Als sie das Innere des Zimmers sah, lächelte sie und stellte ihren Koffer auf das Bett. Der Raum war in verschiedenen violetten Tönen mit goldenen Akzenten und helleren Lilatönen gestaltet.
Das Bett war riesig, wahrscheinlich kaiserlich, ein Himmelbett mit goldenen und violetten Kissen und einer Tagesdecke. Die Laken waren lila und sie kicherte beinahe, als sie die goldenen Quasten an den Ecken sah.
Ein großer Schrank stand auf der anderen Seite des Zimmers. Als sie ihn öffnete, erwartete sie fast, dort altmodische Ballkleider zu sehen. Zu ihrer Enttäuschung war er leer. An der gegenüber liegenden Wand stand ein antiker Schminktisch mit einem großen Spiegel.
Neben dem Bett stand ein Schreibtisch mit einem Vorrat an Kugelschreibern und Papier, ebenso wie ein Zettel mit der Nachricht, dass der Anschluss für ihren Laptop an der Wand unter dem Tisch war. Angelica hätte beinahe gelacht, als sie das las, aber sie beugte sich hinunter, um nachzusehen. Und da war der Anschluss und sie kramte sofort ihren Laptop aus ihrem Koffer, um ihn anzustecken.
Von ihrer faulen Position auf dem Bett aus hatte sie einen perfekten Ausblick durch die Balkontüren auf das Mondlicht, das auf das Meer schien. Sie lächelte, denn es war ein echter Balkon.
Die meisten Leute, die sie kannten, würden denken, dass sie sich nichts aus derart mädchenhaften Dingen machte… aber alle kleinen Mädchen hatten den Traum davon, eine Prinzessin in einem Schloss zu sein, und sie war nicht anders. Sie hatte sogar gespielt, dass sie Aschenputtel oder Dornröschen war und darauf gewartet, dass ihr Prinz kam und sie mitnahm.
Zu dumm, dass sie nicht mehr an die Vorstellung eines Ritters in glänzender Rüstung glaubte, der sie vor den großen, bösen Dämonen rettete, die das Schloss umzingelten.
Mit einem Seufzen schaute Angelica hinunter auf ihre Zeichnung und fügte noch ein paar Striche hinzu, ehe sie den Bleistift wieder auf das Nachtkästchen neben ihr legte. Sie legte das Papier in ihren Schoß und hob ihre Handfläche vor ihr Gesicht, studierte das Symbol, das dort eingebrannt war. Es war keine Verbrennung oder eine Tätowierung oder Ähnliches… es war einfach nur da.
Sie hob das Bild von Syn, das sie gezeichnet hatte, wieder auf, und fügte das Symbol in die rechte untere Ecke des Blattes ein. Sie blinzelte, als die Zeichnung verschwamm und senkte sie wieder in ihren Schoß, schloss ihre Augen einen Moment lang, um das Brennen zu stoppen.
Syn erschien an Angelicas Bett, kaum dass sie eingeschlafen war. Er hatte sich still einen Weg durch das Schloss und die Stadt gebahnt und in die Gedanken von allen gesehen, die mit ihr Kontakt gehabt hatten. Er musste mehr über ihr Leben erfahren, damit er genau wusste, womit er es zu tun hatte. Bisher war die interessanteste Information aus Zacharys Kopf gekommen.
Der blonde Mann war scharf wie eine Rasierklinge, aber er versteckte diese Tatsache unter vielen Schichten. Als Hybrid hatte er auch seine eigene Macht. Zachary war als ihr Aufpasser eingeteilt worden und nahm diese Aufgabe sehr ernst. Syn wusste, dass Zachary seine Verliebtheit in Angelica schnell loswerden würde müssen… der Hybrid konnte sie nicht haben.
Zachary hatte ihre Akte gelesen, die das TEP über sie besaß, die alles von ihrer Geburt bis jetzt auflistete. Die Details waren sehr genau und als er diese Informationen aus Zacharys Gedanken saugte, wusste Syn, dass es mehrere Menschen in ihrer Vergangenheit, ihrer Kindheit genau genommen, gab, die später ein sehr unglückliches Schicksal treffen würde.
