Eine Verabredung Im Mondschein
Amanda Mariel
Lady Tabitha Pemberton möchte nichts mehr als ihre erste Saison zu genießen ohne sich zu verlieben, aber als Lady X von einer verbotenen Verabredung zwischen Tabitha und Colin Brooks, Graf von Harcourt, schreibt, verändert sich alles. Jetzt muss sich Tabitha zwischen ihrem Ruf und ihrem sehnlichen Wunsch ungebunden zu bleiben entscheiden.
Amanda Mariel
Eine Verabredung im Mondschein
EINE VERABREDUNG IM MONDSCHEIN
AMANDA MARIEL
Bei diesem Werk handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Vorkommnisse sind entweder Produkte der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv genutzt.
Copyright © 2017 by Amanda Mariel
Titel der englischen Originalausgabe: „One Moonlit Tryst“
Herausgegeben von Brook Ridge Press
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2019 by TekTime
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzt von Carolin Kern
Einband Design: Jaycee DeLorenzo
Kein Teil dieses Buches darf vervielfältigt, oder in einem Datenabfragesystem gelagert, oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise übertragen werden, weder elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet noch anderweitig, ohne die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Verlegers.
Herausgegeben von TekTime.
Dawn, ich danke dir für deine Verbundenheit. Ich werde deine Freundschaft immer wertschätzen und fühle mich geehrt mit dir zu arbeiten.
TITEL VON AMANDA MARIEL
(IN DEUTSCHER ÜBERSETZUNG)
Reihe Ladies und Halunken:
Skandalöse Bemühungen
Skandalöse Absichten
Skandalöses Mauerblümchen
Reihe Credo der Bogenschützin:
Amanda Mariel schreibt mit Christina McKnight
Theodora
Georgina
Adeline
Josephine
Alleinstehende Titel:
Eine Verabredung im Mondschein
Durch einen Kuss verbunden:
**Diese sind so konzipiert, dass sie für sich stehen können**
Wie man einen Halunken küsst (Amanda Mariel)
Ein Kuss zur Weihnachtszeit (Christina McKnight)
Ein Kuss fürs Mauerblümchen (Dawn Brower)
Sammelboxen und Anthologien
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KAPITEL 1
Zwei der berüchtigtsten Schelme Londons sind in die Stadt zurückgekehrt. Sie wurden gesehen, wie sie nur Stunden nach ihrer Rückkehr entlang der St. James Street zechten. Damen, nehmt euch in Acht, und Mütter, behaltet eure Töchter gut im Auge. Niemandes Tugendhaftigkeit ist ohne Tadel angesichts der charmanten Art und des guten Aussehens dieser Gentlemen.
~Geflüster von Lady X
Colin Brooks, der Graf von Harcourt, brach in Gelächter aus, als er beobachtete, wie sein langjähriger Freund Reginald St. John, Viscount von Lovell, mit rosa Wangen und einem finsteren Blick auf ihn zu schlenderte. „Deine Arme scheinen eher leer, wenn man bedenkt, dass Ginger genau in diese hätte fallen sollen.“ Colin griff nach seinem Glas, noch immer vor Lachen sprudelnd.
„Du kannst mich mal.“ Reginald nahm einen tiefen Schluck von seinem Whiskey, während er sich wieder in seinen Stuhl setzte. „Sie hätte dich ebenfalls abgewiesen.“
„Verflixt noch mal, sicherlich nicht“, sagte Colin, während er durch den Klub auf die Dirne blickte, welche Reginald zu bezaubern versucht hatte. „Soll ich dir beweisen, dass ich Recht habe?“ Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
Colin und Reginald hatten gemeinsam die Schule besucht und obwohl sie vor all diesen Jahren schnell Freunde geworden waren, besaßen sie ein Verlangen danach sich zu messen. Sie hatten oft dieselben Schürzen gejagt, auf die gleichen Pferde gesetzt und tagelang Karten gespielt, in dem Versuch zu beweisen, wer die größeren Fähigkeiten besaß.
