Liebe, Finde Mich
Dawn Brower
Nach einer zufälligen Begegnung bei einem von Dianas Fechtkämpfen beschließt Luther sie zu umwerben. Ihr starker Wille und sein Bedürfnis sie zu beschützen prallen aufeinander – es wird sich mit der Zeit herausstellen, ob sie einen Weg an ihren Unterschieden vorbei und im Gegenzug eine andauernde Liebe finden können. Als junges Mädchen beschließt Diana, dass sie es lieber mochte zu fechten, als eine anständige Dame zu sein, aber manchmal ist es ein notwendiges Übel die Regeln der Gesellschaft anzunehmen. Fortuna’s Parlor gibt ihr die Möglichkeit ihre Liebe für das Fechten auszuleben und Bälle der feinen Gesellschaft sind der perfekte Ort, um die heimlichen Wettkämpfe abzuhalten. Schurkisches Verhalten, Glücksspiel und teurer Brandy sind die liebsten Laster Luther Wrights, dem Earl of Northesk. Jedes davon spielte eine Rolle darin die Dämonen, die ihn heimsuchen, zu begraben. Eines Abends verändert sich alles und er ist gezwungen jede Entscheidung, die er getroffen hat, zu hinterfragen. Nach einer zufälligen Begegnung bei einem von Dianas Fechtkämpfen beschließt Luther sie zu umwerben. Ihr starker Wille und sein Bedürfnis sie zu beschützen prallen aufeinander – es wird sich mit der Zeit herausstellen, ob sie einen Weg an ihren Unterschieden vorbei und im Gegenzug eine andauernde Liebe finden können.
Dawn Brower
Liebe, Finde Mich
LIEBE, FINDE MICH
SKANDAL BEGEGNET LIEBE ZWEI
DAWN BROWER
Dies ist ein fiktionales Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Vorstellung der Autorin oder fiktiv benutzt und sollten nicht als real aufgefasst werden. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Schauplätzen, Organisationen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.
Find Me Love © 2018 Dawn Brower
Cover und Bearbeitung: Victoria Miller
Übersetzung © 2020 Carolin Kern
Auszüge aus William Shakespeares Romeo und Julia aus der deutschen Übersetzung von August Wilhelm Schlegel.
Auszug aus William Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung aus der deutschen Übersetzung von Wolf Heinrich Graf Baudissin.
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buchs darf ohne schriftliche Zustimmung benutzt oder vervielfältigt werden, weder elektronisch noch in Druckform, außer es handelt sich um kurze Zitate in Rezensionen.
Dieses Buch ist für jeden, der an die Liebe glaubt und hofft, sie eines Tages zu finden. Manchmal muss man einfach daran glauben und manchmal ist sie die ganze Zeit da gewesen. Glaub weiter daran und irgendwann wird die Liebe dich finden.
ANMERKUNG DER AUTORIN
Dies ist das zweite Buch in einer Reihe, die ich mit Amanda Mariel schreibe. Es ist eigentlich überraschend, dass wir nicht schon früher an etwas Gemeinsamem gearbeitet haben, da wir bereits schon so viel zusammen gemacht haben. Ich hoffe, dass ihr alle jedes Buch genießt und weiterlest, während sich die Reihe entwickelt.
DANKSAGUNGEN
Wie immer, danke an meine Coverkünstlerin Victoria Miller. Du bist wie immer fabelhaft. Ebenfalls danke an Elizabeth Evans – du machst das Schreiben spaßig. Ich danke dir, dass du mir hilfst und alle meine groben Entwürfe liest.
Besonderer Dank an Amanda Mariel, dass sie mit mir arbeitet. Es ist schön mit jemandem zu arbeiten, der immer ein Teil meines Lebens sein wird. Es hat Spaß gemacht und ich freue mich darauf diese neue Reihe mit dir zu beenden.
PROLOG
Norfolk, England 1806
Die Frühsommersonne schien strahlend am Nachmittagshimmel. Große weiße flauschige Wolken schwebten über den blauen Horizont. Alle Zeichen deuteten auf einen wundervollen Tag des Vergnügens hin und Lady Diana Thomas hoffte, dass das Wetter hielt, um dies sicherzustellen. Ihr Vater war der Earl of Bristol und zusammen mit dem Earl of Northesk richtete er in der Stadt einen Jahrmarkt zwischen ihren beiden Anwesen aus. Für eine kurze Zeit gab es die Sorge, dass der Jahrmarkt nicht wie geplant stattfinden wird. Der Earl of Northesk war plötzlich verstorben und sein Sohn betrauerte seinen Verlust; er bestand jedoch darauf, dass die Dorfbewohner nicht enttäuscht wurden. Lord Bristol hatte zugestimmt den Großteil der Vorbereitungen zu übernehmen, um den neuen Grafen von der Aufgabe zu befreien. Das bedeutete letztendlich, dass Diana mehr zu bestreiten hatte. Es machte ihr jedoch nichts aus. Der Jahrmarkt blieb weiterhin etwas, das sie liebte und immer lieb und teuer halten würde.
Die jährliche Veranstaltung konnte einige Generationen zurückverfolgt werden und jeder in der Umgebung freute sich darauf. Über die Jahre hatte sich der Jahrmarkt verändert. Neue Dinge wurden hinzugefügt und Verbesserungen wurden vorgenommen. Dieses Jahr gäbe es eine andere Auslegung eines Stücks von Shakespeare. Diana konnte es nicht erwarten zu sehen, wie sich alles entfalten würde. Die Roma, die angeheuert wurden, um manche der Spiele und andere Unterhaltungen zu betreiben, kamen auch jedes Jahr wieder. Sie hatte schließlich viele von ihnen mit Namen kennengelernt und betrachtete sie als eine Art Freunde.
Diana spazierte durch alle Ausstellungen, um sicherzustellen, dass alles bereit war. Die Dorfbewohner kamen bereits an und bald würde der niedere Adel folgen. Es war einer der wenigen Tage, an welchem sich jede Klasse vermischte und sich überhaupt nichts dabei dachte. Sie waren alle Teil der Gemeinde und es sollte ein Tag des Amüsierens sein.
»Lady Diana«, rief ihr ein Mann zu.
Sie wandte sich in Richtung des Geräuschs und runzelte die Stirn. Luther Wright, der neue Earl of Northesk, stand hinter ihr. Was machte er auf dem Jahrmarkt? Ihr Vater hatte klargestellt, dass er nicht erwartete, dass der Herr beiwohnen würde. Die Grafen richteten ihn aus, aber sie nahmen nicht viel an den eigentlichen Aktivitäten teil. Sie traten in Erscheinung und blieben für eine Stunde oder so, gingen dann zurück auf ihre jeweiligen Anwesen. In diesem Fall jedoch hatte niemand gedacht, dass der Earl of Northesk überhaupt kommen würde.