Syn schwor sich im Stillen, dass er ihre Leben auslöschen würde, ohne dass sie davon wusste. Sie würde nie wieder den Schmerz der Zurückweisung oder Gewalt in irgendeiner Form erfahren.
Syn hatte durch Zacharys Augen die Erinnerungen gesehen, wie Angelica die Monster dieser Welt bekämpfte, und wusste, dass sie von Glück sprechen konnte, dass sie noch am Leben war. Er war sicher, dass sie selbst das auch wusste, obwohl sie, mit ihrer interessanten Sichtweise, das nie zugeben würde. Sein Blick wanderte zu ihren Lippen, wusste den wahren Grund, weshalb er heute Nacht zu ihr gekommen war.
Indem er sich über sie beugte, stützte Syn seine Hände sanft zu beiden Seiten ihres Kopfes in die Kissen und ließ seine Lippen verführerisch nahe über ihren schweben. Als sie in ihrem Schlaf tief einatmete, öffnete sich sein Mund leicht und er blies sanft. Er beobachtete die silbernen Fäden der Macht, die von seinen Lippen in ihre flossen. Es war sein Versprechen… das Geschenk eines Sonnengottes, der seiner Partnerin seinen Lebensatem schenkte, um sie zu schützen. Von jetzt an würde jede Verletzung, die sie erlitt, ebenso schnell heilen, wie sie entstand… und sie würde nicht mehr altern.
Er richtete sich wieder auf und sah mit liebevollem Blick auf sie hinunter. Ihr dunkelbraunes Haar lag verworren über dem Kissen, glänzte leicht im Mondlicht. Die edlen Kissen erinnerten ihn daran, wie sie ausgesehen hatte, als er sie zum letzten Mal beim Schlafen auf ihrer Heimatwelt beobachtet hatte.
Ihre rechte Handfläche war nach oben gedreht, sodass die Markierung sichtbar war, die er dort hinterlassen hatte. Sie hatte schon ihre Wirkung gezeigt, ihre Mächte erweckt, und bald würde ihre Sehnsucht nach ihm folgen.
Er versuchte noch einmal, in ihre Gedanken zu blicken, aber ihre Fähigkeit, ihn abzuwehren war in diesem Leben ebenso stark, wie sie in der Vergangenheit gewesen war. Er fühlte, wie Eifersucht sein ganzes Sein ausfüllte, weil Zachary ihre Gedanken lesen konnte, und er nicht. Er wunderte sich darüber, aber entschied, dass es mit Vertrauen zu tun haben musste. Sie vertraute Zachary genug, um ihre Schutzschilde in seiner Gegenwart abzuschalten… er hatte vor, ihr Vertrauen ebenfalls zu gewinnen.
Wenn sie ihm je etwas gelehrt hatte, dann war es, eine obszöne Menge an Geduld zu haben, und ihm wurde klar, dass er diese gerade dabei war, zu verlieren. In diesem Moment waren ihre mentalen Schutzschilde voll intakt, aber er freute sich darauf, daran zu arbeiten und sie davon zu überzeugen, ihn wieder in sie eindringen zu lassen. Jetzt, wo sie durch seine Macht geschützt wurde, würde er alle Zeit haben, die er brauchte.
Syn setzte sich auf die Bettkante und hob den Notizblock auf, um zu sehen, woran sie gearbeitet hatte. Eine überwältigende Ruhe überkam ihn, als er sein Ebenbild auf dem Papier sah… sie suchte schon nach ihm und wusste es noch nicht einmal.
Angelica fühlte, wie sich etwas neben ihr bewegte und öffnete ihre Augen, dachte, dass es Zachary war. Nur er würde den Nerv haben, in ihr Zimmer zu kommen, wenn sie schlief.
Sie blinzelte, als sie den dunkelhaarigen Mann sah, den sie gerade gezeichnet hatte, der nun auf ihrer Bettkante saß und die Zeichnung hielt, an der sie gearbeitet hatte. Angelica reagierte instinktiv, warf sich auf ihn, ihre Hand ausgestreckt, um ihn auszutreiben, so wie sie es mit jedem anderen Dämon machen würde.
„Hallo Partnerin.“ Syn packte ihr Handgelenk, ohne von dem Bild hochzusehen und betrachtete es noch weiter, ehe er den Blick aus seinen dunklen, violetten Augen zu ihrem hob.
Angelica spannte ihren Ellbogen an, sodass ihr Arm steif wurde. Sie hob eine elegante Augenbraue und ignorierte, dass er sie Partnerin genannt hatte… Dämonen waren trügerisch.
