Фауст. Трагедия / Faust. Eine Tragödie

Фауст. Трагедия / Faust. Eine Trag?die
Иоганн Вольфганг Гёте


Bilingua подарочная: иллюстрированная книга на языке оригинала с переводом
Средневековый алхимик и чернокнижник доктор Фауст продал душу дьяволу в погоне за знаниями и удовольствиями – таков сюжет немецкой легенды, которую Гёте положил в основу трагедии «Фауст». Его трагедия – о силе человеческого духа, стремлении постигнуть тайны мироздания, ошибках на жизненном пути, сомнениях и неустанных поисках вопреки всем трудностям. Гёте создал многогранное произведение, в котором переплетаются Античность, Средневековье и Новое время, сталкиваются разные взгляды на место человека в мире, ведутся споры о развитии искусства, поднимаются философские и религиозные вопросы, поэтому каждый найдет в «Фаусте» то, что будет ему интересно.

В настоящем издании представлен перевод Н. А. Холодковского, отмеченный Пушкинской премией, в сопровождении утонченных иллюстраций австрийского художника Франца Ксавье Симма.

Для удобства чтения каждая строфа на русском языке расположена напротив соответствующей строфы на немецком. Параллельный текст позволит без труда сравнивать текст оригинала с переводом, обращать внимание на трудности, с которым сталкивался переводчик, и отмечать наиболее точно переведенные фрагменты (в пдф-варианте).

Лента ляссе, утонченное оформление и обложка с серебряным тиснением добавляют книге изысканность и привлекательность. Ее можно приобрести не только для своей коллекции, но и в качестве подарка дорогим и близким людям.

В формате PDF A4 сохранен издательский макет книги.





Иоганн Вольфганг фон Гёте

Фауст. Трагедия / Faust. Eine Trag?die



Johann Wolfgang von Goethe

Faust. Eine Trag?die


* * *

© ООО «Издательство АСТ», 2022




Faust

Eine Trag?die











Zueignung


Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten!
Die fr?h sich einst dem tr?ben Blick gezeigt.
Versuch’ ich wohl euch diesmal fest zu halten?
F?hl’ ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
Ihr dr?ngt euch zu! nun gut, so m?gt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen f?hlt sich jugendlich ersch?ttert
Vom Zauberhauch der euren Zug umwittert.

Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,
Und manche liebe Schatten steigen auf;
Gleich einer alten, halbverklungnen Sage,
Kommt erste Lieb’ und Freundschaft mit herauf;
Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,
Und nennt die Guten, die, um sch?ne Stunden
Vom Gl?ck get?uscht, vor mir hinweggeschwunden.

Sie h?ren nicht die folgenden Ges?nge,
Die Seelen, denen ich die ersten sang,
Zerstoben ist das freundliche Gedr?nge,
Verklungen ach! der erste Wiederklang.
Mein Leid ert?nt der unbekannten Menge,
Ihr Beyfall selbst macht meinem Herzen bang,
Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.

Und mich ergreift ein l?ngst entw?hntes Sehnen
Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
Es schwebet nun, in unbestimmten T?nen,
Mein lispelnd Lied, der Aeolsharfe gleich,
Ein Schauer fa?t mich, Thr?ne folgt den Thr?nen,
Das strenge Herz es f?hlt sich mild und weich;
Was ich besitze seh’ ich wie im weiten,
Und was verschwand wird mir zu Wirklichkeiten.




Vorspiel auf dem Theater


Director, Theaterdichter, Lustige Person.


Director

Ihr beyden die ihr mir so oft,
In Noth und Tr?bsal, beygestanden,
Sagt was ihr wohl, in deutschen Landen,
Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich w?nschte sehr der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben l??t.
Die Pfosten sind, die Breter aufgeschlagen,
Und jedermann erwartet sich ein Fest.
Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,
Gelassen da und m?chten gern erstaunen.
Ich wei? wie man den Geist des Volks vers?hnt;
Doch so verlegen bin ich nie gewesen;
Zwar sind sie an das Beste nicht gew?hnt,
Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir’s? da? alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gef?llig sey.
Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,
Wenn sich der Strom nach unsrer Bude dr?ngt,
Und mit gewaltig wiederholten Wehen,
Sich durch die enge Gnadenpforte zw?ngt;
Bey hellem Tage, schon vor Vieren,
Mit St??en sich bis an die Kasse ficht
Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerth?ren,
Um ein Billet sich fast die H?lse bricht.
Die? Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.


Dichter

O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.
Verh?lle mir das wogende Gedr?nge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, f?hre mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude bl?ht;
Wo Lieb’ und Freundschaft unsres Herzens Segen
Mit G?tterhand erschaffen und erpflegen.
Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,
Was sich die Lippe sch?chtern vorgelallt,
Mi?rathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.
Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen
Erscheint es in vollendeter Gestalt.
Was gl?nzt ist f?r den Augenblick geboren,
Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.


Lustige Person

Wenn ich nur nichts von Nachwelt h?ren sollte.
Gesetzt da? ich von Nachwelt reden wollte,
Wer machte denn der Mitwelt Spa??
Den will sie doch und soll ihn haben.
Die Gegenwart von einem braven Knaben
Ist, d?cht’ ich, immer auch schon was.
Wer sich behaglich mitzutheilen wei?,
Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
Er w?nscht sich einen gro?en Kreis,
Um ihn gewisser zu ersch?ttern.
Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft,
La?t Phantasie, mit allen ihren Ch?ren,
Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit h?ren.


Director

Besonders aber la?t genug geschehn!
Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
So da? die Menge staunend gaffen kann,
Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,
Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.
Die Masse k?nnt ihr nur durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
Gebt ihr ein St?ck, so gebt es gleich in St?cken!
Solch ein Ragout es mu? euch gl?cken;
Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
Was hilft’s wenn ihr ein Ganzes dargebracht,
Das Publikum wird es euch doch zerpfl?cken.


Dichter

Ihr f?hlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey!
Wie wenig das den ?chten K?nstler zieme!
Der saubern Herren Pfuscherey
Ist, merk’ ich, schon bey euch Maxime.


Director

Ein solcher Vorwurf l??t mich ungekr?nkt;
Ein Mann, der recht zu wirken denkt,
Mu? auf das beste Werkzeug halten.
Bedenkt, ihr habet weiches Holz zu spalten,
Und seht nur hin f?r wen ihr schreibt!
Wenn diesen Langeweile treibt,
Kommt jener satt vom ?bertischten Mahle,
Und, was das allerschlimmste bleibt,
Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
Und Neugier nur befl?gelt jeden Schritt;
Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
Und spielen ohne Gage mit.
Was tr?umet ihr auf eurer Dichter-H?he?
Was macht ein volles Haus euch froh?
Beseht die G?nner in der N?he!
Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
Was plagt ihr armen Thoren viel,
Zu solchem Zweck, die holden Musen?
Ich sag’ euch, gebt nur mehr, und immer, immer mehr,
So k?nnt ihr euch vom Ziele nie verirren,
Sucht nur die Menschen zu verwirren,
Sie zu befriedigen ist schwer —
Was f?llt euch an? Entz?ckung oder Schmerzen?


Dichter

Geh hin und such dir einen andern Knecht!
Der Dichter sollte wohl das h?chste Recht,
Das Menschenrecht, das ihm Natur verg?nnt,
Um deinetwillen freventlich verscherzen!
Wodurch bewegt er alle Herzen?
Wodurch besiegt er jedes Element?
Ist es der Einklang nicht? der aus dem Busen dringt,
Und in sein Herz die Welt zur?cke schlingt.
Wenn die Natur des Fadens ew’ge L?nge,
Gleichg?ltig drehend, auf die Spindel zwingt,
Wenn aller Wesen unharmon’sche Menge

Verdrie?lich durch einander klingt;
Wer theilt die flie?end immer gleiche Reihe
Belebend ab, da? sie sich rythmisch regt?
Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe?
Wo es in herrlichen Accorden schl?gt,
Wer l??t den Sturm zu Leidenschaften w?then?
Das Abendroth im ernsten Sinne gl?hn?
Wer sch?ttet alle sch?nen Fr?hlingsbl?ten
Auf der Geliebten Pfade hin?
Wer flicht die unbedeutend gr?nen Bl?tter
Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?
Wer sichert den Olymp? vereinet G?tter?
Des Menschen Kraft im Dichter offenbart.


Lustige Person

So braucht sie denn die sch?nen Kr?fte
Und treibt die dicht’rischen Gesch?fte,
Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
Zuf?llig naht man sich, man f?hlt, man bleibt
Und nach und nach wird man verflochten;
Es w?chst das Gl?ck, dann wird es angefochten,
Man ist entz?ckt, nun kommt der Schmerz
heran,
Und eh man sich’s versieht ist’s eben ein
Roman.
La?t uns auch so ein Schauspiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt,
Und wo ihr’s packt, da ist’s interessant.
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrthum und ein F?nkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend sch?nste
Bl?te
Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
Dann sauget jedes z?rtliche Gem?the
Aus eurem Werk sich melanchol’sche
Nahrung;
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen tr?gt.
Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,
Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,
Ein Werdender wird immer dankbar seyn.


Dichter

So gieb mir auch die Zeiten wieder,
Da ich noch selbst im Werden war,
Da sich ein Quell gedr?ngter Lieder
Ununterbrochen neu gebar,
Da Nebel mir die Welt verh?llten,
Die Knospe Wunder noch versprach,
Da ich die tausend Blumen brach,
Die alle Th?ler reichlich f?llten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die
Lust am Trug.
Gieb ungeb?ndigt jene Triebe,
Das tiefe schmerzenvolle Gl?ck,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zur?ck!


Lustige Person

Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde dr?ngen,
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebste M?dchen h?ngen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
Die N?chte schmausend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem selbgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
Und wir verehren euch darum nicht minder.
Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
Es findet uns nur noch als wahre Kinder.


Director

Der Worte sind genug gewechselt,
La?t mich auch endlich Thaten sehn;
Inde? ihr Complimente drechselt,
Kann etwas n?tzliches geschehn.
Was hilft es viel von Stimmung reden?
Dem Zaudernden erscheint sie nie.
Gebt ihr euch einmal f?r Poeten,
So kommandirt die Poesie.
Euch ist bekannt was wir bed?rfen,
Wir wollen stark Getr?nke schl?rfen;
Nun braut mir unverz?glich dran!
Was heute nicht geschieht, ist Morgen nicht gethan,
Und keinen Tag soll man verpassen,
Das M?gliche soll der Entschlu?
Beherzt sogleich beym Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
Und wirket weiter, weil er mu?.
Ihr wi?t, auf unsern deutschen B?hnen
Probirt ein jeder was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospecte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das gro?’ und kleine Himmelslicht,
Die Sterne d?rfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenw?nden,
An Thier und V?geln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Breterhaus
Den ganzen Kreis der Sch?pfung aus,
Und wandelt, mit bed?chtger Schnelle,
Vom Himmel, durch die Welt, zur H?lle.




Prolog im Himmel


Der Herr, die himmlischen Heerscharen, nachher Mephistopheles. Die drey Erzengel treten vor.


Raphael

Die Sonne t?nt, nach alter Weise,
In Brudersph?ren Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick giebt den Engeln St?rke,
Wenn keiner sie ergr?nden mag.
Die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.


Gabriel

Und schnell und unbegreiflich schnelle
Dreht sich umher der Erde Pracht;
Es wechselt Paradieses-Helle
Mit tiefer schauervoller Nacht;
Es sch?umt das Meer in breiten Fl?ssen
Am tiefen Grund der Felsen auf,
Und Fels und Meer wird fortgerissen
In ewig schnellem Sph?renlauf.


Michael

Und St?rme brausen um die Wette
Vom Meer aufs Land vom Land aufs Meer,
Und bilden w?thend eine Kette
Der tiefsten Wirkung rings umher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
Dem Pfade vor des Donnerschlags.
Doch deine Boten, Herr, verehren
Das sanfte Wandeln deines Tags.


Zu Drey

Der Anblick giebt den Engeln St?rke
Da keiner dich ergr?nden mag,
Und alle deine hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.


Mephistopheles

Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
Und fragst wie alles sich bey uns befinde,
Und du mich sonst gew?hnlich gerne sahst;
So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,
Und wenn mich auch der ganze Kreis verh?hnt;
Mein Pathos br?chte dich gewi? zum lachen,
H?ttst du dir nicht das Lachen abgew?hnt.
Von Sonn’ und Welten wei? ich nichts zu sagen,
Ich sehe nur wie sich die Menschen plagen.
Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
Ein wenig besser w?rd’ er leben,
H?ttst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
Er nennts Vernunft und braucht’s allein
Nur thierischer als jedes Thier zu seyn.
Er scheint mir, mit Verlaub von Ew. Gnaden,
Wie eine der langbeinigen Cicaden,
Die immer fliegt und fliegend springt
Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;
Und l?g’ er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begr?bt er seine Nase.


Der Herr

Hast du mir weiter nichts zu sagen?
Kommst du nur immer anzuklagen?
Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?


Mephistopheles

Nein Herr! ich find’ es dort, wie immer, herzlich schlecht.
Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,
Ich mag sogar die Armen selbst nicht plagen.


Der Herr

Kennst du den Faust?


Mephistopheles

Den Doctor?


Der Herr

Meinen Knecht!