»My Lord«, sagte sie und knickste zügig. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Er runzelte die Stirn und winkte mit einer Hand auf den Jahrmarkt. »Ich erinnere mich nicht daran, dass er so – umfangreich ist.«
Sie hatten ein paar Stände hinzugefügt und vorübergehend eine Bühne für die Vorstellungen gebaut. Sie verstand nicht, warum er von allem so verwirrt war. Es wurden eventuell ein paar zusätzliche Unterhaltungen hinzugefügt. Nichts, was ihn verblüffen sollte … »Der Jahrmarkt ist, wie ich ihn immer in Erinnerung hatte.« Diana entschied sich zu verhalten, als ob sie nicht verstand, was er meinte. »Ich erinnere mich nicht daran, dass Sie in den vergangenen paar Jahren diesen besucht haben. Waren Sie nicht auf Reisen?«
Zuletzt hatte sie angenommen, dass er Oxford verlassen hatte und für ein Jahr nach Italien gereist war. Er war erst kürzlich zurückgekommen. Diana erinnerte sich nicht daran, dass er so – gutaussehend war. Seine dunklen Locken kräuselten sich um seine Ohren und seinen Hals und erstrahlten hell unter den gleißenden Sonnenstrahlen. Seine grünen Augen hatten die Farbe von Jade und erschienen beinahe so hart wie der Stein.
Er seufzte und rieb sich dann mit seinen Händen über sein Gesicht. »Sie haben nicht Unrecht. Ich habe mich entschieden zu reisen. Etwas, das ich bereue, nun, da ich Zeit verloren habe, die ich mit meinem Vater hätte haben können, wenn ich gewusst hätte …«
Verflixt. Er musste ja dafür sorgen, dass sie sich schlecht fühlte. »Ich bitte um Entschuldigung. Es war unhöflich von mir Sie an Ihren Verlust zu erinnern.«
»Nein«, sagte er mit einem Kopfschütteln. »Die Schuld liegt bei mir. Ich hätte nicht hierherkommen sollen.«
Lord Northesk drehte sich um und machte sich in die entgegengesetzte Richtung des Jahrmarkts auf. Diana seufzte und bedachte, was sie als nächstes tun sollte. Solange sie sich erinnern konnte, war der neue Graf ihr Nachbar gewesen. Ihre Eltern hatten kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie erhofften, dass sie irgendwann seine Aufmerksamkeit erhaschen würde. Sie hofften, dass sie ihn heiraten und in der Nähe bleiben würde. Es wäre ein ziemlicher Streich, wenn das passieren würde. Diana hatte allerdings andere Vorstellungen von ihrer Zukunft. Sie war sich nicht völlig sicher, ob sie überhaupt heiraten wollte, und so oder so zeigte sie keinerlei Anzeichen, dass sie zu einer großartigen Schönheit heranwachsen würde. Ihr blondes Haar war glanzlos und ihre blauen Augen waren so blass, dass diese niemanden dazu inspirierten ein Gedicht darüber zu schreiben. Dies war ihr sechszehnter Sommer und bald würde sie in London debütieren. Sie hatte wenig Hoffnung, dass ein Gentleman für sie antragen würde. Sie hatte eine anständige Mitgift und Verbindungen, aber wenig anderes. Dieser Lord wäre nicht einmal in der Lage sie angemessen zu umwerben bis seine Trauerzeit endete – nicht dass es viel ausmachte. Lord Northesk war nicht für sie und würde es niemals sein. Sie würde wahrscheinlich als Mauerblümchen und dann danach als alte Jungfer enden. Ein Schicksal, welches sie bereits akzeptierte und beschlossen hatte nicht dagegen anzukämpfen. Sie hatte der Gesellschaft andere Qualitäten zu bieten und würde sich ein Leben daraus machen, diese zu nutzen. Vielleicht wäre sie eines Tages eine Gesellschafterin oder hätte genug Geldmittel, um die Welt so viel zu bereisen, wie Lord Northesk dies getan hatte.
Sie seufzte und rannte, um zum Grafen aufzuschließen. »Gehen Sie nicht«, rief sie aus.
Er hielt und blickte sie an. »Warum nicht?«
Benötigte er wirklich einen Grund? Sie blies einen Atemstoß aus. Wann war es zu ihrer Verantwortung geworden alles für ihn recht zu machen? Wahrscheinlich, als ihr Vater ihr die Aufgabe gegeben hatte den Jahrmarkt zu planen … »Sie leiden und dies ist wahrscheinlich der letzte Ort, an dem Sie sein wollen, aber ich glaube, dass es der sein könnte, den Sie brauchen. Dies soll ein glücklicher Tag sein, und wenn Sie es sich erlauben es zu genießen, finden Sie vielleicht etwas Freude, auch wenn nur für einen oder zwei Momente.«
»Glück ist etwas, das ich nicht verdiene.«
»Jeder sollte etwas davon in seinem Leben haben – auch Sie. Bleiben Sie.« Sie lächelte ihn an. »Ihr Vater war ein großer Teil des Jahrmarkts. Wenn es nichts für Sie ist, dann bleiben Sie für ihn.«
Vielleicht würde er auf sie hören und versuchen etwas Gutes auf dem Jahrmarkt zu finden. So oder so hatte sie ihren Teil getan und versucht ihn von der Weisheit zu bleiben zu überzeugen. Am Ende lag es an ihm, was er zu tun wählte. Sie wagte es nicht zu versuchen die innere Arbeitsweise des männlichen Verstands herauszufinden.
»Ich komme vielleicht später zurück«, entgegnete er. »Fürs Erste muss ich gehen, wenn Sie mich entschuldigen.«
So kalt, aber sie konnte ihm das nicht wirklich anlasten. An seiner Stelle würde sie wahrscheinlich auf ähnliche Weise reagieren. Diana konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre einen ihrer Eltern zu verlieren. Glücklicherweise waren beide sehr lebendig. »Ich hoffe, dass Sie das tun«, sagte sie. »Solange das Wetter so angenehm bleibt, sollte der Rest der Festivitäten reibungslos verlaufen. Guten Tag, my Lord.«
Er nickte und ging dann weiter davon, bis er sein Pferd erreichte. Dann glitt er auf dessen Rücken und gab ihm ein Zeichen für einen leichten Galopp. Bald war er eine kleine Gestalt in der Ferne und dann verschwand er vollständig. Diana wandte sich von der Straße ab, die in Richtung des Northesk Castle führte, und kehrte zum Jahrmarkt zurück. Die Stände waren von Dorfbewohnern umringt und Gelächter schwebte durch die Luft. Ein kleiner Junge warf Bälle auf eine Reihe von Eimern und stöhnte, als er daran scheiterte ihn hineinzubekommen. Sie bummelte zu dem Bereich hinüber, wo die Bühne für die Inszenierung des Theaterstücks geschaffen worden war. Eine Menge Dorfbewohner hatten sich um diese versammelt, während sie darauf warteten, dass die erste Aufführung stattfand. Sie mussten nicht lange warten bis zwei Männer mit Masken herausspazierten.