Syn zog sie plötzlich zu ihm, sodass sie nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren, nahe, aber nicht so, dass sie einander berührten. Er ließ ihr Gesicht nie aus den Augen, als er ihre Handfläche zu seinen Lippen hob und das nun leuchtende Symbol küsste.
Angelica hielt mehrere Sekunden lang den Atem an… sie hatte das Gefühl, als würden Flammen in ihr toben, nach seiner einfachen und verführerischen Bewegung.
„Du bist ein ziemlich dummer Dämon“, sagte sie, versuchte, das Gefühl seiner Lippen auf ihrer Handfläche loszuwerden.
„Ich bin kein Dämon“, erklärte Syn. „Und deine Magie wird an mir nie funktionieren.“ Er ließ ihr Handgelenk los, als ihr Arm sich unter seinen Fingern entspannte.
Angelica zog langsam ihre Hand zurück. „Nur weil du das sagst, bedeutet das noch nicht, dass es wahr ist.“ Sie umklammerte mit ihren eigenen Fingern ihr Handgelenk, um das Gefühl seiner warmen Haut auf ihrer zu vertreiben. „Wer bist du?“
„Du darfst mich Syn nennen.“
Angelica fühlte eine Gänsehaut, die sich über ihren Rücken ausbreiteten, als sie hörte, was der Name implizierte. Sie konnte sich schon viele Arten überlegen, wie der Name zu ihm passte. „Gut, Syn, wieso bist du hier?“
„In deinem Traum… oder in deinem Bett?“, fragte Syn, der Hauch eines Lächelns streichelte seine perfekten Lippen.
Ja, sie hatte recht gehabt. Er war völlig sündhaft. Als sie sich daran erinnerte, dass all ihre anderen Träume Albträume gewesen waren, sah sich Angelica langsam im Zimmer um und blickte dann wieder auf ihn. „Ich träume nicht… ich habe deine Berührung gespürt… ich… ich habe deine Lippen auf meiner Hand gefühlt.“
„Nur weil du träumst, bedeutet das noch nicht, dass es nicht wahr ist“ imitierte Syn charmant ihre Feststellung von vorhin.
Angelicas Augen wurden schmal, als er das Bild, das sie gerade gezeichnet hatte, aus ihrem Notizbuch riss. Er rollte es sorgfältig zusammen, anstatt es zu falten und steckte es tief in die Tasche seines Mantels. Sie konnte ihren Blick nicht von seinen Händen losreißen. Sie sahen so glatt und unberührt aus… so wie Geschichtsbücher Adelige beschrieben. Schließlich schielte sie wieder hoch zu seinem Gesicht und runzelte die Stirn, als sie den Anflug eines Lächelns erkannte.
„Wieso bist du wirklich hier?“, fragte sie scharf.
„Um die Albträume abzuhalten, während du schläfst“, antwortete Syn und lehnte sich an den Bettpfosten hinter ihm. „Ruhe dich heute Nacht aus, Angelica, keine Albträume oder Dämonen werden dich im Schlaf heimsuchen.“
Angelica fuhr aus ihrem Bett hoch, als die Sonne durch die Balkontür strahlte… es war Morgen. Als sie zum Fuß des Bettes sah, lehnte sie sich nach vor und betastete die Stelle, wo Syn gesessen hatte. Es gab keine Spur, die bezeugte, dass er da gewesen war und Angelica holte tief Luft. Es war doch nur ein Traum gewesen.
Als sie ihre Beine vom Bett schwang und aufstand, hörte sie, wie etwas zu Boden fiel. Sie hob ihr Notizbuch auf und wollte es gerade schließen, als sie sich an den Traum erinnerte.
Sie öffnete das Buch wieder und blätterte es durch, dann hielt sie inne, als sie feststellte, dass die Zeichnung, die sie letzte Nacht angefertigt hatte, weg war. An ihrer Stelle fand sie eine liebevoll gefertigte Zeichnung von sich selbst, wie sie in diesem Bett schlief. Sie war ebenso detailliert wie die, die sie von ihm gemacht hatte. In der Zeichnung war ihre Hand entspannt neben ihrem Gesicht und sie bemerkte das Symbol, das er dort gezeichnet hatte. Direkt unter der Zeichnung stand das Wort ‚Syn‘ in eleganter Handschrift.