Mephistopheles

F?rwahr! er dient euch auf besondre Weise.
Nicht irdisch ist des Thoren Trank noch Speise.
Ihn treibt die G?hrung in die Ferne,
Er ist sich seiner Tollheit halb bewu?t;
Vom Himmel fordert er die sch?nsten Sterne,
Und von der Erde jede h?chste Lust,
Und alle N?h’ und alle Ferne
Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust.


Der Herr

Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient;
So werd’ ich ihn bald in die Klarheit f?hren.
Wei? doch der G?rtner, wenn das B?umchen gr?nt,
Da? Bl?t’ und Frucht die k?nft’gen Jahre zieren.


Mephistopheles

Was wettet ihr? den sollt ihr noch verlieren!
Wenn ihr mir die Erlaubni? gebt
Ihn meine Stra?e sacht zu f?hren.


Der Herr

So lang’ er auf der Erde lebt,
So lange sey dir’s nicht verboten.
Es irrt der Mensch so lang er strebt.


Mephistopheles

Da dank’ ich euch; denn mit den Todten
Hab’ ich mich niemals gern befangen.
An meisten lieb’ ich mir die vollen frischen Wangen.
F?r einen Leichnam bin ich nicht zu Haus;
Mir geht es wie der Katze mit der Maus.


Der Herr

Nun gut, es sey dir ?berlassen!
Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,
Und f?hr’ ihn, kannst du ihn erfassen,
Auf deinem Wege mit herab,
Und steh’ besch?mt, wenn du bekennen mu?t:
Ein guter Mensch, in seinem dunkeln Drange,
Ist sich des rechten Weges wohl bewu?t.


Mephistopheles

Schon gut! nur dauert es nicht lange.
Mir ist f?r meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange,
Erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust.
Staub soll er fressen, und mit Lust,
Wie meine Muhme, die ber?hmte Schlange.


Der Herr

Du darfst auch da nur frey erscheinen;
Ich habe deines gleichen nie geha?t.
Von allen Geistern die verneinen
Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.
Des Menschen Th?tigkeit kann allzuleicht erschlaffen,
Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;
Drum geb’ ich gern ihm den Gesellen zu,
Der reizt und wirkt, und mu?, als Teufel, schaffen.
Doch ihr, die ?chten G?tters?hne,
Erfreut euch der lebendig reichen Sch?ne!
Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
Umfa?’ euch mit der Liebe holden Schranken,
Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
Befestiget mit dauernden Gedanken.

Der Himmel schlie?t, die Erzengel vertheilen sich.


Mephistopheles


allein.

Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten gern,
Und h?te mich mit ihm zu brechen.
Es ist gar h?bsch von einem gro?en Herrn
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.




Erster Theil











Nacht


In einem hochgew?lbten, engen, gothischen Zimmer Faust unruhig auf seinem Sessel am Pulte.


Faust

Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerey und Medicin,
Und leider auch Theologie!
Durchaus studirt, mit hei?em Bem?hn.
Da steh’ ich nun, ich armer Thor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Hei?e Magister, hei?e Doctor gar,
Und ziehe schon an die zehen Jahr,
Herauf, herab und quer und krumm,
Meine Sch?ler an der Nase herum —
Und sehe, da? wir nichts wissen k?nnen!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheidter als alle die Laffen,
Doctoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,
F?rchte mich weder vor H?lle noch Teufel —
Daf?r ist mir auch alle Freud’ entrissen,
Bilde mir nicht ein was rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich k?nnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab’ ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr’ und Herrlichkeit der Welt.
Es m?chte kein Hund so l?nger leben!
Drum hab’ ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimni? w?rde kund;
Da? ich nicht mehr mit sauerm Schwei?,
Zu sagen brauche, was ich nicht wei?;
Da? ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenh?lt,
Schau’ alle Wirkenskraft und Samen,
Und thu’ nicht mehr in Worten kramen.
O s?hst du, voller Mondenschein,
Zum letztenmal auf meine Pein,
Den ich so manche Mitternacht
An diesem Pult herangewacht:
Dann ?ber B?chern und Papier,
Tr?bsel’ger Freund, erschienst du mir!
Ach! k?nnt’ ich doch auf Berges-H?h’n,
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergesh?le mit Geistern schweben,
Auf Wiesen in deinem D?mmer weben,
Von allem Wissensqualm entladen,
In deinem Thau gesund mich baden!

Weh! steck’ ich in dem Kerker noch?
Verfluchtes, dumpfes Mauerloch!
Wo selbst das liebe Himmelslicht
Tr?b’ durch gemahlte Scheiben bricht.
Beschr?nkt mit diesem B?cherhauf,
Den W?rme nagen, Staub bedeckt,
Den, bis an’s hohe Gew?lb’ hinauf,
Ein angeraucht Papier umsteckt;
Mit Gl?sern, B?chsen rings umstellt,
Mit Instrumenten vollgepfropft,
Urv?ter Hausrath drein gestopft —
Das ist deine Welt! das hei?t eine Welt!

Und fragst du noch, warum dein Herz
Sich bang’ in deinem Busen klemmt?
Warum ein unerkl?rter Schmerz
Dir alle Lebensregung hemmt?
Statt der lebendigen Natur,
Da Gott die Menschen schuf hinein,
Umgiebt in Rauch und Moder nur
Dich Thiergeripp’ und Todtenbein.

Flieh! auf! hinaus ins weite Land!
Und die? geheimni?volle Buch,
Von Nostradamus eigner Hand,
Ist dir es nicht Geleit genug?
Erkennest dann der Sterne Lauf,
Und wenn Natur dich unterweist,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
Wie spricht ein Geist zum andern Geist.
Umsonst, da? trocknes Sinnen hier
Die heil’gen Zeichen dir erkl?rt,
Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir,
Antwortet mir, wenn ihr mich h?rt!

Er schl?gt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus.

Ha! welche Wonne flie?t in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich f?hle junges, heil’ges Lebensgl?ck
Neugl?hend mir durch Nerv’ und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb?
Die mir das innre Toben stillen,
Das arme Herz mit Freude f?llen,
Und mit geheimni?vollem Trieb,
Die Kr?fte der Natur rings um mich her enth?llen.
Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!
Ich schau’ in diesen reinen Z?gen
Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn’ ich was der Weise spricht:
«Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;
«Dein Sinn ist zu, dein Herz ist todt!
«Auf bade, Sch?ler, unverdrossen,
«Die ird’sche Brust im Morgenroth!«

Er beschaut das Zeichen.

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!
Wie Himmelskr?fte auf und nieder steigen
Und sich die goldnen Eimer reichen!
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all’ das All durchklingen!

Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!
Wo fa?’ ich dich, unendliche Natur?
Euch Br?ste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,
An denen Himmel und Erde h?ngt,
Dahin die welke Brust sich dr?ngt —
Ihr quellt, ihr tr?nkt, und schmacht’ ich so vergebens?

Er schl?gt unwillig das Buch um, und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.

Wie anders wirkt die? Zeichen auf mich ein!
Du, Geist der Erde, bist mir n?her;
Schon f?hl’ ich meine Kr?fte h?her,
Schon gl?h’ ich wie von neuem Wein,
Ich f?hle Muth, mich in die Welt zu wagen,
Der Erde Weh, der Erde Gl?ck zu tragen,
Mit St?rmen mich herumzuschlagen,
Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen,
Es w?lkt sich ?ber mir —
Der Mond verbirgt sein Licht —
Die Lampe schwindet!
Es dampft! – Es zucken rothe Strahlen
Mir um das Haupt – Es weht
Ein Schauer vom Gew?lb’ herab
Und fa?t mich an!
Ich f?hl’s, du schwebst um mich, erflehter Geist.
Enth?lle dich!
Ha! wie’s in meinem Herzen rei?t!
Zu neuen Gef?hlen
All’ meine Sinnen sich erw?hlen!
Ich f?hle ganz mein Herz dir hingegeben!
Du mu?t! du mu?t! und kostet’ es mein Leben!

Er fa?t das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimni?voll aus. Es zuckt eine r?thliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.


Geist

Wer ruft mir?


Faust abgewendet

Schreckliches Gesicht!


Geist

Du hast mich m?chtig angezogen,
An meiner Sph?re lang’ gesogen,
Und nun —


Faust

Weh! ich ertrag’ dich nicht!


Geist

Du flehst erathmend mich zu schauen,
Meine Stimme zu h?ren, mein Antlitz zu sehn,
Mich neigt dein m?chtig Seelenflehn,
Da bin ich! – Welch erb?rmlich Grauen
Fa?t Uebermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?
Wo ist die Brust? die eine Welt in sich erschuf,
Und trug und hegte; die mit Freudebeben
Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben.
Wo bist du, Faust? de? Stimme mir erklang,
Der sich an mich mit allen Kr?ften drang?
Bist Du es? der, von meinem Hauch umwittert,
In allen Lebenstiefen zittert,
Ein furchtsam weggekr?mmter Wurm!


Faust

Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?
Ich bin’s, bin Faust, bin deines gleichen!


Geist

In Lebensfluthen, im Thatensturm
Wall’ ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein gl?hend Leben,
So schaff’ ich am sausenden Webstuhl der Zeit,
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.


Faust

Der du die weite Welt umschweifst,
Gesch?ftiger Geist, wie nah f?hl’ ich mich dir!


Geist

Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
Nicht mir!

Verschwindet.


Faust zusammenst?rzend

Nicht dir!
Wem denn?
Ich Ebenbild der Gottheit!
Und nicht einmal dir!

Es klopft.

O Tod! ich kenn’s – das ist mein Famulus —
Es wird mein sch?nstes Gl?ck zu nichte!
Da? diese F?lle der Gesichte
Der trockne Schleicher st?ren mu?!

Wagner im Schlafrocke und der Nachtm?tze, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.







Wagner

Verzeiht! ich h?r’ euch declamiren;
Ihr las’t gewi? ein griechisch Trauerspiel?
In dieser Kunst m?cht’ ich ’was profitiren,
Denn heut zu Tage wirkt das viel.
Ich hab’ es ?fters r?hmen h?ren,
Ein Kom?diant k?nnt’ einen Pfarrer lehren.


Faust

Ja, wenn der Pfarrer ein Kom?diant ist;
Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag.


Wagner

Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,
Und sieht die Welt kaum einen Feyertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,
Wie soll man sie durch Ueberredung leiten?


Faust

Wenn ihr’s nicht f?hlt, ihr werdet’s
nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt,
Und mit urkr?ftigem Behagen
Die Herzen aller H?rer zwingt.
Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen,
Braut ein Ragout von andrer Schmaus,
Und blas’t die k?mmerlichen Flammen
Aus eurem Aschenh?ufchen ’raus!
Bewund’rung von Kindern und Affen,
Wenn euch darnach der Gaumen steht;
Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
Wenn es euch nicht von Herzen geht.


Wagner

Allein der Vortrag macht des Redners Gl?ck;
Ich f?hl’ es wohl, noch bin ich weit zur?ck.


Faust

Such’ Er den redlichen Gewinn!
Sey er kein schellenlauter Thor!
Es tr?gt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor;
Und wenn’s euch Ernst ist was zu sagen,
Ist’s n?thig Worten nachzujagen?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kr?uselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die d?rren Bl?tter s?uselt!


Wagner

Ach Gott! die Kunst ist lang;
Und kurz ist unser Leben.
Mir wird, bey meinem kritischen Bestreben,
Doch oft um Kopf und Busen bang’.
Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt!
Und eh’ man nur den halben Weg erreicht,
Mu? wohl ein armer Teufel sterben.


Faust

Das Pergament, ist das der heilge Bronnen,
Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt?
Erquickung hast du nicht gewonnen,
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.


Wagner

Verzeiht! es ist ein gro? Ergetzen,
Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen;
Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
Und wie wir’s dann zuletzt so herrlich weit gebracht.


Faust

O ja, bis an die Sterne weit!
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.
Was ihr den Geist der Zeiten hei?t,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
Da ist’s dann wahrlich oft ein Jammer!
Man l?uft euch bey dem ersten Blick davon.
Ein Kehrichtfa? und eine Rumpelkammer,
Und h?chstens eine Haupt- und Staatsaction,
Mit trefflichen, pragmatischen Maximen,
Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen!


Wagner

Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!
M?cht’ jeglicher doch was davon erkennen.


Faust

Ja was man so erkennen hei?t!

Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die th?richt g’nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem P?bel ihr Gef?hl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreutzigt und verbrannt.
Ich bitt’ euch, Freund, es ist tief in der Nacht,
Wir m?ssen’s die?mal unterbrechen.


Wagner

Ich h?tte gern nur immer fortgewacht,
Um so gelehrt mit euch mich zu besprechen.
Doch Morgen, als am ersten Ostertage,
Erlaubt mir ein’ und andre Frage.
Mit Eifer hab’ ich mich der Studien beflissen,
Zwar wei? ich viel, doch m?cht’ ich alles wissen.

ab.