Der erste Mann schrie seinen Text heraus. »›Ich bitt dich, Freund, laß uns nach Hause gehn! Der Tag ist heiß, die Capulets sind draußen, Und treffen wir, so gibt es sicher Zank: Denn bei der Hitze tobt das tolle Blut.‹« Sie führten eine Szene aus Romeo und Julia auf.
Diana wurde noch aufgeregter. Es war eine Kampfszene und sie hatte schon immer Interesse am Fechten gehabt. Sie konnte es nicht erwarten zu sehen, wie diese zu ihrer Unterhaltung in Szene gesetzt wurde. Bald würden die Capulets und Montagues kämpfen, wobei Tybalt am Ende durch Romeos Hand starb. Zumindest geschah das alles so im Theaterstück von Shakespeare. Diana wusste nicht, ob sie etwas davon ändern würden oder nicht. Das war Teil des Spaßes der Aufführung.
Mehr Männer in Masken kamen auf die Bühne. Sie sagten ihren Text fehlerlos auf bis sie ihre Rapiere zogen. Es war eine ältere Art des Fechtdegens. Diana dachte, dass sie vielleicht Florette benutzten, aber die Rapiere hatten einen anderen Stil. Vielleicht würde sie später erfragen, warum sie diese benutzten. Die Schauspieler waren in einen hitzigen Kampf verwickelt. Die Rapiere klirrten in einem Tanz aneinander, der ebenso tödlich wie auch schön war. Sie war an ihrem Platz gefesselt, nicht in der Lage von all dem wegzublicken. Einer der Männer sprang zwischen zwei der Kämpfer, um den Streit aufzuhalten, aber es war vergebens. Einer wurde getroffen und fiel auf dramatische Art und Weise zu Boden.
»›Nichts kann den Unstern dieses Tages wenden; Er hebt das Weh an, andre müssen’s enden.‹«
Der Mann auf dem Boden wurde ruhig und der Schauspieler, der Romeo spielte, nahm ein Schwert und begann mit dem Mann zu kämpfen, der Mercutio ermordet hatte. Eine weitere sündhaft gute Kampfszene wurde aufgenommen, während Tybalt neben Mercutio starb. Diana klatschte wild, als die Szene endete. Sie wollte lernen so zu fechten – wenn ihr Vater nur einen Lehrer für sie finden würde, der willens war sie zu unterrichten. Die Schauspieler nahmen alle ihre Masken ab und verbeugten sich vor dem Publikum.
»Ein weiteres«, schrie jemand.
Diana starrte die Schauspieler an. Sie hatte angenommen, dass es alle Männer waren, aber das war nicht der Fall. Da war eine Frau unter ihnen. Wunderschön beschrieb sie nicht einmal annähernd. Ihr Körper war schlank, geschmeidig und sie bewegte sich mit einer fließenden Eleganz, die Diana niemals erlangen könnte. Sie hatte mitternachtsschwarzes Haar, das in einem dicken Zopf bis zu ihrer Hüfte fiel. Wie konnte sie das nicht bemerken? War es während des Kampfes versteckt gewesen? Sie musste sie treffen …
Sie verbeugten sich noch einmal und verließen dann die Bühne. Sie wären später für eine weitere Szene, und wahrscheinlich ein neues Publikum, zurück. So oder so wäre Diana zurück, um zuzusehen, aber sie hatte vorher ein weiteres Ziel. Sie bahnte sich ihren Weg durch das Gedränge, bis sie das Zelt erreichte, wo die Schauspieler zwischen den Auftritten Zuflucht suchten.
Die Frau war gerade dabei einzutreten, als Diana das Zelt erreichte. »Verzeihung«, rief sie ihr zu. »Haben Sie einen Moment?«
Von nahem schien sie nicht viel älter als Diana. Vielleicht drei oder vier Jahre, aber nicht viel mehr als das. Ihr Haar schien dunkler von nahem und ihre Augen hatten einen veilchenblauen Farbton, ähnlich dem Himmel vor einem Sturm. »Ich bin beschäftigt«, sagte das Mädchen ziemlich unhöflich.
»Und mein Vater bezahlt Ihre Gehälter für den heutigen Tag. Sie können eine Minute Ihrer Zeit für mich erübrigen.« Sie würde, welchen Vorteil auch immer sie hatte, benutzen, um die Aufmerksamkeit der Roma zu erlangen.
»Kleines Mädchen«, sagte das Mädchen mit einem Akzent, der dem vieler Roma ähnlich war, die sie über die Jahre getroffen hatte. Sie kniff ihre Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. Geringschätzung troff von ihrer Stimme, als sie sprach. »Ihr solltet lernen, wann man fordernd sein soll und wann es das Beste ist sich umzudrehen und wegzugehen.«
»Dies ist keine der Zeiten, um aufzugeben«, bestand Diana. Sie würde betteln, wenn es half, aber sie hoffte, dass es nicht so weit kommen würde. »Bitte, könnte ich einen Moment Ihrer Zeit haben?«
Das Mädchen seufzte und nickte dann. »Was benötigt Ihre Hoheit?«
»Ich bin keine …« Diana schüttelte ihren Kopf. Es war egal, was sie von ihr dachte, solange die Roma am Ende half. »Wie ist Ihr Name?«
Sie hob eine Braue. »Das ist alles, was Ihr zu wissen wünscht?«
»Nein«, entgegnete Diana. Wenn sie ihren Kopf durchsetzte, würden sie weit mehr voneinander wissen, wenn alles vorüber war. »Aber es ist höflich zu wissen mit wem ich spreche. Ich bin Lady Diana. Mein Vater ist der Earl of Bristol.«
»Ah«, sagte sie unverbindlich. »Lady Di, die Prinzessin der Grafschaft. Ich habe von Euch gehört.«
Diana begann sie nicht zu mögen, aber sie schüttelte das ab. Das Roma-Mädchen hatte etwas, das sie ersehnte, und sie würde ihren eigenen Stolz begraben, um es zu bekommen. Sie starrte sie an, während sie nicht von ihrer Geringschätzung einlenkte.