*****

Tabatha parkte ihr Auto im VIP-Bereich des Moon Dance und stieg aus. Sie zog ihr kurzes Kleid zurecht, steckte ihre Schlüssel in ihre Handtasche und ging zur Eingangstür. Sie hatte es satt, sich in der einsamen Wohnung zu verstecken und darauf zu warten, ob Kriss je zurückkommen würde. Die freudige Erregung der Menge zu sehen, besserte ihre Stimmung schon ein wenig.
Nick lächelte, als er sah, wie sie sich näherte, und nahm das Seil zur Seite, um sie vor allen anderen, die darauf warteten, eingelassen zu werden, durchzulassen. Er machte es nicht, weil die Partnerin seines Bruders ihre beste Freundin war… er machte es, denn ohne Tabatha… hätten sie Micah nicht rechtzeitig gefunden, um ihn zu retten.
Sein Blick traf ihre nackte Schulter. Das letzte Mal, wo er sie gesehen hatte… hatte eine ziemlich schlimme Wunde auf dieser Schulter geprangt, aber nun war sie völlig makellos. Scheinbar hatten sie eine heilende Fee, die durch die Stadt wanderte, denn dasselbe war auch mit Micahs Wunden geschehen.
„Wie geht es dir heute Abend?“, fragte er neugierig, als er eine Spur von Traurigkeit in ihren Augen sah.
Tabatha schenkte ihm ein leises Lächeln. „Geht schon.“
„Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du zum Fressen lecker aussiehst?“, fragte er mit funkelnden Augen. Es war die schnellste Methode, eine Frau aufzuheitern… er musste es wissen, er war jede Nacht von ihnen umgeben.
Tabatha schüttelte ihren Kopf und lächelte. „Du bist unverbesserlich.“
„Ja, bin ich“, stimmte Nick zu. „Also bedeutet das, dass ich dich heute Nacht mit nach Hause nehmen darf?“
„Keine Chance!“, erwiderte Tabatha schnell, dann grinste sie und fügte hinzu: „Außerdem, nachdem du direkt über der Tanzfläche wohnst, wäre das viel zu einfach.“
Nick legte eine Hand auf sein Herz und stolperte theatralisch rückwärts. „Tabby Kätzchen… du verletzt mich. Meine Gedanken waren völlig unschuldig.“
„Bestimmt.“ Tabatha lachte, dann zwinkerte sie ihm zu. „Aber vielleicht werde ich dich später um einen Tanz bitten.“
Nick beugte sich zu ihrem Ohr hinunter, als er ihr die Tür aufhielt. „Ich könnte darauf zurückkommen.“
Tabatha ging hinein und atmete tief durch, genoss die bekannte Atmosphäre. Ihr letztes Treffen mit Kane war schon mehrere Tage her und sie hatte noch immer kein Wort von Kriss gehört. Ihre Sorge war weg und war ersetzt worden von einer leichten Depression, von der sie wusste, dass nur Kriss sie vertreiben konnte.
Das Dröhnen der Musik hämmerte durch ihren Körper, als sie zum Geländer ging, damit sie die Tanzfläche sehen konnte. Es war schon spät in der Nacht, beinahe Mitternacht, und der Club war zum Bersten voll. Körper bewegten sich zum Rhythmus der Techno-Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte, und die Bar war fast voll. Tabatha sah sich um, fragte sich, was sie zuerst tun sollte. Sie hatte es satt, alleine zu sein, und nahm an, dass dies genau das war, was sie brauchte, um ihre Laune zu bessern.
Tabatha ging zur Bar und klatschte ihre kleine Handtasche auf die Theke. „Was muss eine Frau tun, um hier etwas zu trinken zu bekommen?“, fragte sie laut.
„Mich beißen“, rief Envy und stellte ein Glas vor sie hin. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Fräulein?“
„Ja“, sagte Tabby. „Ich muss dich noch beißen.“
„Sei vorsichtig“, sagte Envy. „Ich beiße zurück.“
Tabatha hob das Glas auf und trank die Hälfte davon auf einen Zug aus, als sie sich plötzlich an die Getränke erinnerte, die sie vor ein paar Tagen im Silk Stalkings konsumiert hatte, und an die Art, wie Kane sie wieder nüchtern geküsst hatte. Was sie am meisten nervte war, dass jedes Mal, wenn sie daran dachte, ein heißes Gefühl durch ihren Körper nach unten zu ihrem Bauch und ihren Oberschenkeln wirbelte. Sie zuckte zusammen, als sie es wieder fühlte.
Envy betrachtete Tabatha und wusste, dass etwas mit ihrer Freundin nicht in Ordnung war. Sie hatten schon zu viel gemeinsam durchgemacht, als dass Envy es nicht bemerkt hätte. Sie schenkte Tabatha ein neues Getränk ein, als sie sah, wie ihre Freundin ein leeres Glas auf die Bar stellte.
Als sie das zweite Getränk vor Tabatha schob, erkannte sie, dass Tabby nicht wirklich aufpasste, sondern sich stattdessen unruhig unter den anderen Leuten, die ihren Spaß hatten, umsah.
Kat arbeitete ein Stück von Envy entfernt und betrachtete Tabatha aus dem Augenwinkel. Sie bemerkte, dass Tabatha unruhig aussah und fragte sich, was in den letzten Tagen geschehen war, was diese Unruhe hervorrief. Sie griff nach einer Flasche Heat, traf Envys Blick und zeigte auf die Flasche, ehe sie mit ihrem Kopf Richtung Tabatha nickte.