„Hm. Du vertraust zu sehr auf dich.“ Reginald hob sein Glas und nahm einen Schluck Whiskey. „Viele Frauen ziehen mich dir, mit deinem goldenen Aussehen, vor.“
Colin erhob glucksend sein Glas. Beide Männer wurden von den meisten als gut aussehend betrachtet; Colin, mit seinem sandbraunen Haar und den hellen bernsteinfarbenen Augen, war zwei Zentimeter größer als Reginald, der sich mit schwarzen Haaren und himmelblauen Augen von Colin abhob.
„Ach wo. Ich weiß einfach besser als du, wie man eine Frau von ihren Beinen reißt. Wo du dich einzig auf dein Aussehen verlässt, besitze ich eine Fülle an Charme.“ Colin drehte sich auf dem Absatz um und machte ein paar Schritte auf das junge Ding zu, bevor Reginald ihn aufhielt.
„Ist dem so? Wie wäre es dann mit einer Wette?“
Colin drehte sich wieder seinem Freund zu, sein Interesse geweckt. Das wäre eine Wette, die er garantiert gewinnen würde. Nicht nur weil er, was die Frauen betraf, Vertrauen in seine Fähigkeiten hatte, sondern auch weil das besagte junge Ding sich ihm vor vierzehn Tagen beinahe angeboten hatte. Er grinste Reginald an, während er zu seinem Stuhl zurückkehrte. „Nenne deinen Einsatz.“
„Eintausend Pfund, dass du es nicht schaffst eine Dame meiner Wahl in deine Arme fallen zu lassen.“
Colin zog eine Braue hoch. „Dann reden wir nicht länger von Ginger?“
„Sie erweist sich vielleicht nicht als eine Herausforderung, die groß genug ist, um dich in deine Schranken zu weisen.“ Reginald winkte abweisend mit seiner Hand.
„Also gut. Du benennst die Frau und ich werde ihre Zuneigung gewinnen.“ Colin breitete seine Arme weit aus. „Jede von denen wird möglich sein.“
Reginald stellte sein Glas ab und lehnte sich nach vorne. „Es wird keine davon sein, denn ich wünsche das zu einer wahren Herausforderung zu machen.“ Er schmunzelte bevor er fortfuhr. „Eintausend Pfund, dass du Lady Tabitha Pemberton keinen Kuss entlocken kannst.“
„Die Pemberton Göre?“, fragte Colin, sicher, dass er das missverstanden hatte.
„Ja, und auch nicht die liebenswürdigere. Es muss Tabitha sein.“ Reginalds Augen funkelten, ein Ausdruck puren Vergnügens überzog sein Gesicht.
Verdammter Mist, Reginald hatte nicht gescherzt, dass er das hier zu einer wahren Herausforderung macht. Die Dame ließ nicht zu, dass ihr jemand nahe kam. Er hatte eine Geschichte nach der anderen gehört, wie ihre Werber an der Türe ihres Familienheims abgewiesen wurden. Er kniff seine Augen zusammen, während er Reginald anstarrte. „Nicht ein einziger Gentleman hat es jemals hinein geschafft, wenn er sie aufsuchte. Wie zur Hölle soll ich sie zu einem Kuss verführen? Wähle eine andere Frau.“
„Bezweifelst du plötzlich deine schelmischen Fähigkeiten?“ Reginald gluckste, griff nach seinem Whiskey. „Du könntest dich geschlagen geben. Gib zu, dass es Frauen gibt, welche du nicht haben kannst.“
„Auf keinen Fall.“ Colin streckte seine Hand aus. „Die Wette gilt.“
Das Pemberton Mädchen würde sich als Herausforderung erweisen, aber er scheute sich nicht vor harter Arbeit. Er hatte keinen Zweifel, dass sie am Ende seinem Charme erliegen würde. Er müsste sich ihr nur auf andere Weise als ihr durchschnittlicher Werber annähern. Sobald er ihr Interesse gewonnen hatte, würde er ihre Zuneigung erlangen.
„Eine Sache noch“, sagte Reginald.
Colin hob neugierig eine Augenbraue.
„Du musst bis zum Ende der Saison erfolgreich sein, um die Wette zu gewinnen.“
Colin trank den Inhalt seines Cognacglases aus. „Ich werde nicht die ganze Saison benötigen.“
„Das werden wir sehen. Nun, sollen wir den Wetteinsatz festhalten?“, fragte Reginald.