Schließlich antwortete sie mit ihrem Namen. »Ich bin Lulia Vasile.«
»Ich freue mich Sie kennenzulernen, Miss Vasile«, erwiderte Diana sympathisch. »Nun, da die Vorstellungen aus dem Weg sind, wie stehen Sie dazu mir das Fechten zu lehren?«
Das Lachen des Mädchens hüllte Diana ein. Sie lachte, wie es schien, ewig weiter. Dann hörte sie auf und wischte Tränen aus ihren Augenwinkeln. »Ihr meint das ernst, oder? Kleine, Fechten ist nichts für Euch.«
Sie hob störrisch ihr Kinn. »Ich kann es lernen, wenn ich einen Lehrer habe. Wenn ich wollte, könnte ich alles lernen.«
Lulia schüttelte ihren Kopf. »In Ordnung. Nachdem der Jahrmarkt vollendet ist, kommt zu mir. Wir werden die Möglichkeit besprechen. Ich brauche jetzt Ruhe.«
Mit diesen Worten ging Lulia ins Zelt. Diana blieb zuversichtlich, dass sie endlich einen Fechtlehrer hatte. Die Roma würde sie unterrichten und dann wäre sie in der Lage auch andere Dinge zu lernen. Diana dürstete nach Wissen und sie hatte das Gefühl, dass Lulia ihr mehr als Fechten lehren könnte. Die Möglichkeit einer Heirat war vergessen und ein völlig anderes Leben präsentierte sich ihr. Es war eine gute Sache, dass sie sich entschlossen hatte das häusliche Glück aufzugeben. Sie würde nicht lange nach Liebe betteln und sie dachte sicherlich nicht, dass diese sie jemals finden würde. Dies war viel besser und greifbarer als irgendein mythisches Gefühl.
Luther schaffte es nicht weit, bevor er beschloss sich umzudrehen, um zum Jahrmarkt zurückzukehren. So sehr er es auch hasste dies zuzugeben, Lady Diana hatte Recht gehabt. Der Jahrmarkt würde ihm eine Atempause vom Kummer geben, den er mit sich trug, und es würde die Wünsche seines Vaters ehren.
Lady Diana war in den Jahren, in denen er fort gewesen war, erwachsen geworden. In seinen Augen war sie noch immer ein kleines Mädchen und würde das auch bleiben. Er war fünf Jahre älter als sie und er konnte das Balg, das ihm über die Jahre hinterhergetrottet war, nicht abschütteln. Zumindest war sie genug erwachsen geworden, um einzusehen, dass sie nicht immer ihren Kopf durchsetzen konnte. Sie war vorhin höflich und aufmunternd gewesen. Er konnte das respektieren. Was er nicht wollte, war sie zu heiraten – auch wenn es der letzte Wunsch seines Vaters gewesen war. Luther wollte nicht aus Pflicht heiraten, zumindest noch nicht. Er könnte die Möglichkeit vielleicht viele Jahre in der Zukunft bedenken. Sein Herz war zu schwer für irgendeinen Gedanken an ein Ehebündnis.
Er erreichte den Rand des Jahrmarkts und fand einen Pfosten, an dem er sein Pferd anbinden konnte. Da stand ein kleiner Junge in der Nähe, um ein Auge auf die Tiere zu haben. Er warf ihm einen Schilling zu und sagte: »Stelle sicher, dass ihn niemand belästigt.« Luther deutete auf das Pferd.
»Ja, Milord.«
Da sein Pferd gesichert war, schlenderte Luther tief in den Jahrmarkt. Eine Gruppe von Schauspielern war auf der Bühne in einem Fechtkampf. Er schien am Ende zu sein. Die Menge hatte sich ringsum versammelt und beobachtete ehrfürchtig, wie die Schauspieler hin und her parierten. Die Rapiere waren echt und das Klirren von Metall schallte über das konstante Surren der Zuschauer. Luther war ebenso gepackt wie die Dorfbewohner. Die Schauspieler waren fähig mit den Rapieren und mussten exzellente Lehrer gehabt haben. Er hatte das Fechten mit einigen der besten Lehrer studiert und er war sich nicht sicher, ob er selbst mit ihnen mithalten könnte.
Am Ende des Kampfs brach die Menge in Applaus aus. Luthers Mund klappte auf, als sie sich demaskierten und verbeugten. Wie war eine Frau in der Lage gewesen mit solcher Fertigkeit zu fechten? Er erachtete es nicht als möglich und dennoch war es das gewesen. Er wollte sie treffen, aber war nicht sicher, ob es ein weiser Zug war. Es könnte die Roma ermutigen eine familiärere Beziehung zu begrüßen. Sein Vater hatte nicht geglaubt, dass sie sich gesellschaftlich mit angeheuerten Hilfen vermischen sollten – sogar auf dem Jahrmarkt.
Luther machte sich zum Zelt auf, das nahe der Bühne für die Schauspieler aufgestellt worden war. Er erhaschte einen flüchtigen Blick auf blondes Haar und runzelte die Stirn. Warum war Lady Diana auf dem Weg zum Zelt? Sie sollte nicht in der Nähe der Roma sein. Wenn er einen Grund brauchte die Roma aufzusuchen, gab ihm Diana gerade einen. Die Roma hielt außerhalb des Zelts an und Diana holte sie ein. Sie besprachen etwas, aber er konnte es nicht hören. Nach einem Moment ging die Roma in das Zelt und Diana bummelte mit einem riesigen Lächeln auf ihrem Gesicht davon. Luther änderte seine Bahn und ging auf Diana zu.
»Lady Diana«, rief er zum zweiten Mal an diesem Tag, aber sie hörte ihn nicht. Sie lief weiterhin auf einen Stand zu, der Fleischpasteten verkaufte. Sie sprach glücklich mit dem Mann, der ihn betrieb, und erstand eine. »Verfluchter Mist«, fluchte er und drängte sich an einigen Dorfbewohnern vorbei, um ihre Seite zu erreichen. Es waren zu viele Leute auf dem Jahrmarkt, um sich mit schnellerer Geschwindigkeit zu bewegen.
Diana bummelte davon, sprach mit einer Menge Dorfbewohner, während sie vorbeiging. Wo war ihr Geleit? Wie konnte ihr Vater sie auf dem Jahrmarkt unbeaufsichtigt frei herumlaufen lassen? Sorgten sie sich nicht um ihre Sicherheit? Sie hielt an, um einen Jungen zu beobachten, wie er Bälle in die Körbe des Spiels warf. Wenn der Bursche gewann, würde er eine süße Leckerei für jeden Korb, in welchem er einen Ball landen ließ, gewinnen – der große Preis waren vier Marmeladentörtchen.