Envy schielte hinüber zu ihrer Freundin, ehe sie Kat zustimmend zunickte. Kat bereitete ein weiteres Getränk zu und goss ein Bisschen von dem starken Alkohol in die Mischung, ehe sie das Glas an Envy weitergab.
„Danke“, sagte Envy und trug das Getränk zu Tabatha. „Hier hast du, Tabby, das geht aufs Haus.“
Tabatha schaute auf das Glas hinunter und lächelte. „Danke!“
„Also“, begann Envy und lehnte sich an die Theke. „Wieso so missmutig?“
„Nicht so wichtig, schätze ich“, antwortete Tabatha.
„Ja, klar“, rief Kat und kam näher. „Wenn dein Gesicht noch länger wäre, wäre dein Kinn noch zu Hause vor dem Fernseher.“
„Ich bin nur sauer auf Kriss“, sagte Tabatha nach ein paar Sekunden. Wenn sie es ihrer besten Freundin nicht erzählen konnte, dann konnte sie gleich nach Hause gehen und dort bleiben. „Er war noch nie so lange weg, ohne anzurufen. Er hat vor ein paar Tagen seine Arbeit im Silk Stalkings gekündigt und seither hat ihn niemand mehr gesehen.“ Sie erzählte nicht, dass sie das Gefühl hatte, als wäre sie sitzengelassen worden… ihre Brust schmerzte schon seit Tagen durchgehend.
Kat nahm eine Serviette von hinter der Bar und hielt sie Tabatha hin, als Tränen zu fallen begannen. Wenn sie es nicht besser wüsste, hätte sie geschworen, dass dies die Reaktion einer Liebhaberin war, deren Herz gebrochen worden war. Envy hatte ihr gesagt, dass Kriss schwul war, aber Kat fragte sich, ob etwas zwischen Kriss und Tabatha gelaufen war, von dem Envy nicht wusste.
„Wieso ist er gegangen, ohne sich zu verabschieden?“, fragte Tabatha leise und tupfte mit der Serviette die Feuchtigkeit von ihren Wangen. Die Wut half ihr, mit dem Weinen aufzuhören… sie hasste Weinen. „Ich dachte, dass ich zumindest einen Abschied verdienen würde.“
Envy presste ihre Lippen aufeinander… Kriss würde so etwas nie ohne guten Grund tun. Himmel, sie wusste, dass Kriss Tabatha liebte, aber er liebte auch Dean. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten auf der Bar, als ihr klar wurde, weshalb Kriss sich von ihr fernhielt… Dean.
„Ich bin sicher, dass er zurückkommen wird“, sagte Kat. „Du bist eine gute Freundin und verdienst es, die Wahrheit zu hören.“ Sie schielte hinüber zu Envy. „Nicht wahr?“
„Ganz genau“, sagte Envy und schob ihre Wut zurück in ihre Magengrube. „Weißt du, was wir tun sollten? Das Federtier finden und ihn auf einen Ameisenhaufen binden, nachdem wir ihn mit Honig eingeschmiert haben, und ihn dann dort lassen. Dann wird er lernen, dass er nächstes Mal besser anrufen sollte.“
Tabatha hob ihre Augenbrauen über die Rothaarige. „Okay.“
„Oh, oh“, sagte Kat aufgeregt. „Noch besser, wir werden ihn ausziehen und ihn zusammenschnüren wie einen Truthahn, dann lassen wir ihn bei der Biker-Bar am anderen Ende der Stadt. Einige dieser Typen sind richtig beängstigend.“
Envy schüttelte ihren Kopf. „Nein, das würde ihm auch noch gefallen.“
„Ich hab‘s!“, rief Kat, als sie sah, dass Tabathas Lippe bei ihren Witzen zu zucken begann. „Wir schlagen ihn k.o. und halten ihn in Tabathas Schlafzimmer gefangen und geben ihm nur Brot und Wasser, bis er verspricht, für alle Ewigkeit Tabathas Sexsklave zu sein.“
Envy legte ihren Kopf zur Seite und lächelte. „Na, diese Idee gefällt mir.“
„Ich habe eine Frage für euch, zu einem anderen Thema“, sagte Tabatha und zog damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. „Was wisst ihr über Kane?“
Kat zuckte die Schultern. „Er ist ein Vampir, höllisch sexy und mit einem großartigen Sinn für Humor.“
Die drei Frauen begannen zu lachen, aber hielten inne, als Devon hinter Envy auftauchte und einen Arm um ihre Hüfte legte.
„Ich werde dir höllisch sexy zeigen… tanz mit mir“, flüsterte Devon laut genug, sodass die anderen Frauen es hören konnten.
Envy grinste ihre Freundinnen an, ehe sie sich von Devon von der Bar weg und hinunter zur Tanzfläche führen ließ. Sie konnten die Menge jubeln hören, als sich die Tür des Käfigs schloss und Tabatha lächelte.
Tabatha stand auf, ging hinüber zum Geländer und sah hinunter auf Envy und Devon, wie sie im Käfig tanzten. Sie konnte sehen, wie sich ihre Lippen bewegten, aber konnte nur raten, worüber sie redeten.
Envy lehnte sich zurück, ihre Arme über ihrem Kopf und hielt sie sich an den Käfigstangen fest. Devon hatte ihre Beine um seine Hüfte geschlungen und rieb sich an ihr. Eine Hand lag auf ihrem Hinterteil, hielt sie hoch, während die andere Hand auf ihren Rippen lag, direkt unter ihrer Brust… drohte, sie zu berühren, aber es nicht wirklich tat.
Devon grinste und zog Envy von den Stangen weg, fing sie auf, ehe sie nach hinten fallen konnte, und stellte sie auf ihre Füße. Er wirbelte sie schnell herum, sodass ihr Rücken an seine Brust gedrückt wurde, seine Hände glitten über ihre Rippen nach oben, ergriffen die Unterseite ihrer Brust, neckten sie.