Faust allein

Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier’ger Hand nach Sch?tzen gr?bt,
Und froh ist, wenn er Regenw?rmer findet!
Darf eine solche Menschenstimme hier,
Wo Geisterf?lle mich umgab, ert?nen?
Doch ach! f?r die?mal dank’ ich dir,
Dem ?rmlichsten von allen Erdens?hnen.
Du rissest mich von der Verzweiflung los,
Die mir die Sinne schon zerst?ren wollte.
Ach! die Erscheinung war so Riesen-gro?,
Da? ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.
Ich, Ebenbild der Gottheit, das sich schon
Ganz nah ged?nkt dem Spiegel ew’ger Wahrheit,
Sein selbst geno?, in Himmelsglanz und Klarheit,
Und abgestreift den Erdensohn;
Ich, mehr als Cherub, dessen freye Kraft
Schon durch die Adern der Natur zu flie?en
Und, schaffend, G?tterleben zu genie?en
Sich ahndungsvoll verma?, wie mu? ich’s b??en!
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.
Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen.
Hab’ ich die Kraft dich anzuziehn besessen;
So hatt’ ich dich zu halten keine Kraft.
In jenem sel’gen Augenblicke
Ich f?hlte mich so klein, so gro?,
Du stie?est grausam mich zur?cke,
Ins ungewisse Menschenloos.
Wer lehret mich? was soll ich meiden?
Soll ich gehorchen jenem Drang?
Ach! unsre Thaten selbst, so gut als unsre Leiden,
Sie hemmen unsres Lebens Gang.
Dem herrlichsten, was auch der Geist empfangen,
Dr?ngt immer fremd und fremder Stoff sich an;
Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
Dann hei?t das Be?re Trug und Wahn.
Die uns das Leben gaben, herrliche Gef?hle
Erstarren in dem irdischen Gew?hle.
Wenn Phantasie sich sonst, mit k?hnem Flug,
Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
So ist ein kleiner Raum ihr nun genug,
Wenn Gl?ck auf Gl?ck im Zeitenstrudel scheitert.
Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
Dort wirket sie geheime Schmerzen,
Unruhig wiegt sie sich und st?ret Lust und Ruh;
Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,
Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,
Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;
Du bebst vor allem was nicht trifft,
Und was du nie verlierst das mu?t du stets beweinen.
Den G?ttern gleich’ ich nicht! zu tief ist es gef?hlt;
Dem Wurme gleich’ ich, der den Staub durchw?hlt;
Den, wie er sich im Staube n?hrend lebt,
Des Wandrers Tritt vernichtet und begr?bt.
Ist es nicht Staub? was diese hohe Wand,
Aus hundert F?chern, mir verenget;
Der Tr?del, der mit tausendfachem Tand,
In dieser Mottenwelt mich dr?nget?
Hier soll ich finden was mir fehlt?
Soll ich vielleicht in tausend B?chern lesen,
Da? ?berall die Menschen sich gequ?lt,
Da? hie und da ein Gl?cklicher gewesen? —
Was grinsest du mir hohler Sch?del her?
Als da? dein Hirn, wie meines, einst verwirret,
Den leichten Tag gesucht und in der D?mmrung schwer,
Mit Lust nach Wahrheit, j?mmerlich geirret.
Ihr Instrumente freylich, spottet mein,
Mit Rad und K?mmen, Walz’ und B?gel.
Ich stand am Thor, ihr solltet Schl?ssel seyn;
Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
Geheimni?voll am lichten Tag
L??t sich Natur des Schleyers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.
Du alt Ger?the das ich nicht gebraucht,
Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.
Du alte Rolle, du wirst angeraucht,
So lang an diesem Pult die tr?be Lampe schmauchte.
Weit besser h?tt’ ich doch mein weniges verpra?t,
Als mit dem wenigen belastet hier zu schwitzen!
Was du ererbt von deinen V?tern hast
Erwirb es, um es zu besitzen.
Was man nicht n?tzt ist eine schwere Last,
Nur was der Augenblick erschafft, das kann er n?tzen.
Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?
Ist jenes Fl?schchen dort den Augen ein Magnet?
Warum wird mir auf einmal lieblich helle?
Als wenn im n?cht’gen Wald uns Mondenglanz umweht.
Ich gr??e dich, du einzige Phiole!
Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr’ ich Menschenwitz und Kunst.
Du Inbegriff der holden Schlummers?fte,
Du Auszug aller t?dlich feinen Kr?fte,
Erweise deinem Meister deine Gunst!
Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
Des Geistes Fluthstrom ebbet nach und nach.
Ins hohe Meer werd’ ich hinausgewiesen,
Die Spiegelfluth ergl?nzt zu meinen F??en,
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.
Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
An mich heran! Ich f?hle mich bereit
Auf neuer Bahn den Aether zu durchdringen,
Zu neuen Sph?ren reiner Th?tigkeit.
Die? hohe Leben, diese G?tterwonne!
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?
Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen R?cken zu!
Vermesse dich die Pforten aufzurei?en,
Vor denen jeder gern vor?ber schleicht.
Hier ist es Zeit durch Thaten zu beweisen,
Da? Mannes-W?rde nicht der G?tterh?he weicht,
Vor jener dunkeln H?hle nicht zu beben,
In der sich Phantasie zu eigner Quaal verdammt,
Nach jenem Durchgang hinzustreben,
Um dessen engen Mund die ganze H?lle flammt;
Zu diesem Schritt sich heiter zu entschlie?en
Und, w?r’ es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu flie?en.
Nun komm herab, krystallne reine Schaale!
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht.
Du gl?nztest bey der V?ter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten G?ste,
Wenn einer dich dem andern zugebracht.
Der vielen Bilder k?nstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erkl?ren,
Auf Einen Zug die H?hlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugend-Nacht,
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen,
Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht.
Mit brauner Flut erf?llt er deine H?hle.
Den ich bereitet, den ich w?hle,
Der letzte Trunk sey nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gru?, dem Morgen zugebracht!

Er setzt die Schaale an den Mund.



Glockenklang und Chorgesang.


Chor der Engel

Christ ist erstanden!
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
M?ngel umwanden.


Faust

Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton,
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?
Verk?ndiget ihr dumpfen Glocken schon
Des Osterfestes erste Feyerstunde?
Ihr Ch?re singt ihr schon den tr?stlichen Gesang?
Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
Gewi?heit einem neuen Bunde.


Chor der Weiber

Mit Spezereyen
Hatten wir ihn gepflegt,
Wir seine Treuen
Hatten ihn hingelegt;
T?cher und Binden
Reinlich umwanden wir,
Ach! und wir finden
Christ nicht mehr hier.


Chor der Engel

Christ ist erstanden!
Selig der Liebende,
Der die Betr?bende,
Heilsam’ und ?bende
Pr?fung bestanden.


Faust

Was sucht ihr, m?chtig und gelind,
Ihr Himmelst?ne mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft h?r’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube
Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sph?ren wag’ ich nicht zu streben,
Woher die holde Nachricht t?nt;
Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gew?hnt,
Ruft er auch jetzt zur?ck mich in das Leben.
Sonst st?rzte sich der Himmels-Liebe Ku?
Auf mich herab, in ernster Sabathstille;
Da klang so ahndungsvoll des Glockentones F?lle,
Und ein Gebet war br?nstiger Genu?;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend hei?en Thr?nen,
F?hlt’ ich mir eine Welt entstehn.
Die? Lied verk?ndete der Jugend muntre Spiele,
Der Fr?hlingsfeyer freyes Gl?ck;
Erinnrung h?lt mich nun, mit kindlichem Gef?hle,
Vom letzten, ernsten Schritt zur?ck.
O! t?net fort, ihr s??en Himmelslieder!
Die Thr?ne quillt, die Erde hat mich wieder!


Chor der J?nger

Hat der Begrabene
Schon sich nach oben,
Lebend Erhabene,
Herrlich erhoben;
Ist er in Werdelust
Schaffender Freude nah;
Ach! an der Erde Brust,
Sind wir zum Leide da.
Lie? er die Seinen
Schmachtend uns hier zur?ck;
Ach! wir beweinen
Meister dein Gl?ck!


Chor der Engel

Christ ist erstanden,
Aus der Verwesung Schoos.
Rei?et von Banden
Freudig euch los!
Th?tig ihn preisenden,
Liebe beweisenden,
Br?derlich speisenden,
Predigend reisenden,
Wonne verhei?enden
Euch ist der Meister nah’,
Euch ist er da!




Vor dem Thor


Spazierg?nger aller Art ziehen hinaus.


Einige Handwerksbursche

Warum denn dort hinaus?


Andre

Wir gehn hinaus auf’s J?gerhaus.


Die Ersten

Wir aber wollen nach der M?hle wandern.


Ein Handwerksbursch

Ich rath’ euch nach dem Wasserhof zu gehn.


Zweyter

Der Weg dahin ist gar nicht sch?n.


Die Zweyten

Was thust denn du?


Ein Dritter

Ich gehe mit den andern.


Vierter

Nach Burgdorf kommt herauf, gewi? dort findet ihr
Die sch?nsten M?dchen und das beste Bier,
Und H?ndel von der ersten Sorte.


F?nfter

Du ?berlustiger Gesell,
Juckt dich zum drittenmal das Fell?
Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.


Dienstm?dchen

Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zur?ck.


Andre

Wir finden ihn gewi? bey jenen Pappeln stehen.


Erste

Das ist f?r mich kein gro?es Gl?ck;
Er wird an deiner Seite gehen,
Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.
Was gehn mich deine Freuden an!


Andre

Heut ist er sicher nicht allein,
Der Krauskopf, sagt er, w?rde bey ihm seyn.


Sch?ler

Blitz wie die wackern Dirnen schreiten!
Herr Bruder komm! wir m?ssen sie begleiten.
Ein starkes Bier, ein beizender Toback,
Und eine Magd im Putz das ist nun mein Geschmack.





B?rgerm?dchen

Da sieh mir nur die sch?nen Knaben!
Es ist wahrhaftig eine Schmach,
Gesellschaft k?nnten sie die allerbeste haben,
Und laufen diesen M?gden nach!


Zweyter Sch?ler zum ersten

Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwey,
Sie sind gar niedlich angezogen,
’s ist meine Nachbarin dabey;
Ich bin dem M?dchen sehr gewogen.
Sie gehen ihren stillen Schritt
Und nehmen uns doch auch am Ende mit.


Erster

Herr Bruder nein! Ich bin nicht gern genirt.
Geschwind! da? wir das Wildpret nicht verlieren.
Die Hand, die Samstags ihren Besen f?hrt,
Wird Sontags dich am besten caressiren.


B?rger

Nein, er gef?llt mir nicht der neue Burgemeister!
Nun, da er’s ist, wird er nur t?glich dreister.
Und f?r die Stadt was thut denn er?
Wird es nicht alle Tage schlimmer?
Gehorchen soll man mehr als immer,
Und zahlen mehr als je vorher.


Bettler singt

Ihr guten Herrn, ihr sch?nen Frauen,
So wohlgeputzt und backenroth,
Belieb’ es euch mich anzuschauen,
Und seht und mildert meine Noth!
La?t hier mich nicht vergebens leyern!
Nur der ist froh, der geben mag.
Ein Tag den alle Menschen feyern,
Er sey f?r mich ein Aerndetag.


Andrer B?rger

Nichts bessers wei? ich mir an Sonn- und Feyertagen,
Als ein Gespr?ch von Krieg und Kriegsgeschrey,
Wenn hinten, weit, in der T?rkey,
Die V?lker auf einander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gl?schen aus
Und sieht den Flu? hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man Abends froh nach Haus,
Und segnet Fried’ und Friedenszeiten.


Dritter B?rger

Herr Nachbar, ja! so la? ich’s auch geschehn,
Sie m?gen sich die K?pfe spalten,
Mag alles durch einander gehn;
Doch nur zu Hause bleib’s beym Alten.


Alte zu den B?rgerm?dchen

Ey! wie geputzt! das sch?ne junge Blut!
Wer soll sich nicht in euch vergaffen? —
Nur nicht so stolz! es ist schon gut!
Und was ihr w?nscht das w??t’ ich wohl zu schaffen.


B?rgerm?dchen

Agathe fort! ich nehme mich in Acht
Mit solchen Hexen ?ffentlich zu gehen;
Sie lie? mich zwar, in Sanct Andreas Nacht,
Den k?nftgen Liebsten leiblich sehen.


Die Andre

Mir zeigte sie ihn im Krystall,
Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
Ich seh’ mich um, ich such’ ihn ?berall,
Allein mir will er nicht begegnen.


Soldaten

Burgen mit hohen
Mauern und Zinnen,
M?dchen mit stolzen
H?hnenden Sinnen
M?cht’ ich gewinnen!
K?hn ist das M?hen,
Herrlich der Lohn!
Und die Trompete
Lassen wir werben,
Wie zu der Freude,
So zum Verderben.
Das ist ein St?rmen!
Das ist ein Leben!
M?dchen und Burgen
M?ssen sich geben.
K?hn ist das M?hen,
Herrlich der Lohn!
Und die Soldaten
Ziehen davon.

Faust und Wagner.


Faust

Vom Eise befreyt sind Strom und B?che,
Durch des Fr?hlings holden, belebenden Blick,
Im Thale gr?net Hoffnungs-Gl?ck;
Der alte Winter, in seiner Schw?che,
Zog sich in rauhe Berge zur?ck.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnm?chtige Schauer k?rnigen Eises
In Streifen ?ber die gr?nende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Wei?es,
Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen daf?r.
Kehre dich um, von diesen H?hen
Nach der Stadt zur?ck zu sehen.
Aus dem hohlen finstren Thor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feyern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger H?user dumpfen Gem?chern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und D?chern,
Aus der Stra?en quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrw?rdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge
Durch die G?rten und Felder zerschl?gt,
Wie der Flu?, in Breit’ und L?nge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken ?berladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich h?re schon des Dorfs Get?mmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet gro? und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn.