Er war nur noch Schritte von ihr entfernt, als sie beschloss sich wieder zu bewegen. Seine Frustration wuchs mit jeder vergehenden Sekunde. Er streckte seine Hand aus und schaffte es diese um ihren Oberarm zu schließen. Sie ruckte nach hinten, strauchelte und fiel beinahe zu Boden. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte er ein wenig atemlos. »Ich habe versucht Ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Ich wollte Ihnen keinen Schaden zufügen.«
Sie blickte hoch und runzelte die Stirn. Ihre Fleischpastete war auf den Boden gefallen und nun mit Schmutz bedeckt. »Was war so dringend, dass Sie so grob sein mussten?«
Er war ein Arsch … »Ich wollte mit Ihnen über die Roma sprechen.« Das war nicht ganz so herausgekommen, wie er es wollte. Es war unwirsch und rüde. »Und warum schweifen Sie allein umher. Sorgen Sie sich denn nicht um Ihren Ruf?«
Sie schloss ihre Augen und ballte ihre Hände an ihrer Seite zu Fäusten. Nach einigen Herzschlägen öffnete sie ihre Augen und blitzte ihn an. Wo sie zuvor nett und verständnisvoll gewesen war, zeigte sie nun ein volles Spektrum der Wut. »Erlauben Sie mir dies korrekt zu verstehen.« Sie streckte einen Finger aus. »Sie haben ihre Hand auf meinen Arm gelegt und es geschafft, dass ich meine Nachmittagsmahlzeit verlor, um mich dafür zu schelten, dass ich mich nicht um meinen Ruf sorge?«
»Das sollte ein Beispiel dafür sein, warum Sie nicht allein sein sollten. Alles kann einer jungen Dame passieren, wenn sie nicht auf ihre Sicherheit achtgibt.« Er blähte seine Brust auf. Das sollte sie lehren, dass sie nicht mit jemandem streiten sollte, der es besser wusste als sie. »Ihr Vater hätte nicht erlauben sollen, dass Sie, ohne zumindest einer Magd an Ihrer Seite, Bristol Manor verlassen, aber Sie sollten wirklich einen Lakaien bei sich haben. Die Menschenmenge ist gefährlich.«
»Sie sind die einzige gefährliche Person in meiner Nähe«, spuckte sie beinahe aus. »Mir ging es vollkommen gut, bevor Sie mich belästigt haben. Ich habe diesem Jahrmarkt beigewohnt, seit ich ein Mädchen war –«
»Sie sind noch immer ein Mädchen«, unterbrach er sie. »Mancher Gentleman würde Ihre Unschuld als zu verlockend empfinden, um sie sich entgehen zu lassen.«
»Aber Sie sind keiner davon?« Sie hob eine Braue. »Kein Bedarf es zu erklären, my Lord. Ich erkenne, dass ich keine große Schönheit bin. Wenn Sie damit fertig sind mich für meine fehlende Begleitung zu schelten, glaube ich, dass ich mein Mahl ersetzen muss.«
Sie wandte sich, um zu gehen, aber er konnte es nicht erlauben. Wie konnte sie nicht verstehen, dass sie nicht allein sein sollte? Warum nahm sie ihn nicht ernst? »Warten Sie«, brüllte er. »Sie sollten nicht …«
Sie wirbelte auf ihrem Absatz herum und blickte ihm entgegen. »Ich benötige nicht, dass Sie über mich wachen, Lord Northesk. Gehen Sie weg.«
»Die Dame scheint Euch nicht zu mögen.« Der Akzent der Roma schallte durch seine Ohren. »Tut, was sie sagt.«
Es war nicht sein Tag. Er hätte niemals zurück zum Jahrmarkt kommen sollen. Er blickte über seine Schulter und begegnete den veilchenblauen Augen der Roma, die zuvor auf der Bühne gewesen war. Sie hatte ihr Rapier an ihrer Taille und sie wusste definitiv, wie man es benutzte.
»Lady Di braucht keinen Mann, der ihr etwas vorschreibt.« Sie starrte ihn von oben bis unten an, so als ob sie ihn für ungenügend befand. »Besonders einen, der ihr eher Befehle erteilt, anstatt sie zu schätzen.«
»Wer sind Sie, um mich zu verurteilen?« Er blitzte sie an. »Eine Roma, die kein Heim ihr Eigen nennen kann.«
»Zumindest habe ich Ehre«, sagte sie. »Euch fehlt es an etwas Fundamentalerem als mir.«
Lady Diana trat zwischen sie. »Bitte gehen Sie, Lord Northesk. Ich habe Geschäfte mit Lulia, die Sie nicht einschließen.«
Luther ging, aber nicht, weil beide Frauen es befohlen haben. Lady Diana war sicher in Lulias Obhut. Sie wäre in der Lage jeden Raufbold mit einem Schlenzer ihres Rapiers abzufertigen. Er mochte die Roma nicht leiden, aber sie hatte Talent. Er konnte jedoch nicht anders, als sich Sorgen um Lady Diana Thomas zu machen. Etwas an ihr machte, dass er sie beschützen und sicherstellen wollte, dass nichts ihr auf irgendeine Art und Weise Schaden zufügte. Er wollte nicht zu sehr über seine Motivationen nachdenken. Er hatte von den Verantwortungen, die er beim Tod seines Vaters geerbt hatte, bereits sehr viel, das durch seinen Verstand wirbelte. Liebe finden oder Beziehungen aufbauen? Das schien unmöglich … Damen von Dianas Kaliber waren außerhalb seiner Reichweite und blieben es für die nicht absehbare Zukunft. Es wäre das Beste, wenn er sich fernhielt und sie ihren eigenen Weg finden ließ. Wie dem auch sei, er hatte ihr nichts zu bieten.
KAPITEL 1
London, 1812
Der Himmel verdunkelte sich, als Diana aus dem Stadthaus ihrer Eltern trat. Sie musste sich sputen, um schneller zu sein als der Regen, der bereits zu fallen drohte. Es war der Tag ihrer Geburt und sie war jetzt zweiundzwanzig. Es hatte eine Zeit gegeben, als sie begeistert war diesen speziellen Tag zu feiern, aber die Freude war vor langer Zeit gestorben. Mit jedem vergehenden Jahr hatte sie ihr Schicksal als zunächst Mauerblümchen und jetzt als alte Jungfer akzeptiert. Eigentlich war sie noch keine, aber warum die Wahrheit leugnen? Sie war alles, was die Damen der feinen Gesellschaft fürchteten – Mauerblümchen, Blaustrumpf und angehende alte Jungfer. Es gab jedoch einen ausgeprägten Unterschied. Diana hieß all diese Titel willkommen und nutzte sie zu ihrem Vorteil. Sie liebte die Person, in die sie sich geschnitzt hatte. Nein, sie würde den Tag, an dem sie in die Welt geboren wurde, nicht feiern. Es gab etwas weitaus Wichtigeres, das sie zelebrierte – der Tag, an dem sie ihre Zukunft in die Hände genommen hatte. Dieser Tag war vor sechs Jahren gewesen, als sie Lulia getroffen hatte.