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Blutsbande Amy Blankenship

Amy Blankenship

Тип: электронная книга

Жанр: Ужасы

Язык: на немецком языке

Издательство: TEKTIME S.R.L.S. UNIPERSONALE

Дата публикации: 16.04.2024

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О книге: Als der Blutszauber gebrochen war, grub Kane sich aus dem Boden hervor und suchte nach der Seelenfreundin, die ihn befreit hatte, aber erkannte, dass sie verschwunden war. Mit nichts mehr zu verlieren und voller Rachegelüste begann er einen Krieg. Das Letzte, was er erwartete, war, die Seelenfreundin, die ihm immer wieder aus den Fingern entwischte, mitten im Weg der Zerstörung, die er verursacht hatte. Er wird schnell von ihr besessen, beobachtet sie, wenn sie nicht aufpasst, hört zu, wenn er nicht eingeladen ist und verfolgt jede ihrer Bewegungen… und die Dämonin, die ihn heimsucht, weiß, dass sie seine Schwäche ist. Um sie zu beschützen schwört Kane, dass er sie ihn hassen lassen würde, selbst wenn er sich auf die Seite der Dämonen schlagen muss, um das zu erreichen. Aber wie kann er sie vor dem größten aller Feinde beschützen, wenn er selbst dieser Feind ist?

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