Wagner

Mit euch, Herr Doctor, zu spazieren
Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
Doch w?rd’ ich nicht allein mich her verlieren,
Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben,
Ist mir ein gar verha?ter Klang;
Sie toben wie vom b?sen Geist getrieben
Und nennen’s Freude, nennen’s Gesang.


Bauern

unter der Linde. Tanz und Gesang.

Der Schafer putzte sich zum Tanz,
Mit bunter Jacke, Band und Kranz,
Schmuck war er angezogen.
Schon um die Linde war es voll
Und alles tanzte schon wie toll.
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
So ging der Fiedelbogen.
Er druckte hastig sich heran,
Da stie? er an ein Madchen an,
Mit seinem Ellenbogen;
Die frische Dirne kehrt sich um
Und sagte: nun das find’ ich dumm
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Seyd nicht so ungezogen.
Doch hurtig in dem Kreise ging’s,
Sie tanzten rechts sie tanzten links
Und alle R?cke flogen.
Sie wurden roth, sie wurden warm
Und ruhten athmend Arm in Arm,
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Und H?ft’ an Ellenbogen.
Und thu mir doch nicht so vertraut!
Wie mancher hat nicht seine Braut
Belogen und betrogen!
Er schmeichelte sie doch bey Seit’
Und von der Linde scholl es weit:
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Geschrei und Fiedelbogen.


Alter Bauer

Herr Doctor, das ist sch?n von euch,
Da? ihr uns heute nicht verschm?ht,
Und unter dieses Volksgedr?ng’,
Als ein so Hochgelahrter, geht.
So nehmet auch den sch?nsten Krug,
Den wir mit frischem Trunk gef?llt,
Ich bring’ ihn zu und w?nsche laut,
Da? er nicht nur den Durst euch stillt;
Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
Sey euren Tagen zugelegt.


Faust

Ich nehme den Erquickungs-Trank,
Erwiedr’ euch allen Heil und Dank.

Das Volk sammelt sich im Kreis umher.


Alter Bauer

F?rwahr es ist sehr wohl gethan,
Da? ihr am frohen Tag erscheint;
Habt ihr es vormals doch mit uns
An b?sen Tagen gut gemeynt!
Gar mancher steht lebendig hier,
Den euer Vater noch zuletzt
Der hei?en Fieberwuth entri?,
Als er der Seuche Ziel gesetzt.
Auch damals ihr, ein junger Mann,
Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
Gar manche Leiche trug man fort,
Ihr aber kamt gesund heraus,
Bestandet manche harte Proben;
Dem Helfer half der Helfer droben.


Alle

Gesundheit dem bew?hrten Mann,
Da? er noch lange helfen kann!


Faust

Vor jenem droben steht geb?ckt,
Der helfen lehrt und H?lfe schickt.

Er geht mit Wagnern weiter.


Wagner

Welch ein Gef?hl mu?t du, o gro?er Mann!
Bey der Verehrung dieser Menge haben!
O! gl?cklich! wer von seinen Gaben
Solch einen Vortheil ziehen kann.
Der Vater zeigt dich seinem Knaben,
Ein jeder fragt und dr?ngt und eilt,
Die Fiedel stockt, der T?nzer weilt.
Du gehst, in Reihen stehen sie,
Die M?tzen fliegen in die H?h’;
Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,
Als k?m’ das Venerabile.


Faust

Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
Hier sa? ich oft gedankenvoll allein
Und qu?lte mich mit Beten und mit Fasten.
An Hoffnung reich, im Glauben fest,
Mit Thr?nen, Seufzen, H?nderingen
Dacht’ ich das Ende jener Pest
Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
Der Menge Beyfall t?nt mir nun wie Hohn.
O k?nntest du in meinem Innern lesen,
Wie wenig Vater und Sohn
Solch eines Ruhmes werth gewesen!
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
Der ?ber die Natur und ihre heilgen Kreise,
In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
Mit grillenhafter M?he sann.
Der, in Gesellschaft von Adepten,
Sich in die schwarze K?che schlo?,
Und, nach unendlichen Recepten,
Das Widrige zusammengo?.
Da ward ein rother Leu, ein k?hner Freyer,
Im lauen Bad, der Lilie verm?hlt
Und beyde dann, mit offnem Flammenfeuer,
Aus einem Brautgemach ins andere gequ?lt.
Erschien darauf, mit bunten Farben,
Die junge K?nigin im Glas,
Hier war die Arzeney, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?
So haben wir, mit h?llischen Latwergen,
In diesen Th?lern, diesen Bergen,
Weit schlimmer als die Pest getobt.
Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben,
Sie welkten hin, ich mu? erleben
Da? man die frechen M?rder lobt.


Wagner

Wie k?nnt ihr euch darum betr?ben!
Thut nicht ein braver Mann genug;
Die Kunst, die man ihm ?bertrug,
Gewissenhaft und p?nctlich auszu?ben.
Wenn du, als J?ngling, deinen Vater ehrst,
So wirst du gern von ihm empfangen;
Wenn du, als Mann, die Wissenschaft vermehrst,
So kann dein Sohn zu h?hrem Ziel gelangen.


Faust

O! gl?cklich! wer noch hoffen kann
Aus diesem Meer des Irrthums aufzutauchen.
Was man nicht wei? das eben brauchte man,
Und was man wei? kann man nicht brauchen.
Doch la? uns dieser Stunde sch?nes Gut,
Durch solchen Tr?bsinn, nicht verk?mmern!
Betrachte wie, in Abendsonne-Glut,
Die gr?numgebnen H?tten schimmern.
Sie r?ckt und weicht, der Tag ist ?berlebt,
Dort eilt sie hin und f?rdert neues Leben.
O! da? kein Fl?gel mich vom Boden hebt,
Ihr nach und immer nach zu streben.
Ich s?h’ im ewigen Abendstrahl
Die stille Welt zu meinen F??en,
Entz?ndet alle H?hn, beruhigt jedes Thal,
Den Silberbach in goldne Str?me flie?en.
Nicht hemmte dann den g?ttergleichen Lauf
Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
Schon thut das Meer sich mit erw?rmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die G?ttin endlich wegzusinken;
Allein der neue Trieb erwacht,
Ich eile fort ihr ew’ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag, und hinter mir die Nacht,
Den Himmel ?ber mir und unter mir die Wellen.
Ein sch?ner Traum, indessen sie entweicht.
Ach! zu des Geistes Fl?geln wird so leicht
Kein k?rperlicher Fl?gel sich gesellen.
Doch ist es jedem eingeboren,
Da? sein Gef?hl hinauf und vorw?rts dringt,
Wenn ?ber uns, im blauen Raum verloren,
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;
Wenn ?ber schroffen Fichtenh?hen
Der Adler ausgebreitet schwebt,
Und ?ber Fl?chen, ?ber Seen,
Der Kranich nach der Heimat strebt.


Wagner

Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,
Doch solchen Trieb hab’ ich noch nie empfunden.
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt,
Des Vogels Fittig werd’ ich nie beneiden.
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden,
Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!
Da werden Wintern?chte hold und sch?n,
Ein selig Leben w?rmet alle Glieder,
Und ach! entrollst du gar ein w?rdig Pergamen;
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.


Faust

Du bist dir nur des einen Triebs bewu?t,
O lerne nie den andern kennen!
Zwey Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine h?lt, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt, mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust,
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O giebt es Geister in der Luft,
Die zwischen Erd’ und Himmel herrschend weben,
So steiget nieder aus dem goldnen Duft
Und f?hrt mich weg, zu neuem buntem Leben!
Ja, w?re nur ein Zaubermantel mein!
Und tr?g’ er mich in fremde L?nder,
Mir sollt’ er, um die k?stlichsten Gew?nder,
Nicht feil um einen K?nigsmantel seyn.


Wagner

Berufe nicht die wohlbekannte Schaar,
Die, str?mend, sich im Dunstkreis ?berbreitet,
Dem Menschen tausendf?ltige Gefahr,
Von allen Enden her, bereitet.
Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
Auf dich herbey, mit pfeilgespitzten Zungen;
Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
Und n?hren sich von deinen Lungen;
Wenn sie der Mittag aus der W?ste schickt,
Die Glut auf Glut um deinen Scheitel h?ufen,
So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
Um dich und Feld und Aue zu ers?ufen.
Sie h?ren gern, zum Schaden froh gewandt,
Gehorchen gern, weil sie uns gern betr?gen,
Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
Und lispeln englisch, wenn sie l?gen.
Doch gehen wir! ergraut ist schon die Welt,
Die Luft gek?hlt, der Nebel f?llt!
Am Abend sch?tzt man erst das Haus. —
Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
Was kann dich in der D?mmrung so ergreifen?


Faust

Siehst du den schwarzen Hund durch Saat
und Stoppel streifen?


Wagner

Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.


Faust

Betracht’ ihn recht! f?r was h?ltst du das Thier?


Wagner

F?r einen Pudel, der auf seine Weise
Sich auf der Spur des Herren plagt.


Faust

Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
Er um uns her und immer n?her jagt?
Und irr’ ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
Auf seinen Pfaden hinterdrein.


Wagner

Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel,
Es mag bey euch wohl Augent?uschung seyn.


Faust

Mir scheint es, da? er magisch leise Schlingen,
Zu k?nft’gem Band, um unsre F??e zieht.


Wagner

Ich seh’ ihn ungewi? und furchtsam uns umspringen,
Weil er, statt seines Herrn, zwey Unbekannte sieht.


Faust

Der Kreis wird eng, schon ist er nah!


Wagner

Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
Er wedelt. Alles Hunde Brauch.


Faust

Geselle dich zu uns! Komm hier!


Wagner

Es ist ein pudeln?rrisch Thier.
Du stehest still, er wartet auf;
Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
Verliere was, er wird es bringen,
Nach deinem Stock ins Wasser springen.


Faust

Du hast wohl recht, ich finde nicht die Spur
Von einem Geist, und alles ist Dressur.


Wagner

Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
Ja deine Gunst verdient er ganz und gar
Er, der Studenten trefflicher Scolar.

Sie gehen in das Stadt-Thor.




Studirzimmer


Faust mit dem Pudel hereintretend.


Faust

Verlassen hab’ ich Feld und Auen,
Die eine tiefe Nacht bedeckt,
Mit ahndungsvollem heil’gem Grauen
In uns die bessre Seele weckt.
Entschlafen sind nun wilde Triebe,
Mit jedem ungest?men Thun;
Es reget sich die Menschenliebe,
Die Liebe Gottes regt sich nun.
Sey ruhig Pudel! renne nicht hin und wieder!
An der Schwelle was schnoperst du hier?
Lege dich hinter den Ofen nieder,
Mein bestes Kissen geb’ ich dir.
Wie du drau?en auf dem bergigen Wege,
Durch Rennen und Springen, ergetzt uns hast,
So nimm nun auch von mir die Pflege,
Als ein willkommner stiller Gast.
Ach wenn in unsrer engen Zelle
Die Lampe freundlich wieder brennt,
Dann wird’s in unserm Busen helle,
Im Herzen, das sich selber kennt.
Vernunft f?ngt wieder an zu sprechen,
Und Hoffnung wieder an zu bl?hn,
Man sehnt sich nach des Lebens B?chen,
Ach! nach des Lebens Quelle hin.
Knurre nicht Pudel! Zu den heiligen T?nen,
Die jetzt meine ganze Seel’ umfassen,
Will der thierische Laut nicht passen.
Wir sind gewohnt, da? die Menschen verh?hnen
Was sie nicht verstehn,
Da? sie vor dem Guten und Sch?nen,
Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
Will es der Hund, wie sie, beknurren
Aber ach! schon f?hl’ ich, bey dem besten Willen,
Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
Aber warum mu? der Strom so bald versiegen,
Und wir wieder im Durste liegen?
Davon hab’ ich so viel Erfahrung.
Doch dieser Mangel l??t sich ersetzen,
Wir lernen das Ueberirdische sch?tzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends w?rd’ger und sch?ner brennt,
Als in dem neuen Testament.
Mich dr?ngt’s den Grundtext aufzuschlagen,
Mit redlichem Gef?hl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu ?bertragen.

Er schl?gt ein Volum auf und schickt sich an.

Geschrieben steht: „im Anfang war das Wort!”
Hier stock’ ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unm?glich sch?tzen,
Ich mu? es anders ?bersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
Da? deine Feder sich nicht ?bereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehn: im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
Schon warnt mich was, da? ich dabey nicht bleibe.
Mir hilft der Geist! auf einmal seh’ ich Rath
Und schreibe getrost: im Anfang war die That!
Soll ich mit dir das Zimmer theilen,
Pudel, so la? das Heulen,
So la? das Bellen!
Solch einen st?renden Gesellen
Mag ich nicht in der N?he leiden.
Einer von uns beyden
Mu? die Zelle meiden.
Ungern heb’ ich das Gastrecht auf,
Die Th?r’ ist offen, hast freyen Lauf.
Aber was mu? ich sehen!
Kann das nat?rlich geschehen?
Ist es Schatten? ist’s Wirklichkeit?
Wie wird mein Pudel lang und breit!
Er hebt sich mit Gewalt,
Das ist nicht eines Hundes Gestalt!
Welch ein Gespenst bracht’ ich ins Haus!
Schon sieht er wie ein Nilpferd aus,
Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebi?.
O! du bist mir gewi?!
F?r solche halbe H?llenbrut
Ist Salomonis Schl?ssel gut.