Sie blickte wieder himmelwärts und fluchte vor sich hin. Diana hatte eine ganze Suhle an schlechten Gewohnheiten, an denen sich angemessen aufgezogene Frauen üblicherweise nicht beteiligten. Fluchen war nur eines der gotteslästerlichen Dinge, die sie tat und sich niemals dafür entschuldigte; obgleich sie wusste, wann sie den Drang manche von diesen laut zu murren unterdrücken musste. Es war sicher genug zum Geschäft der Modistin zu gehen. Da war niemand des gehobenen Kreises in der Nähe, um sie zu sehen, und, demzufolge, über sie zu urteilen. Zum Großteil machte sie, was sie wollte – in angemessenem Rahmen. Die Gesellschaft vergaß skandalöse Übertretungen nicht leicht. Sie mochte es an der Grenze der Ungehörigkeit entlangzugehen, aber sie konnte es sich nicht leisten vom Wohlwollen der feinen Gesellschaft abgeschnitten zu sein. Ihre Finanzen hingen davon ab sich auf den Bällen der Gesellschaft nahtlos einzufügen.
Diana bog die Straße hinab ab, die zu Madame Debroux’s Modistengeschäft führte. Als sie das Geschäft erreichte, blickte sie sich um, bevor sie zur Rückseite ging und Fortuna’s Parlor betrat. Zu dieser Zeit des Tages wollte sie nicht den geheimen Eingang im Inneren benutzen und die normalen Kunden der Modistin stören. Sie hatte nicht die Ausrede, dass sie noch mehr Kleider brauchte und fühlte sich nicht danach diesen Vorwand zu benutzen. Sobald sie den zweiten Stock erreichte, machte sie sich zum Büro auf und pochte an die Tür, bevor sie eintrat. Narissa saß da, starrte auf die Bücher des Clubs und nagte an ihrer Lippe.
»Bist du beschäftigt?«
Sie blickte auf und blies einen Atemstoß aus. »Überhaupt nicht.« Narissa schloss das Buch. »Prüfe nur die Zahlen noch einmal. Ist alles für den Fechtkampf heute Abend auf dem Silverton Ball arrangiert?«
»Ich treffe Lulia in Kürze im Hinterzimmer, um die abschließenden Details durchzusprechen. Sie hat vor dem Duell heute Abend noch eine letzte Übungsstunde mit Bessie. Die Wettbücher laufen gut, wobei die Quoten zu ihren Gunsten sind. Wenn sie heute Abend verliert, wäre das eine überraschende Niederlage.«
Narissa nickte. »Lass mich wissen, ob ich etwas tun soll. Ich werde heute Abend nicht anwesend sein. Ich muss den Club beaufsichtigen.«
Diana neigte ihre Lippen nach oben. »Ich werde klarkommen. Lulia wird dort sein und sie ist furchtlos.«
»Deine Roma ist mehr als furchtlos – sie ist störrisch. Mir tut beinahe der Mann leid, der es wagt sie zu lieben.«
Diana musste dem zustimmen. Lulia hatte keine Bedenken allen zu erzählen, was sie von ihnen hielt und scheute sich vor keiner Herausforderung. Nur wenige Jahre trennten sie im Alter, aber Lulia war weise über ihr Alter hinaus. Manchmal beneidete sie ihre Freundin für die Freiheit, die sie hatte. Sie konnte alles sein, was sie sein wollte, und gehen, wohin sie wollte. Lulia legte niemandem Rechenschaft ab; wohingegen Diana zu viele Menschen hatte, die ihre Angelegenheiten diktierten. Eines Tages hätte sie alles, was sie jemals wollte. Sie musste nur geduldig bleiben und an ihrem Plan festhalten. Sobald sie genug Geld angespart hatte, würde sie eine Schule für Mädchen eröffnen. Eine, die mehr als Benehmen und Nähen lehrte – Damen benötigten mehr Fähigkeiten fürs Leben als das.
»Du hast nicht Unrecht«, stimmte Diana zu. »Lulia wird sich nicht mit irgendeinem Mann begnügen. Er wird ebenso stark sein müssen wie sie – das heißt, wenn sie sich jemals dazu herablässt sich niederzulassen. Ich glaube nicht, dass sie es eilig hat einen Ehemann irgendeiner Art zu finden.«
Manchmal wünschte Diana sich, dass sie jemanden gefunden hätte. Nicht nur für sie zum Lieben, sondern einen Mann, der sie im Gegenzug genauso liebte. Sie wollte jedoch nicht heiraten, nur um einen Ehemann zu haben. Wenn sie die Schwüre der Ewigkeit sagte, musste es etwas bedeuten. Nach etwas so schwer Fassbarem zu suchen schien unmöglich. Wenn sie es jemals fand … Sie schüttelte den Gedanken ab. Es sich zu wünschen würde es nicht geschehen lassen und sie hatte vor langer Zeit aufgehört eine Närrin zu sein.
»Man stolpert nicht jeden Tag über einen guten Mann«, sagte Narissa wehmütig. »Ich habe vielleicht den letzten Anständigen in der feinen Gesellschaft gefunden.«
»Da könntest du Recht haben.« Narissa hatte den Duke of Blackmore geheiratet und sie waren glückselig. »Wenn du mich entschuldigst, ich muss gehen und mich jetzt mit Lulia treffen.«
»Sehr wohl«, sagte Narissa und scheuchte sie mit einem Schlenzer ihrer Hand davon. »Du weißt, wo ich bin, wenn du mich brauchst.«
Diana glitt aus dem Büro und ging in das Hinterzimmer, wo sie Fechtduelle übten. Sie fand Lulia und Bessie bereits im Inneren vor. Lulia hatte ihre mitternachtsschwarzen Locken in einem langen Zopf geflochten, der bis zur Mitte ihres Rückens fiel. Sie trug keinerlei Schutzkleidung, während sie mit Bessie durch die Lektion ging. Bessie hätte später beim Duell keine Schutzkleidung an, aber trug sie nun, während sie übte. Sie wollte nicht, dass irgendwelche Verletzungen das Duell später verhinderten. Jeder im Fechtprogramm nahm seine Stunden ernst. Es wurde ihnen nicht oft die Möglichkeit gegeben das Fechten zu erlernen. Es war kein Sport, für den eine Dame einfach einen Lehrer finden konnte, und es war eine Leidenschaft, die Diana seit ihrem sechzehnten Sommer verzehrte.