Geister auf dem Gange

Drinnen gefangen ist einer!
Bleibet hau?en, folg’ ihm keiner!
Wie im Eisen der Fuchs,
Zagt ein alter H?llenluchs.
Aber gebt Acht!
Schwebet hin, schwebet wieder,
Auf und nieder,
Und er hat sich losgemacht.
K?nnt ihr ihm n?tzen,
La?t ihn nicht sitzen!
Denn er that uns allen
Schon viel zu Gefallen.


Faust

Erst zu begegnen dem Thiere,
Brauch’ ich den Spruch der Viere:
Salamander soll gl?hen,
Undene sich winden,
Silphe verschwinden,
Kobold sich m?hen.

Wer sie nicht kennte
Die Elemente,
Ihre Kraft
Und Eigenschaft,
W?re kein Meister
Ueber die Geister.

Verschwind’ in Flammen
Salamander!
Rauschend flie?e zusammen
Undene!
Leucht’ in Meteoren-Sch?ne
Silphe!
Bring’ h?u?liche H?lfe
Incubus! incubus!
Tritt hervor und mache den Schlu?.

Keines der Viere
Steckt in dem Thiere.
Es liegt ganz ruhig und grins’t mich an,
Ich hab’ ihm noch nicht weh gethan.
Du sollst mich h?ren
St?rker beschw?ren.

Bist du Geselle
Ein Fl?chtling der H?lle?
So sieh dies Zeichen!
Dem sie sich beugen
Die schwarzen Schaaren.

Schon schwillt es auf mit borstigen Haaren.
Verworfnes Wesen!
Kannst du ihn lesen?
Den nie entsprossnen,
Unausgesprochnen,
Durch alle Himmel gegossnen,
Freventlich durchstochnen.

Hinter den Ofen gebannt
Schwillt es wie ein Elephant,
Den ganzen Raum f?llt es an,
Es will zum Nebel zerflie?en.
Steige nicht zur Decke hinan!
Lege dich zu des Meisters F??en!
Du siehst da? ich nicht vergebens drohe.
Ich versenge dich mit heiliger Lohe!
Erwarte nicht
Das dreymal gl?hende Licht!
Erwarte nicht
Die st?rkste von meinen K?nsten!

Mephistopheles tritt, indem der Nebel f?llt, gekleidet wie ein fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.


Mephistopheles

Wozu der L?rm? was steht dem Herrn zu Diensten?


Faust

Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Scolast? Der Casus macht mich lachen.


Mephistopheles

Ich salutire den gelehrten Herrn!
Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.


Faust

Wie nennst du dich?


Mephistopheles

Die Frage scheint mir klein,
F?r einen der das Wort so sehr verachtet,
Der, weit entfernt von allem Schein,
Nur in der Wesen Tiefe trachtet.


Faust

Bey euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
Gew?hnlich aus dem Namen lesen,
Wo es sich allzudeutlich weis’t,
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, L?gner hei?t.
Nun gut wer bist du denn?


Mephistopheles

Ein Theil von jener Kraft,
Die stets das B?se will und stets das Gute schafft.


Faust

Was ist mit diesem R?thselwort gemeynt?


Mephistopheles

Ich bin der Geist der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles was entsteht
Ist werth da? es zu Grunde geht;
Drum besser w?r’s da? nichts entst?nde.
So ist denn alles was ihr S?nde,
Zerst?rung, kurz das B?se nennt,
Mein eigentliches Element.


Faust

Du nennst dich einen Theil, und stehst doch ganz vor mir?


Mephistopheles

Bescheidne Wahrheit sprech’ ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
Gew?hnlich f?r ein Ganzes h?lt;
Ich bin ein Theil des Theils, der Anfangs alles war,
Ein Theil der Finsterni?, die sich das Licht gebar,
Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
Und doch gelingt’s ihm nicht, da es, so viel es strebt,
Verhaftet an den K?rpern klebt.
Von K?rpern str?mt’s, die K?rper macht es sch?n,
Ein K?rper hemmt’s auf seinem Gange,
So, hoff’ ich, dauert es nicht lange
Und mit den K?rpern wird’s zu Grunde gehn.


Faust

Nun kenn’ ich deine w?rd’gen Pflichten!
Du kannst im Gro?en nichts vernichten
Und f?ngst es nun im Kleinen an.


Mephistopheles

Und freylich ist nicht viel damit gethan.
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
Das Etwas, diese plumpe Welt,
So viel als ich schon unternommen
Ich wu?te nicht ihr beyzukommen,
Mit Wellen, St?rmen, Sch?tteln, Brand,
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
Und dem verdammten Zeug, der Thier- und Menschenbrut,
Dem ist nun gar nichts anzuhaben,
Wie viele hab’ ich schon begraben!
Und immer zirkulirt ein neues, frisches Blut.
So geht es fort, man m?chte rasend werden!
Der Luft, dem Wasser, wie der Erden
Entwinden tausend Keime sich,
Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
H?tt’ ich mir nicht die Flamme vorbehalten;
Ich h?tte nichts apart’s f?r mich.


Faust

So setzest du der ewig regen,
Der heilsam schaffenden Gewalt
Die kalte Teufelsfaust entgegen,
Die sich vergebens t?ckisch ballt!
Was anders suche zu beginnen
Des Chaos wunderlicher Sohn!


Mephistopheles

Wir wollen wirklich uns besinnen,
Die n?chstenmale mehr davon!
D?rft’ ich wohl diesmal mich entfernen?


Faust

Ich sehe nicht warum du fragst.
Ich habe jetzt dich kennen lernen,
Besuche nun mich wie du magst.
Hier ist das Fenster, hier die Th?re,
Ein Rauchfang ist dir auch gewi?.


Mephistopheles

Gesteh’ ichs nur! da? ich hinausspaziere
Verbietet mir ein kleines Hinderni?,
Der Drudenfu? auf eurer Schwelle —


Faust

Das Pentagramma macht dir Pein?
Ey sage mir, du Sohn der H?lle,
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?


Mephistopheles

Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen;
Der eine Winkel, der nach au?en zu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.


Faust

Das hat der Zufall gut getroffen!
Und mein Gefangner w?rst denn du?
Das ist von ohngef?hr gelungen!


Mephistopheles

Der Pudel merkte nichts als er hereingesprungen,
Die Sache sieht jetzt anders aus;
Der Teufel kann nicht aus dem Haus.


Faust

Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?


Mephistopheles

’s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:
Wo sie hereingeschl?pft, da m?ssen sie hinaus.
Das erste steht uns frey, beym zweyten sind wir Knechte.


Faust

Die H?lle selbst hat ihre Rechte?
Das find’ ich gut, da lie?e sich ein Packt,
Und sicher wohl, mit euch ihr Herren schlie?en?


Mephistopheles

Was man verspricht, das sollst du rein genie?en,
Dir wird davon nichts abgezwackt.
Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
Und wir besprechen das zun?chst;
Doch jetzo bitt’ ich, hoch und h?chst,
F?r diesesmal mich zu entlassen.


Faust

So bleibe doch noch einen Augenblick,
Um mir erst gute M?hr zu sagen.


Mephistopheles

Jetzt la? mich los! ich komme bald zur?ck,
Dann magst du nach Belieben fragen.


Faust

Ich habe dir nicht nachgestellt,
Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
Den Teufel halte wer ihn h?lt!
Er wird ihn nicht sobald zum zweytenmale fangen.


Mephistopheles

Wenn dir’s beliebt, so bin ich auch bereit
Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;
Doch mit Bedingni?, dir die Zeit,
Durch meine K?nste, w?rdig zu vertreiben.


Faust

Ich seh’ es gern, das steht dir frey;
Nur da? die Kunst gef?llig sey!


Mephistopheles

Du wirst, mein Freund, f?r deine Sinnen,
In dieser Stunde mehr gewinnen,
Als in des Jahres Einerley.
Was dir die zarten Geister singen,
Die sch?nen Bilder die sie bringen,
Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
Und dann entz?ckt sich dein Gef?hl.
Bereitung braucht es nicht voran,
Beysammen sind wir, fanget an!


Geister

Schwindet ihr dunkeln
W?lbungen droben!
Reizender schaue,
Freundlich, der blaue
Aether herein!
W?ren die dunkeln
Wolken zerronnen!
Sternelein funkeln,
Mildere Sonnen
Scheinen darein.
Himmlischer S?hne
Geistige Sch?ne,
Schwankende Beugung
Schwebet vor?ber.
Sehnende Neigung
Folget hin?ber;
Und der Gew?nder
Flatternde B?nder
Decken die L?nder,
Decken die Laube,
Wo sich f?r’s Leben,
Tief in Gedanken,
Liebende geben.
Laube bey Laube!
Sprossende Ranken!
Lastende Traube
St?rzt in’s Beh?lter
Dr?ngender Kelter,
St?rzen in B?chen
Sch?umende Weine,
Rieseln durch reine,
Edle Gesteine,
Lassen die H?hen
Hinter sich liegen,
Breiten zu Seen
Sich ums Gen?gen
Gr?nender H?gel.
Und das Gefl?gel
Schl?rfet sich Wonne,
Flieget der Sonne,
Flieget den hellen
Inseln entgegen,
Die sich auf Wellen
Gauklend bewegen;
Wo wir in Ch?ren
Jauchzende h?ren,
Ueber den Auen
Tanzende schauen,
Die sich im Freyen
Alle zerstreuen.
Einige glimmen
Ueber die H?hen,
Andere schwimmen
Ueber die Seen,
Andere schweben;
Alle zum Leben,
Alle zur Ferne
Liebender Sterne
Seliger Huld.





Mephistopheles

Er schl?ft! So recht, ihr luft’gen, zarten Jungen!
Ihr habt ihn treulich eingesungen!
F?r dies Concert bin ich in eurer Schuld.
Du bist noch nicht der Mann den Teufel fest zu halten!
Umgaukelt ihn mit s??en Traumgestalten,
Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;
Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten
Bedarf ich eines Rattenzahns.
Nicht lange brauch’ ich zu beschw?ren,
Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich h?ren.
Der Herr der Ratten und der M?use,
Der Fliegen, Fr?sche, Wanzen, L?use,
Befiehlt dir dich hervor zu wagen
Und diese Schwelle zu benagen,
So wie er sie mit Oel betupft —
Da kommst du schon hervorgehupft!
Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,
Sie sitzt ganz vornen an der Kante.
Noch einen Bi?, so ist’s geschehn. —
Nun Fauste tr?ume fort, bis wir uns wiedersehn.


Faust erwachend

Bin ich denn abermals betrogen?
Verschwindet so der geisterreiche Drang?
Da? mir ein Traum den Teufel vorgelogen,
Und da? ein Pudel mir entsprang.




Studirzimmer


Faust. Mephistopheles.


Faust

Es klopft? Herein! Wer will mich wieder plagen?


Mephistopheles

Ich bin’s.


Faust

Herein!


Mephistopheles

Du mu?t es dreymal sagen.


Faust

Herein denn!


Mephistopheles

So gef?llst du mir.
Wir werden, hoff’ ich, uns vertragen;
Denn dir die Grillen zu verjagen
Bin ich, als edler Junker, hier,
In rothem goldverbr?mten Kleide,
Das M?ntelchen von starrer Seide,
Die Hahnenfeder auf dem Hut,
Mit einem langen, spitzen Degen,
Und rathe nun dir, kurz und gut,
Dergleichen gleichfalls anzulegen;
Damit du, losgebunden, frey,
Erfahrest was das Leben sey.


Faust

In jedem Kleide werd’ ich wohl die Pein
Des engen Erdelebens f?hlen.
Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu seyn.
Was kann die Welt mir wohl gew?hren?
Entbehren sollst du! sollst entbehren!
Das ist der ewige Gesang,
Der jedem an die Ohren klingt,
Den, unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.
Nur mit Entsetzen wach’ ich Morgens auf,
Ich m?chte bittre Thr?nen weinen,
Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch erf?llen wird, nicht Einen,
Der selbst die Ahndung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
Die Sch?pfung meiner regen Brust
Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch mu? ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich ?ngstlich auf das Lager strecken,
Auch da wird keine Rast geschenkt,
Mich werden wilde Tr?ume schrecken.
Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen,
Der ?ber allen meinen Kr?ften thront,
Er kann nach au?en nichts bewegen;
Und so ist mir das Daseyn eine Last,
Der Tod erw?nscht, das Leben mir verha?t.


Mephistopheles

Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.


Faust

O seelig der! dem er im Siegesglanze
Die blut’gen Lorbeern um die Schl?fe windet,
Den er, nach rasch durchras’tem Tanze,
In eines M?dchens Armen findet.
O w?r’ ich vor des hohen Geistes Kraft
Entz?ckt, entseelt dahin gesunken!


Mephistopheles

Und doch hat Jemand einen braunen Saft,
In jener Nacht, nicht ausgetrunken.


Faust

Das Spioniren, scheint’s, ist deine Lust.


Mephistopheles

Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewu?t.


Faust

Wenn aus dem schrecklichen Gew?hle
Ein s?? bekannter Ton mich zog,
Den Rest von kindlichem Gef?hle
Mit Anklang froher Zeit betrog;
So fluch’ ich allem was die Seele
Mit Lock- und Gaukelwerk umspannt,
Und sie in diese Trauerh?le
Mit Blend- und Schmeichelkr?ften bannt!
Verflucht voraus die hohe Meinung,
Womit der Geist sich selbst umf?ngt!
Verflucht das Blenden der Erscheinung,
Die sich an unsre Sinne dr?ngt!
Verflucht was uns in Tr?umen heuchelt,
Des Ruhms, der Namensdauer Trug!
Verflucht was als Besitz uns schmeichelt,
Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug!
Verflucht sey Mammon, wenn mit Sch?tzen
Er uns zu k?hnen Thaten regt,
Wenn er zu m??igem Ergetzen
Die Polster uns zurechte legt!
Fluch sey dem Balsamsaft der Trauben!
Fluch jener h?chsten Liebeshuld!
Fluch sey der Hoffnung! Fluch dem Glauben,
Und Fluch vor allen der Geduld!


Geisterchor unsichtbar

Weh! weh!
Du hast sie zerst?rt,
Die sch?ne Welt,
Mit m?chtiger Faust,
Sie st?rzt, sie zerf?llt!
Ein Halbgott hat sie zerschlagen!
Wir tragen
Die Tr?mmern ins Nichts hin?ber,
Und klagen
Ueber die verlorne Sch?ne.
M?chtiger
Der Erdens?hne,
Pr?chtiger
Baue sie wieder,
In deinem Busen baue sie auf!
Neuen Lebenslauf
Beginne,
Mit hellem Sinne,
Und neue Lieder
T?nen darauf!


Mephistopheles

Dies sind die kleinen
Von den Meinen.
H?re, wie zu Lust und Thaten
Altklug sie rathen!
In die Welt weit,
Aus der Einsamkeit,
Wo Sinnen und S?fte stocken,
Wollen sie dich locken.
H?r’ auf mit deinem Gram zu spielen,
Der, wie ein Geyer, dir am Leben fri?t;
Die schlechteste Gesellschaft l??t dich f?hlen
Da? du ein Mensch mit Menschen bist.
Doch so ist’s nicht gemeynt
Dich unter das Pack zu sto?en.
Ich bin keiner von den Gro?en;
Doch willst du, mit mir vereint,
Deine Schritte durchs Leben nehmen;
So will ich mich gern bequemen
Dein zu seyn, auf der Stelle.
Ich bin dein Geselle
Und, mach’ ich dir’s recht,
Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!


Faust

Und was soll ich dagegen dir erf?llen?


Mephistopheles

Dazu hast du noch eine lange Frist.


Faust

Nein nein! der Teufel ist ein Egoist
Und thut nicht leicht um Gottes Willen
Was einem andern n?tzlich ist.
Sprich die Bedingung deutlich aus;
Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus.


Mephistopheles

Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,
Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn;
Wenn wir uns dr?ben wieder finden,
So sollst du mir das Gleiche thun.


Faust

Das Dr?ben kann mich wenig k?mmern,
Schl?gst du erst diese Welt zu Tr?mmern,
Die andre mag darnach entstehn.
Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;
Kann ich mich erst von ihnen scheiden,
Dann mag was will und kann geschehn.
Davon will ich nichts weiter h?ren,
Ob man auch k?nftig ha?t und liebt,
Und ob es auch in jenen Sph?ren
Ein Oben oder Unten giebt.


Mephistopheles

In diesem Sinne kannst du’s wagen.
Verbinde dich; du sollst, in diesen Tagen,
Mit Freuden meine K?nste sehn,
Ich gebe dir was noch kein Mensch gesehn.


Faust

Was willst du armer Teufel geben?
Ward eines Menschen Geist, in seinem hohen Streben,
Von deines Gleichen je gefa?t?
Doch hast du Speise die nicht s?ttigt, hast
Du rothes Gold, das ohne Rast,
Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrinnt,
Ein Spiel, bey dem man nie gewinnt,
Ein M?dchen, das an meiner Brust
Mit Aeugeln schon dem Nachbar sich verbindet,
Der Ehre sch?ne G?tterlust,
Die, wie ein Meteor, verschwindet.
Zeig mir die Frucht die fault, eh’ man sie bricht,
Und B?ume die sich t?glich neu begr?nen!


Mephistopheles

Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht,
Mit solchen Sch?tzen kann ich dienen.
Doch, guter Freund, die Zeit kommt auch heran
Wo wir was Gut’s in Ruhe schmausen m?gen.


Faust

Werd’ ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen;
So sey es gleich um mich gethan!
Kannst du mich schmeichelnd je bel?gen,
Da? ich mir selbst gefallen mag,
Kannst du mich mit Genu? betr?gen;
Das sey f?r mich der letzte Tag!
Die Wette biet’ ich!


Mephistopheles

Top!


Faust

Und Schlag auf Schlag!
Werd’ ich zum Augenblicke sagen:
Verweile doch! du bist so sch?n!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zu Grunde gehn!
Dann mag die Todtenglocke schallen,
Dann bist du deines Dienstes frey,
Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
Es sey die Zeit f?r mich vorbey!


Mephistopheles

Bedenk’ es wohl, wir werden’s nicht vergessen.


Faust

Dazu hast du ein volles Recht;
Ich habe mich nicht freventlich vermessen.
Wie ich beharre bin ich Knecht,
Ob dein, was frag’ ich, oder wessen.


Mephistopheles

Ich werde heute gleich, beym Doctorschmaus,
Als Diener, meine Pflicht erf?llen.
Nur eins! – um Lebens oder Sterbens willen,
Bitt’ ich mir ein Paar Zeilen aus.


Faust

Auch was geschriebnes forderst du Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt?
Ist’s nicht genug, da? mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten?
Ras’t nicht die Welt in allen Str?men fort,
Und mich soll ein Versprechen halten?
Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt,
Wer mag sich gern davon befreyen?
Begl?ckt wer Treue rein im Busen tr?gt,
Kein Opfer wird ihn je gereuen!
Allein ein Pergament, beschrieben und bepr?gt,
Ist ein Gespenst vor dem sich alle scheuen.
Das Wort erstirbt schon in der Feder,
Die Herrschaft f?hren Wachs und Leder.
Was willst du b?ser Geist von mir?
Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Mei?el, Feder schreiben?
Ich gebe jede Wahl dir frey.





Mephistopheles

Wie magst du deine Rednerey
Nur gleich so hitzig ?bertreiben?
Ist doch ein jedes Bl?ttchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tr?pfchen Blut.


Faust

Wenn die? dir v?llig G’n?ge thut,
So mag es bey der Fratze bleiben.


Mephistopheles

Blut ist ein ganz besondrer Saft.


Faust

Nur keine Furcht, da? ich die? B?ndni? breche!
Das Streben meiner ganzen Kraft
Ist g’rade das was ich verspreche.
Ich habe mich zu hoch gebl?ht,
In deinen Rang geh?r’ ich nur.
Der gro?e Geist hat mich verschm?ht,
Vor mir verschlie?t sich die Natur.
Des Denkens Faden ist zerrissen,
Mir ekelt lange vor allem Wissen.
La? in den Tiefen der Sinnlichkeit
Uns gl?hende Leidenschaften stillen!
In undurchdrungnen Zauberh?llen
Sey jedes Wunder gleich bereit!
St?rzen wir uns in das Rauschen der Zeit
In’s Rollen der Begebenheit!
Da mag denn Schmerz und Genu?,
Gelingen und Verdru?,
Mit einander wechseln wie es kann;
Nur rastlos beth?tigt sich der Mann.


Mephistopheles

Euch ist kein Ma? und Ziel gesetzt.
Beliebt’s euch ?berall zu naschen,
Im Fliehen etwas zu erhaschen;
Bekomm’ euch wohl was euch ergetzt.
Nur greift mir zu und seyd nicht bl?de!


Faust

Du h?rest ja, von Freud’ ist nicht die Rede.
Dem Taumel weih’ ich mich, dem schmerzlichsten Genu?,
Verliebtem Ha?, erquickendem Verdru?.
Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,
Soll keinen Schmerzen k?nftig sich verschlie?en,
Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist,
Will ich in meinem innern Selbst genie?en,
Mit meinem Geist das H?chst’ und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen h?ufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
Und, wie sie selbst, am End’ auch ich zerscheitern.


Mephistopheles

O glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Da? von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
Glaub’ unser einem, dieses Ganze
Ist nur f?r einen Gott gemacht!
Er findet sich in einem ew’gen Glanze,
Uns hat er in die Finsterni? gebracht,
Und euch taugt einzig Tag und Nacht.


Faust

Allein ich will!


Mephistopheles

Das l??t sich h?ren!
Doch nur vor Einem ist mir bang’;
Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.
Ich d?cht’, ihr lie?et euch belehren.
Associirt euch mit einem Poeten,
La?t den Herrn in Gedanken schweifen,
Und alle edlen Qualit?ten
Auf euren Ehren-Scheitel h?ufen,
Des L?wen Muth,
Des Hirsches Schnelligkeit,
Des Itali?ners feurig Blut,
Des Nordens Dau’rbarkeit.
La?t ihn euch das Geheimni? finden,
Gro?muth und Arglist zu verbinden,
Und euch, mit warmen Jugendtrieben,
Nach einem Plane, zu verlieben.
M?chte selbst solch einen Herren kennen,
W?rd’ ihn Herrn Mikrokosmus nennen.


Faust

Was bin ich denn? wenn es nicht m?glich ist
Der Menschheit Krone zu erringen,
Nach der sich alle Sinne dringen.


Mephistopheles

Du bist am Ende – was du bist.
Setz’ dir Perr?cken auf von Millionen Locken,
Setz’ deinen Fu? auf ellenhohe Socken,
Du bleibst doch immer was du bist.


Faust

Ich f?hl’s, vergebens hab’ ich alle Sch?tze
Des Menschengeist’s auf mich herbeygerafft,
Und wenn ich mich am Ende niedersetze,
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
Ich bin nicht um ein Haar breit h?her,
Bin dem Unendlichen nicht n?her.


Mephistopheles

Mein guter Herr, ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;
Wir m?ssen das gescheidter machen,
Eh’ uns des Lebens Freude flieht.
Was Henker! freylich H?nd’ und F??e
Und Kopf und H – die sind dein;
Doch alles was ich frisch genie?e,
Ist das drum weniger mein?
Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,
Sind ihre Kr?fte nicht die meine?
Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
Als h?tt’ ich vier und zwanzig Beine.
Drum frisch! la? alles Sinnen seyn,
Und g’rad’ mit in die Welt hinein!
Ich sag’ es dir: ein Kerl der speculirt,
Ist wie ein Thier, auf d?rrer Heide
Von einem b?sen Geist im Kreis herum gef?hrt,
Und rings umher liegt sch?ne gr?ne Weide.


Faust

Wie fangen wir das an?


Mephistopheles

Wir gehen eben fort.
Was ist das f?r ein Marterort?
Was hei?t das f?r ein Leben f?hren,
Sich und die Jungens ennuyiren?
La? du das dem Herrn Nachbar Wanst!
Was willst du dich das Stroh zu dreschen plagen?
Das beste, was du wissen kannst,
Darfst du den Buben doch nicht sagen.
Gleich h?r’ ich einen auf dem Gange!


Faust

Mir ist’s nicht m?glich ihn zu sehn.


Mephistopheles

Der arme Knabe wartet lange,
Der darf nicht ungetr?stet gehn.
Komm, gib mir deinen Rock und M?tze;
Die Maske mu? mir k?stlich stehn.

Er kleidet sich um.

Nun ?berla? es meinem Witze!
Ich brauche nur ein Viertelst?ndchen Zeit;
Indessen mache dich zur sch?nen Fahrt bereit!

Faust ab.


Mephistopheles


in Faust’s langem Kleide.

Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerh?chste Kraft,
La? nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem L?gengeist best?rken,
So hab’ ich dich schon unbedingt —
Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungeb?ndigt immer vorw?rts dringt,
Und dessen ?bereiltes Streben
Der Erde Freuden ?berspringt.
Den schlepp’ ich durch das wilde Leben,
Durch flache Unbedeutenheit,
Er soll mir zappeln, starren, kleben,
Und seiner Uners?ttlichkeit
Soll Speis’ und Trank vor gier’gen Lippen schweben;
Er wird Erquickung sich umsonst erflehn,
Und h?tt’ er sich auch nicht dem Teufel ?bergeben,
Er m??te doch zu Grunde gehn!

Ein Sch?ler tritt auf.


Sch?ler

Ich bin alhier erst kurze Zeit,
Und komme voll Ergebenheit,
Einen Mann zu sprechen und zu kennen,
Den alle mir mit Ehrfurcht nennen.


Mephistopheles

Eure H?flichkeit erfreut mich sehr!
Ihr seht einen Mann wie andre mehr.
Habt ihr euch sonst schon umgethan?


Sch?ler

Ich bitt’ euch, nehmt euch meiner an!
Ich komme mit allem guten Muth,
Leidlichem Geld und frischem Blut;
Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
M?chte gern’ was rechts hierau?en lernen.


Mephistopheles

Da seyd ihr eben recht am Ort.


Sch?ler

Aufrichtig, m?chte schon wieder fort:
In diesen Mauern, diesen Hallen,
Will es mir keineswegs gefallen.
Es ist ein gar beschr?nkter Raum,
Man sieht nichts Gr?nes, keinen Baum,
Und in den S?len, auf den B?nken,
Vergeht mir H?ren, Seh’n und Denken.


Mephistopheles

Das kommt nur auf Gewohnheit an.
So nimmt ein Kind der Mutter Brust
Nicht gleich im Anfang willig an,
Doch bald ern?hrt es sich mit Lust.
So wird’s euch an der Weisheit Br?sten
Mit jedem Tage mehr gel?sten.