Lulia und Bessie parierten – ihre Klingen glitten gegeneinander. Das Metall klirrte und schallte durch den Raum. Diana seufzte, während sie weiterhin in einem Tanz aus Armen, Füßen und Floretten durch den Raum schwebten. Vielleicht würde sie sich die Zeit nehmen nach diesem Duell mit Lulia zu fechten. Es war ein Sport, den sie innig liebte und jede Gelegenheit wahrnahm daran teilzunehmen. Schließlich endete das Duell nach einigen Momenten. Bessie und Lulia waren beide atemlos, aber ihre Lächeln waren breit und Freude ergoss sich beinahe von ihnen.
»Du bist nicht so schlecht«, sagte Lulia zu Bessie. »Du könntest gewinnen.«
Diana klatschte in die Hände. »Sie ist besser als das. Keine Frage, sie wird Lady Mary schlagen.«
Lady Mary Addington spielte frei in Fortuna’s Parlor. Ihr Vater verwöhnte sie nach Strich und Faden und sie war durch einen Fechtmeister unterrichtet worden. Sie prahlte damit, dass sie jeden mit einem Florett schlagen könnte und Bessie war in diese Herausforderung gesprungen. Dies war nicht das erste Fechtduell, das Diana organisiert hatte, aber es war eines der Bedeutenderen. Bessie war Marys Zofe. Wenn Bessie gewann, würde Mary ein kleines Vermögen auf sie aussetzen und sie wäre in der Lage sich aufs Land zurückzuziehen. Wenn sie verlor, dann würde sie ohne Empfehlungen entlassen werden. Es hat kein wichtigeres Duell gegeben, seit Diana mit diesen begonnen hatte. Bessie nahm ein riesiges Risiko auf sich, und wenn es sich auszahlte – wäre die Belohnung monumental.
»Ich bin bereit«, erklärte Bessie. »Sogar wenn ich verliere, war es das wert.«
Diana wollte Bessie sagen, dass sie sicherstellen würde, dass sie eine weitere Anstellung fand, wenn sie verlor, aber sie hielt sich zurück. Sie würde härter kämpfen, wenn sie dachte, dass sie alles zu verlieren hatte. Wenn sie scheiterte, dann würde Diana ihr anbieten ihr eine neue Anstellung zu sichern. Es war weitaus besser, wenn sie dieses Angebot für sich behielt, solange es nicht gebraucht wurde.
»Ich bin froh, dass du das glaubst«, sagte Diana zu ihr. »Denn es mag das sein, an was du dich festhalten musst, wenn diese Nacht vorbei ist.« Sie wandte sich an Lulia. »Ist alles bereit für das Duell heute Abend?«
»Ich habe ein Dienstmädchen, das sicherstellt, dass all unsere Ausrüstung in der Mitte des Silverton Garten aufgebaut wird.« Sie lächelte. »Und ein Lakai, der zugestimmt hat sie zu unterstützen, falls benötigt.«
Lulia hatte wahrscheinlich mit ihm getändelt, so dass er eingewilligt hatte. Sie war ziemlich schön und die meisten Männer fanden sie unwiderstehlich. »Wundervoll. Ich sehe euch beide dort.« Sie drehte sich, um zu gehen und ihnen mehr Zeit zum Üben zu geben. Das war es, was sie tat, und zum ersten Mal, seit sie es begonnen hatte, hatte sie ein leeres Gefühl in ihrer Magengrube. Sie sollte aufgeregt sein und dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas fehlte. Diana bereute ihre Lebensentscheidungen nicht. Wie konnte sie auch, wenn sie so viel erreicht hatte?
»Diana«, rief Lulia ihr zu. »Warte. Es gibt etwas, dass ich mit dir besprechen will.«
Sie hielt an und drehte sich ihrer Freundin zu. Auf eine gewisse Art und Weise hatte Lulia alles. Sie sollte ihrer Freundin nicht grollen; dennoch konnte sie nicht anders. Manchmal war es egal, ob etwas Sinn machte oder nicht – es bestand einfach. »Ja?«
Lulia kam herüber und zog sie in eine Umarmung. »Du siehst traurig aus, Kleines. Was beschäftigt dich?«
Vielleicht war es am Ende doch nicht egal, dass heute der Tag war, an dem sie geboren worden war. Möglicherweise war sie deshalb so verflucht melancholisch. Niemand hatte davon Kenntnis genommen oder ist sogar so weit gegangen ihr einen guten Tag zu wünschen. »Es ist nichts.« Diana wollte ihre Freundin nicht belasten. Es gab keinen Grund irgendjemanden daran zu erinnern, das heute irgendwie besonders sein sollte. Es war töricht von ihr, dass sie wollte, dass sich jemand daran erinnerte.
»Irgendwie bezweifle ich das.« Lulia lächelte. »Aber wir werden es für jetzt sein lassen. Ich habe etwas für dich.«
Lulia ging hinüber zur Ecke, wo ihr Mantel auf einem Stuhl lag. Sie griff darunter und zog eine kleine Schachtel hervor, trug diese dann zu Diana herüber. »Es ist nicht viel, aber ich wollte, dass du einen Leckerbissen hast, um deinen Tag zu feiern.«
»Ich dachte nicht, dass sich irgendjemand erinnerte …«
»Ich vergesse nichts.« Lulia tippte sich an den Kopf. »Nichts entflieht, sobald es hier oben verstaut ist. Das ist Zuckerwerk aus dem Geschäft, das du so sehr magst. Iss nicht alles auf einmal oder du endest mit einer Magenverstimmung.«
»Du bist eine gute Freundin.« Sie hatte niemals eine bessere gehabt. Die einzige andere Frau, mit der sie eine enge Beziehung hatte, war Lady Katherine Wilson. Sie hatten sich auf dem Mädcheninternat getroffen und waren gemeinsam Mauerblümchen. Sie waren ihr zu Fortuna’s Parlor gefolgt und zum Teil der Gruppe geworden. »Ich danke dir dafür.« Sie hielt die Schachtel mit Zuckerwerk hoch. »Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.«
»Pah.« Lulia winkte mit ihrer Hand ab. »Dank mir nicht. Es ist nichts.«
»Ist es doch.« Ihre eigene Familie würdigte sie nicht länger. Ihre Eltern kamen nicht einmal mehr nach London. Sie zogen das Land vor und schickten sie mit einem Dienstmädchen als Anstandsdame davon. Es kümmerte sie nicht wirklich. Es erlaubte ihr die Freiheit, um ihre Fechtduelle abzuhalten, aber manchmal war es ziemlich einsam.
»Geh und tu, was auch immer Damen vor Bällen tun. Ich muss etwas mehr Übungen mit Bessie durchgehen. Sie braucht alle Hilfe, die sie bekommen kann.«
Dianas Lächeln wurde breiter. Sie würde nicht noch einmal Danke sagen. Lulia war sich wohl gewahr, wie sehr Diana sie schätzte. Sie würde nicht mehr ihrer Dankbarkeit akzeptieren. »Sehr wohl. Ich verabschiede mich und erlaube es dir zu üben. Ermüde sie nicht zu sehr. Wir benötigen sie heute Abend in Hochform.«
Lulia lehnte sich herunter und flüsterte: »Sie wird ausgezeichnet sein, aber erzähl ihr nicht, dass ich das gesagt habe. Will nicht, dass es ihr zu Kopf steigt. Sie muss noch ein bisschen länger bescheiden bleiben. Es wird sie zu einer besseren Kämpferin machen.«
Diana lachte. »Kein Wort darüber.« Sie hielt ihren Finger an ihre Lippen. »Dein Geheimnis wird in meiner Obhut sicher sein.«
Mit diesen Worten verließ Diana den Raum und ging aus der Spielhölle für Damen. Fortuna’s Parlor würde vor Aktivität platzen und von Damen aller Klassen gefüllt sein. Die geheime Spielhölle war ihr Hafen und sie bereute es nie darin verwickelt worden zu sein. Jetzt musste sie zum Stadthaus zurückkehren und sich für die Aktivitäten des Abends vorbereiten. Das Fechtduell musste ohne Störung ablaufen. Bessies Zukunft hing davon ab.
KAPITEL 2
Luther starrte auf das Bestandsbuch auf seinem Schreibtisch und runzelte die Stirn. Die Zahlen verschwammen vor seinen Augen in ein Durcheinander des Nichts. Es war ihm im Moment oder irgendeinem Moment, wenn er ehrlich mit sich war, nicht danach zumute über die Geschäftsbücher seines Anwesens zu gehen. Unglücklicherweise ging das damit einher, wenn man das Sagen über einige Grundstücke und den Titel Earl of Northesk geerbt hat. Sein Vater wäre von dem Mann, zu dem er geworden war, angewidert. Die meisten Tage verbrachte er in seinem Club mit dem Zweck Brandy zu trinken und einem bisschen Sport. Seit er vor Jahren nach London gekommen war, hatte er nichts Produktives getan und konnte öfter berauscht aufgefunden werden als nicht. Brandy half seinen Schmerz zu betäuben und er hatte keinen Grund gesehen nicht so viel wie möglich zu trinken. Vielleicht sollte er seine Lebensführung neu abschätzen, aber hatte Schwierigkeiten damit es sich herzuleiten, warum er das sollte.
Er nahm eine Einladung auf und zwirbelte sie in seiner Hand. Eventuell sollte er zu einer gesellschaftlichen Veranstaltung gehen anstatt in seinen Club. Die Worte verschwammen ein wenig auf der Karte vor ihm. Luther kniff seine Augen zusammen, um sie in den Fokus zu rücken – ah, der Silverton Ball. Er hatte seit ziemlich langer Zeit keine Veranstaltung besucht und er war überrascht, dass irgendjemand daran dachte ihn zu diesen noch einzuladen. Sie hofften wahrscheinlich, dass er beschloss ihre Veranstaltung zu besuchen und somit das Recht zur Prahlerei zu haben. Sie wussten alle, dass er sich irgendwann einmal über sein Leben klar werden musste und im Gegenzug eine Dame suchen sollte, um diese zu heiraten. Der Titel würde mit ihm sterben, wenn er es nicht tat, und er würde seinen Vater nicht enttäuschen. Er hatte bereits zu viel getan, um ihn sich in seinem Grab herumdrehen zu lassen.
Der Dekanter mit Brandy stand vor ihm. Er hob ihn an und füllte seinen Kelch bis zum oberen Rand. Keine zwei Finger für ihn, da es viel zu rasch verschwunden wäre. Manchmal fragte er sich, warum er sich überhaupt die Mühe machte einzuschenken. Direkt aus der Quelle zu trinken würde mehr Sinn machen. Er war der Mann, zu dem er erzogen worden war und Gentlemen waren nicht so ungehobelt direkt aus dem Dekanter zu trinken. Diese Gewohnheiten wurden den niedereren Klassen überlassen. Er mochte oft genug beschwipst sein, so dass er der Hochsprache regelmäßig nicht mehr ganz mächtig war, aber er hatte sich nicht so weit erniedrigt, als dass er sich zum gemeinen Volk gesellte.
Er starrte noch einmal auf die Einladung herunter. Ein Ball könnte genau das sein, was er brauchte. Luther legte die Einladung ab und stand auf. Wenn er der gesellschaftlichen Veranstaltung beiwohnen wollte, würde er sich umziehen müssen – und beten, dass er genug ausnüchterte, bevor er ankam. Ansonsten würde er einen völligen Narr aus sich machen. Wenn er zu seinem Club gehen würde, wäre es nicht so wichtig. Die Stammkunden erwarteten ein kleines bisschen ungewöhnliches Verhalten. Teufel, wenn er sich nicht große Mengen Brandy einverleiben würde, würde es als seltsam angesehen werden.
»Dobbs«, brüllte Luther nach seinem Diener, als er in sein Schlafzimmer stürmte.
Dobbs neigte seinen Kopf um die Ecke von Luthers Ankleidezimmer. »Ja, my Lord?« Sein Haar ergraute um die Schläfen und seine Augen waren mit Falten verwittert. Dobbs war der Diener von Luthers Vater gewesen, bevor er seiner wurde. Auf mancherlei Art und Weise war das merkwürdig für ihn. Der ältere Mann kannte seinen Vater besser als Luther es tat. Es war ein wenig schwer für ihn dies zu verdauen, wenn er es sich erlaubte darüber nachzudenken.
»Sie müssen für mich meine Abendkleidung herrichten und mir helfen mich für einen Ausgang heute Abend vorzubereiten.«
»Eine weitere lange Nacht in Eurem Club geplant?« Dobbs hob seine Braue.
Er verurteilte ihn wahrscheinlich. Luther konnte ihm das nicht verübeln. Er war ein erstklassiger Arsch an den meisten Tagen. Es war an der Zeit, dass er der Wahrheit entgegenblickte und begann einige seit langem überfällige Veränderungen zu machen. Sich sechs Jahre lang von seinem Kummer beherrschen zu lassen war keine Art zu leben. Sein Vater hätte mehr von ihm wollen als ein konstant betäubendes Gelage. Luther begegnete Dobbs Blick. »Kein Club heute Abend. Ich werde den Silverton Ball besuchen.«
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию (https://www.litres.ru/dawn-brower/liebe-finde-mich/) на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.