Sch?ler

An ihrem Hals will ich mit Freuden hangen;
Doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen?


Mephistopheles

Erkl?rt euch, eh’ ihr weiter geht,
Was w?hlt ihr f?r eine Facult?t?


Sch?ler

Ich w?nschte recht gelehrt zu werden,
Und m?chte gern, was auf der Erden
Und in dem Himmel ist, erfassen,
Die Wissenschaft und die Natur.


Mephistopheles

Da seyd ihr auf der rechten Spur;
Doch m??t ihr euch nicht zerstreuen lassen.


Sch?ler

Ich bin dabey mit Seel’ und Leib;
Doch freylich w?rde mir behagen
Ein wenig Freyheit und Zeitvertreib,
An sch?nen Sommerfeiertagen.


Mephistopheles

Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen,
Doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen.
Mein theurer Freund, ich rath’ euch drum
Zuerst Collegium Logicum.
Da wird der Geist euch wohl dressirt,
In spanische Stiefeln eingeschn?rt,
Da? er bed?chtiger so fort an
Hinschleiche die Gedankenbahn,
Und nicht etwa, die Kreuz’ und Quer,
Irlichtelire hin und her.
Dann lehret man euch manchen Tag,
Da?, was ihr sonst auf einen Schlag
Getrieben, wie Essen und Trinken frey,
Eins! Zwey! Drey! dazu n?thig sey.
Zwar ist’s mit der Gedanken-Fabrik
Wie mit einem Weber-Meisterst?ck,
Wo Ein Tritt tausend F?den regt,
Die Schifflein her?ber hin?ber schie?en,
Die F?den ungesehen flie?en,
Ein Schlag tausend Verbindungen schl?gt:
Der Philosoph der tritt herein,
Und beweis’t euch, es m??t’ so seyn:
Das Erst’ w?r’ so, das Zweyte so,
Und drum das Dritt’ und Vierte so;
Und wenn das Erst’ und Zweyt’ nicht w?r’,
Das Dritt’ und Viert’ w?r’ nimmermehr.
Das preisen die Sch?ler aller Orten,
Sind aber keine Weber geworden.
Wer will was lebendig’s erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Theile in seiner Hand,
Fehlt leider! nur das geistige Band.
Encheiresin naturae nennt’s die Chimie,
Spottet ihrer selbst und wei? nicht wie.


Sch?ler

Kann euch nicht eben ganz verstehen.


Mephistopheles

Das wird n?chstens schon besser gehen,
Wenn ihr lernt alles reduciren
Und geh?rig klassificiren.


Sch?ler

Mir wird von alle dem so dumm,
Als ging mir ein M?hlrad im Kopf herum.


Mephistopheles

Nachher vor allen andern Sachen
M??t ihr euch an die Metaphysik machen!
Da seht, da? ihr tiefsinnig fa?t,
Was in des Menschen Hirn nicht pa?t;
F?r, was drein geht und nicht drein geht,
Ein pr?chtig Wort zu Diensten steht.
Doch vorerst dieses halbe Jahr
Nehmt ja der besten Ordnung wahr.
F?nf Stunden habt ihr jeden Tag;
Seyd drinnen mit dem Glockenschlag!
Habt euch vorher wohl pr?parirt,
Paragraphos wohl einstudirt,
Damit ihr nachher besser seht,
Da? er nichts sagt, als was im Buche steht;
Doch euch des Schreibens ja beflei?t,
Als dictirt’ euch der Heilig’ Geist!


Sch?ler

Das sollt ihr mir nicht zweymal sagen!
Ich denke mir wie viel es n?tzt;
Denn, was man schwarz auf wei? besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen.


Mephistopheles

Doch w?hlt mir eine Facult?t!


Sch?ler

Zur Rechtsgelehrsamkeit kann ich mich nicht bequemen.


Mephistopheles

Ich kann es euch so sehr nicht ?bel nehmen,
Ich wei? wie es um diese Lehre steht.
Es erben sich Gesetz’ und Rechte
Wie eine ew’ge Krankheit fort,
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte,
Und r?cken sacht von Ort zu Ort.
Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage;
Weh dir, da? du ein Enkel bist!
Vom Rechte, das mit uns geboren ist,
Von dem ist leider! nie die Frage.


Sch?ler

Mein Abscheu wird durch euch vermehrt.
O gl?cklich der! den ihr belehrt.
Fast m?cht’ ich nun Theologie studiren.


Mephistopheles

Ich w?nschte nicht euch irre zu f?hren.
Was diese Wissenschaft betrifft,
Es ist so schwer den falschen Weg zu meiden,
Es liegt in ihr so viel verborgnes Gift,
Und von der Arzeney ists kaum zu unterscheiden.
Am besten ist’s auch hier, wenn ihr nur Einen h?rt,
Und auf des Meisters Worte schw?rt.
Im Ganzen – haltet euch an Worte!
Dann geht ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewi?heit ein.


Sch?ler

Doch ein Begriff mu? bey dem Worte seyn.


Mephistopheles

Schon gut! Nur mu? man sich nicht allzu ?ngstlich qu?len;
Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten l??t sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte l??t sich trefflich glauben,
Von einem Wort l??t sich kein Jota rauben.


Sch?ler

Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen,
Allein ich mu? euch noch bem?h’n.
Wollt ihr mir von der Medicin
Nicht auch ein kr?ftig W?rtchen sagen?
Drey Jahr’ ist eine kurze Zeit,
Und, Gott! das Feld ist gar zu weit.
Wenn man einen Fingerzeig nur hat,
L??t sich’s schon eher weiter f?hlen.


Mephistopheles f?r sich

Ich bin des trocknen Tons nun satt,
Mu? wieder recht den Teufel spielen.

Laut.

Der Geist der Medicin ist leicht zu fassen;
Ihr durchstudirt die gro?’ und kleine Welt,
Um es am Ende gehn zu lassen,
Wie’s Gott gef?llt.
Vergebens da? ihr ringsum wissenschaftlich schweift,
Ein jeder lernt nur was er lernen kann;
Doch der den Augenblick ergreift,
Das ist der rechte Mann.
Ihr seyd noch ziemlich wohlgebaut,
An K?hnheit wird’s euch auch nicht fehlen,
Und wenn ihr euch nur selbst vertraut,
Vertrauen euch die andern Seelen.
Besonders lernt die Weiber f?hren;
Es ist ihr ewig Weh und Ach
So tausendfach
Aus Einem Puncte zu curiren,
Und wenn ihr halbweg ehrbar thut,
Dann habt ihr sie all’ unter’m Hut.
Ein Titel mu? sie erst vertraulich machen,
Da? eure Kunst viel K?nste ?bersteigt;
Zum Willkomm’ tappt ihr dann nach allen Siebensachen,
Um die ein andrer viele Jahre streicht,
Versteht das P?lslein wohl zu dr?cken,
Und fasset sie, mit feurig schlauen Blicken,
Wohl um die schlanke H?fte frey,
Zu seh’n, wie fest geschn?rt sie sey.


Sch?ler

Das sieht schon besser aus! Man sieht doch wo und wie.


Mephistopheles

Grau, theurer Freund, ist alle Theorie,
Und gr?n des Lebens goldner Baum.


Sch?ler

Ich schw?r’ euch zu, mir ist’s als wie ein Traum.
D?rft’ ich euch wohl ein andermal beschweren,
Von eurer Weisheit auf den Grund zu h?ren?


Mephistopheles

Was ich vermag, soll gern geschehn.


Sch?ler

Ich kann unm?glich wieder gehn,
Ich mu? euch noch mein Stammbuch ?berreichen.
G?nn’ eure Gunst mir dieses Zeichen!


Mephistophele

Sehr wohl.

Er schreibt und giebt’s.


Sch?ler lies’t

Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.

Macht’s ehrerbietieg zu und empfiehlt sich.


Mephistopheles

Folg’ nur dem alten Spruch und meiner Muhme der Schlange,
Dir wird gewi? einmal bey deiner Gott?hnlichkeit bange!

Faust tritt auf.


Faust

Wohin soll es nun gehn?


Mephistopheles

Wohin es dir gef?llt.
Wir sehn die kleine, dann die gro?e Welt.
Mit welcher Freude, welchem Nutzen,
Wirst du den Cursum durchschmarutzen!


Faust

Allein bey meinem langen Bart
Fehlt mir die leichte Lebensart.
Es wird mir der Versuch nicht gl?cken;
Ich wu?te nie mich in die Welt zu schicken,
Vor andern f?hl’ ich mich so klein;
Ich werde stets verlegen seyn.


Mephistopheles

Mein guter Freund, das wird sich alles geben;
Sobald du dir vertraust, sobald wei?t du zu leben.


Faust

Wie kommen wir denn aus dem Haus?
Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?


Mephistopheles

Wir breiten nur den Mantel aus,
Der soll uns durch die L?fte tragen.
Du nimmst bey diesem k?hnen Schritt
Nur keinen gro?en B?ndel mit.
Ein Bi?chen Feuerluft, die ich bereiten werde,
Hebt uns behend von dieser Erde.
Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
Ich gratulire dir zum neuen Lebenslauf!




Auerbachs Keller in Leipzig


Zeche lustiger Gesellen.


Frosch

Will keiner trinken? keiner lachen?
Ich will euch lehren Gesichter machen!
Ihr seyd ja heut wie nasses Stroh,
Und brennt sonst immer lichterloh.


Brander

Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbey,
Nicht eine Dummheit, keine Sauerey.


Frosch

gie?t ihm ein Glas Wein ?ber den Kopf.

Da hast du beydes!


Brander

Doppelt Schwein!


Frosch

Ihr wollt’ es ja, man soll es seyn!


Siebel

Zur Th?r hinaus wer sich entzweyt!
Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreyt!
Auf! Holla! Ho!


Altmayer

Weh mir, ich bin verloren!
Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.


Siebel

Wenn das Gew?lbe wiederschallt,
F?hlt man erst recht des Basses Grundgewalt.


Frosch

So recht, hinaus mit dem der etwas ?bel nimmt!
A! tara lara da!


Altmayer

A! tara lara da!


Frosch

Die Kehlen sind gestimmt.


Singt.

Das liebe, heil’ge R?m’sche Reich,
Wie h?lt’s nur noch zusammen?


Brander

Ein garstig Lied! Pfuy! ein politisch Lied!
Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen
Da? ihr nicht braucht f?r’s R?m’sche Reich zu sorgen!
Ich halt’ es wenigstens f?r reichlichen Gewinn,
Da? ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
Doch mu? auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
Wir wollen einen Papst erw?hlen.
Ihr wi?t, welch eine Qualit?t
Den Ausschlag giebt, den Mann erh?ht.


Frosch singt

Schwing’ dich auf, Frau Nachtigall,
Gr??’ mir mein Liebchen zehentausendmal.


Siebel

Dem Liebchen keinen Gru?! ich will davon nichts h?ren!


Frosch

Dem Liebchen Gru? und Ku?! du wirst mir’s nicht verwehren!

Singt.

Riegel auf! in stiller Nacht.
Riegel auf! der Liebste wacht.
Riegel zu! des Morgens fr?h.


Siebel

Ja, singe, singe nur, und lob’ und r?hme sie!
Ich will zu meiner Zeit schon lachen.
Sie hat mich angef?hrt, dir wird sie’s auch so machen.
Zum Liebsten sey ein Kobold ihr bescheert!
Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg sch?kern;
Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut
Ist f?r die Dirne viel zu gut.
Ich will von keinem Gru?e wissen,
Als ihr die Fenster eingeschmissen!


Brander

auf den Tisch schlagend.

Pa?t auf! pa?t auf! Gehorchet mir!
Ihr Herrn gesteht, ich wei? zu leben,
Verliebte Leute sitzen hier,
Und diesen mu?, nach Standsgeb?hr,
Zur guten Nacht ich was zum Besten geben.
Gebt Acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
Und singt den Rundreim kr?ftig mit!

Er singt.

Es war eine Ratt’ im Kellernest,
Lebte nur von Fett und Butter,
Hatte sich ein R?nzlein angem?st’t,
Als wie der Doctor Luther.
Die K?chinn hatt’ ihr Gift gestellt;
Da ward’s so eng’ ihr in der Welt,
Als h?tte sie Lieb’ im Leibe.


Chorus jauchzend

Als h?tte sie Lieb’ im Leibe.


Brander

Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
Und soff aus allen Pf?tzen,
Zernagt’, zerkratzt’ das ganze Haus,
Wollte nichts ihr W?then n?tzen;
Sie th?t gar manchen Aengstesprung,
Bald hatte das arme Thier genung,
Als h?tt’ es Lieb’ im Leibe.


Chorus

Als h?tt’ es Lieb’ im Leibe.


Siebel

Wie sich die platten Bursche freuen!
Es ist mir eine rechte Kunst,
Den armen Ratten Gift zu streuen!


Brander

Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?


Altmayer

Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
Das Ungl?ck macht ihn zahm und mild;
Er sieht in der geschwollnen Ratte
Sein ganz nat?rlich Ebenbild.

Faust und Mephistopheles.


Mephistopheles

Ich mu? dich nun vor allen Dingen
In lustige Gesellschaft bringen,
Damit du siehst, wie leicht sich’s leben l??t.
Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
Mit wenig Witz und viel Behagen
Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
Wenn sie nicht ?ber Kopfweh klagen,
So lang’ der Wirth nur weiter borgt,
Sind sie vergn?gt und unbesorgt.





Brander

Die kommen eben von der Reise,
Man sieht’s an ihrer wunderlichen Weise;
Sie sind nicht eine Stunde hier.


Frosch

Wahrhaftig du hast Recht! Mein Leipzig lob’ ich mir!
Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.


Siebel

F?r was siehst du die Fremden an?


Frosch

La?t mich nur gehn! bey einem vollen Glase,
Zieh’ ich, wie einen Kinderzahn,
Den Burschen leicht die W?rmer aus der Nase.
Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
Sie sehen stolz und unzufrieden aus.


Brander

Marktschreyer sind’s gewi?, ich wette!


Altmayer

Vielleicht.


Frosch

Gib Acht, ich schraube sie!


Mephistopheles zu Faust

Den Teufel sp?rt das V?lkchen nie,
Und wenn er sie beym Kragen h?tte.


Faust

Seyd uns gegr??t, ihr Herrn!


Siebel

Viel Dank zum Gegengru?.

Leise, Mephistopheles von der Seite ansehend.

Was hinkt der Kerl auf Einem Fu??


Mephistopheles

Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?
Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann,
Soll die Gesellschaft uns ergetzen.


Altmayer

Ihr scheint ein sehr verw?hnter Mann.


Frosch

Ihr seyd wohl sp?t von Rippach aufgebrochen?
Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht gespeis’t?


Mephistopheles

Heut sind wir ihn vorbey gereis’t;
Wir haben ihn das letztemal gesprochen.
Von seinen Vettern wu?t’ er viel zu sagen,
Viel Gr??e hat er uns an jeden aufgetragen.

Er neigt sich gegen Frosch.


Altmayer leise

Da hast du’s! der versteht’s!


Siebel

Ein pfiffiger Patron!


Frosch

Nun, warte nur, ich krieg’ ihn schon!


Mephistopheles

Wenn ich nicht irrte, h?rten wir
Ge?bte Stimmen Chorus singen?
Gewi?, Gesang mu? trefflich hier
Von dieser W?lbung wiederklingen!


Frosch

Seyd ihr wohl gar ein Virtuos?


Mephistopheles

O nein! die Kraft ist schwach, allein die Lust ist gro?.


Altmayer

Gebt uns ein Lied!


Mephistopheles

Wenn ihr begehrt, die Menge.


Siebel

Nur auch ein nagelneues St?ck!


Mephistopheles

Wir kommen erst aus Spanien zur?ck,
Dem sch?nen Land des Weins und der Ges?nge.

Singt.

Es war einmal ein K?nig,
Der hatt’ einen gro?en Floh —


Frosch

Horcht! Einen Floh! Habt ihr das wohl gefa?t?
Ein Floh ist mir ein saub’rer Gast.


Mephistopheles singt

Es war einmal ein K?nig,
Der hatt’ einen gro?en Floh,
Den liebt’ er gar nicht wenig,
Als wie seinen eignen Sohn.
Da rief er seinen Schneider,
Der Schneider kam heran.
Da mi? dem Junker Kleider,
Und mi? ihm Hosen an!


Brander

Verge?t nur nicht dem Schneider einzusch?rfen,
Da? er mir auf’s genauste mi?t,
Und da?, so lieb sein Kopf ihm ist,
Die Hosen keine Falten werfen!


Mephistopheles

In Sammet und in Seide
War er nun angethan,
Hatte B?nder auf dem Kleide,
Hatt’ auch ein Kreuz daran,
Und war sogleich Minister,
Und hatt’ einen gro?en Stern.
Da wurden seine Geschwister
Bey Hof’ auch gro?e Herrn.
Und Herrn und Frau’n am Hofe,
Die waren sehr geplagt,
Die K?niginn und die Zofe
Gestochen und genagt,
Und durften sie nicht knicken,
Und weg sie jucken nicht.
Wir knicken und ersticken
Doch gleich wenn einer sticht.


Chorus jauchzend

Wir knicken und ersticken
Doch gleich wenn einer sticht.


Frosch

Bravo! Bravo! Das war sch?n!


Siebel

So soll es jedem Floh ergehn!


Brander

Spitzt die Finger und packt sie fein!


Altmayer

Es lebe die Freyheit! Es lebe der Wein!


Mephistopheles

Ich tr?nke gern ein Glas, die Freyheit hoch zu ehren,
Wenn eure Weine nur ein Bi?chen besser w?ren.


Siebel

Wir m?gen das nicht wieder h?ren!


Mephistopheles

Ich f?rchte nur der Wirth beschweret sich,
Sonst g?b’ ich diesen werthen G?sten
Aus unserm Keller was zum Besten.


Siebel

Nur immer her! ich nehm’s auf mich.


Frosch

Schafft ihr ein gutes Glas, so wollen wir euch loben.
Nur gebt nicht gar zu kleine Proben;
Denn wenn ich judiciren soll,
Verlang’ ich auch das Maul recht voll.


Altmayer leise

Sie sind vom Rheine, wie ich sp?re.


Mephistopheles

Schafft einen Bohrer an!


Brander

Was soll mit dem geschehn?
Ihr habt doch nicht die F?sser vor der Th?re?


Altmayer

Dahinten hat der Wirth ein K?rbchen Werkzeug stehn.

Mephistopheles nimmt den Bohrer zu Frosch

Nun sagt, was w?nschet ihr zu schmecken?


Frosch

Wie meynt ihr das? Habt ihr so mancherley?


Mephistopheles

Ich stell’ es einem jeden frey.


Altmayer zu Frosch

Aha! du f?ngst schon an die Lippen abzulecken.


Frosch

Gut! wenn ich w?hlen soll, so will ich Rheinwein haben.
Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.


Mephistopheles

indem er an dem Platz, wo Frosch sitzt, in Loch in den Tischrand bohrt.

Verschafft ein wenig Wachs, die Pfropfen gleich zu machen!


Altmayer

Ach das sind Taschenspielersachen.


Mephistopheles zu Brander

Und ihr?


Brander

Ich will Champagner Wein,
Und recht mussirend soll er seyn!

Mephistopheles bohrt, einer hat indessen die Wachspropfen gemacht und verstopft.


Brander

Man kann nicht stets das Fremde meiden,
Das Gute liegt uns oft so fern.
Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,
Doch ihre Weine trinkt er gern.


Siebel

indem sich Mephistopheles seinem Platze n?hert.

Ich mu? gestehn, den sauren mag ich nicht,
Gebt mir ein Glas vom echten s??en!


Mephistopheles bohrt

Euch soll sogleich Tokayer flie?en.


Altmayer

Nein, Herren, seht mir in’s Gesicht!
Ich seh’ es ein, ihr habt uns nur zum Besten.


Mephistopheles

Ey! Ey! Mit solchen edlen G?sten
W?r’ es ein Bi?chen viel gewagt.
Geschwind! Nur grad’ heraus gesagt!
Mit welchem Weine kann ich dienen?


Altmayer

Mit jedem! Nur nicht lang gefragt.

Nachdem die L?cher alle gebohrt und verstopft sind, Mephistopheles mit seltsamen Geberden.


Mephistopheles


(mit seltsamen Geb?rden)

Trauben tr?gt der Weinstock!
H?rner der Ziegenbock;
Der Wein ist saftig, Holz die Reben,
Der h?lzerne Tisch kann Wein auch geben.
Ein tiefer Blick in die Natur!
Hier ist ein Wunder, glaubet nur!
Nun zieht die Pfropfen und genie?t!


Alle

indem sie die Pfropfen ziehen, und jedem der verlangte Wein in’s Glas l?uft.

O sch?ner Brunnen, der uns flie?t!


Mephistopheles

Nur h?tet euch, da? ihr mir nichts vergie?t!

Sie trinken wiederholt.


Alle singen

Uns ist ganz kannibalisch wohl,
Als wie f?nf hundert S?uen!


Mephistopheles

Das Volk ist frey, seht an, wie wohl’s ihm geht!


Faust

Ich h?tte Lust nun abzufahren.


Mephistopheles

Gib nur erst Acht, die Bestialit?t
Wird sich gar herrlich offenbaren.

Siebel. trinkt unvorsichtig, der Wein flie?t auf die Erde, und wird zur Flamme.


Siebel

Helft! Feuer! helft! die H?lle brennt!


Mephistopheles die Flamme besprechend

Sey ruhig, freundlich Element!

zu dem Gesellen.

F?r die?mal war es nur ein Tropfen Fegefeuer.


Siebel

Was soll das seyn? Wart! ihr bezahlt es theuer!
Es scheinet, da? ihr uns nicht kennt.


Frosch

La? er uns das zum zweytenmale bleiben!


Altmayer

Ich d?cht’, wir hie?en ihn ganz sachte seitw?rts gehn.


Siebel

Was Herr? Er will sich unterstehn,
Und hier sein Hokuspokus treiben?


Mephistopheles

Still, altes Weinfa?!


Siebel

Besenstiel!
Du willst uns gar noch grob begegnen?


Brander

Wart nur! es sollen Schl?ge regnen.

Altmayer. zieht einen Pfropf aus dem Tisch, es springt ihm Feuer entgegen.


Altmayer

Ich brenne! ich brenne!


Siebel

Zauberey!
Sto?t zu! der Kerl ist vogelfrey!

Sie ziehen die Messer und gehn auf Mephistopheles los.


Mephistopheles mit ernsthafter Geberde

Falsch Gebild und Wort
Ver?ndern Sinn und Ort!
Seyd hier und dort!

Sie stehn erstaunt und sehn einander an.


Altmayer

Wo bin ich? Welches sch?ne Land!


Frosch

Weinberge! Seh’ ich recht?


Siebel

Und Trauben gleich zur Hand!


Brander

Hier unter diesem gr?nen Laube,
Seht, welch ein Stock! Seht, welche Traube!

Er fa?t Siebeln bei der Nase. Die andern thun es wechselseitig und heben die Messer.


Mephistopheles wie oben

Irrthum, la? los der Augen Band!
Und merkt euch, wie der Teufel spa?e.

Er verschwindet mit Faust, die Gesellen fahren aus einander.


Siebel

Was giebt’s?


Altmayer

Wie?


Frosch

War das deine Nase?


Brander zu Siebel

Und deine hab’ ich in der Hand!


Altmayer

Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!
Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!


Frosch

Nein, sagt mir nur, was ist geschehn?


Siebel

Wo ist der Kerl? Wenn ich ihn sp?re,
Er soll mir nicht lebendig gehn!


Altmayer

Ich hab’ ihn selbst hinaus zur Kellerth?re —
Auf einem Fasse reiten sehn —
Es liegt mir bleyschwer in den F??en.


Sich nach dem Tische wendend.

Mein! Sollte wohl der Wein noch flie?en?


Siebel

Betrug war alles, Lug und Schein.


Frosch

Mir d?uchte doch als tr?nk’ ich Wein.


Brander

Aber wie war es mit den Trauben?


Altmayer

Nun sag’ mir eins, man soll kein Wunder glauben!




Hexenk?che


Auf einem niedrigen Herde steht ein gro?er Kessel ?ber dem Feuer. In dem Dampfe, der davon in die H?he steigt, zeigen sich verschiedne Gestalten. Eine Meerkatze sitzt bey dem Kessel und sch?umt ihn, und sorgt da? er nicht ?berl?uft. Der Meerkater mit den Jungen sitzt darneben und w?rmt sich. W?nde und Decke sind mit dem seltsamsten Hexenhausrath ausgeschm?ckt.



Faust. Mephistopheles.


Faust

Mir widersteht das tolle Zauberwesen!
Versprichst du mir, ich soll genesen,
In diesem Wust von Raserey?
Verlang’ ich Rath von einem alten Weibe?
Und schafft die Sudelk?cherey
Wohl drey?ig Jahre mir vom Leibe?
Weh mir, wenn du nichts bessers wei?t!
Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.
Hat die Natur und hat ein edler Geist
Nicht irgend einen Balsam ausgefunden?


Mephistopheles

Mein Freund, nun sprichst du wieder klug!
Doch zu verj?ngen, gibt’s auch ein nat?rlich Mittel;
Allein es steht in einem andern Buch,
Und ist ein wunderlich Capitel.


Faust

Ich will es wissen.


Mephistopheles

Gut! Ein Mittel, ohne Geld




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Фауст. Трагедия  Faust. Eine Tragödie Иоганн Вольфганг Гёте
Фауст. Трагедия / Faust. Eine Tragödie

Иоганн Вольфганг Гёте

Тип: электронная книга

Жанр: Стихи и поэзия

Язык: на русском языке

Издательство: АСТ

Дата публикации: 01.07.2024

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О книге: Средневековый алхимик и чернокнижник доктор Фауст продал душу дьяволу в погоне за знаниями и удовольствиями – таков сюжет немецкой легенды, которую Гёте положил в основу трагедии «Фауст». Его трагедия – о силе человеческого духа, стремлении постигнуть тайны мироздания, ошибках на жизненном пути, сомнениях и неустанных поисках вопреки всем трудностям. Гёте создал многогранное произведение, в котором переплетаются Античность, Средневековье и Новое время, сталкиваются разные взгляды на место человека в мире, ведутся споры о развитии искусства, поднимаются философские и религиозные вопросы, поэтому каждый найдет в «Фаусте» то, что будет ему интересно.

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