„Himmel nein. Nimm Rücksicht auf den Ruf des Mädchens. Ich wünsche nicht sie ruiniert zu sehen, noch strebe ich danach mich in der Schlinge des Pastors wiederzufinden.“ Colin signalisierte, dass er nachgeschenkt haben wollte, bevor er seine Aufmerksamkeit zurück auf Reginald wandte. „Das bleibt zwischen uns beiden oder es gibt keinen Wetteinsatz.“
Reginald nickte. „Sehr wohl, aber ich denke nicht, dass dein Wort genug sein wird, um dich zum Sieger zu machen. Ich werde Beweise benötigen.“
„Gewiss. Und darum wirst du jede gesellschaftliche Feierlichkeit besuchen, die ich auch besuche, beginnend morgen Abend mit dem Baxtor Maskenball.“
„Zum ersten Mal in meinem Leben freue ich mich darauf einen Ball zu besuchen.“ Reginald grinste selbstgefällig.
„Behalte diese gute Stimmung bei so lange du kannst. Ich kann mir vorstellen, dass sie beträchtlich schwinden wird, während du dich selbst beim Verlieren unserer Wette beobachten kannst.“
Colin würde das Mysterium des Baxtor Balls zu seinem Vorteil nutzen. Lady Tabithas Interesse unter dem Mantel der Ränke reizen und zum Ende der Nacht wäre sie gut und wahrlich eingefangen, wenn auch aus keinem anderen Grund als Neugierde.
KAPITEL 2
Viele Elitemitglieder der Gesellschaft werden den Baxtor Maskenball diesen Abend besuchen. Es geht das Gerücht, dass Londons begehrteste Debütantinnen[1 - Junge adelige Frau, die förmlich in die Gesellschaft eingeführt wird; ab diesem Moment gelten sie gesellschaftlich als heiratsfähig], die Töchter des Herzogs von Montrose Lady Tabitha und Lady Priscilla, unter dem Gewühl sein werden. Desto mehr ist es zu bedauern, dass jeder hinter Masken versteckt sein wird, aber wie Sie gut wissen, kann niemand für immer verborgen bleiben.
~Geflüster von Lady X
Lady Tabitha Pemberton konnte sich nichts vorstellen, das sie mehr genoss, als einen vollen Ballsaal. Die Musik, Tafelfreuden und feine Kleidung brachten sie immer in gute Stimmung und sie wurde dem Schäkern und die ganze Nacht durchzutanzen nie überdrüssig.
Heute Abend besuchte sie den Baxtor Maskenball gekleidet in einer Musselin-Robe in blassestem Rosa, ihr Haar auf ihrem Kopf aufgetürmt und mit auf Spitze aufgezogenen Perlen durchzogen. Eine Maske aus Straußenfedern, Spitze und Perlen verhüllte ihre Identität und fügte einen Hauch Mysterium hinzu. Am wichtigsten war, dass sich ihre Eltern genug entspannt hatten um sich zu vergnügen, anstatt den Abend damit zu verbringen jede Bewegung von ihr und ihrer Zwillingsschwester Priscilla genau zu überprüfen.
Sie lächelte Priscilla an, welche neben ihr am Tisch mit den Erfrischungen stand. „Ich kam schwerlich umhin zu bemerken, dass du zwei Durchgänge mit demselben Mann getanzt hast.“
Priscillas Augenbrauen zogen sich zusammen. „Das konnte kaum verhindert werden.“
„Papperlapapp“, sagte Tabitha. Bevor die Saison[2 - Traditionelle Zeit im Jahr, in welcher die Mitglieder der Elite in der Stadt Bälle, Tischgesellschaften oder ähnliche gesellschaftliche Feierlichkeiten ausrichten und besuchen; ebenfalls als eine Art Heiratsmarkt genutzt] angefangen hatte, hatten sich Tabitha und Priscilla geeinigt, dass keine von beiden vor nächstem Jahr heiraten würde. Sie wollten ihre erste Saison genießen. Jung zu sein, alle heiratswürdigen Nobelmänner treffen und so viele Gesellschaftsereignisse wie möglich besuchen—vor allem wollten sie es sich selbst erlauben die Zeit, in der sie alleinstehend und frei sind, zu genießen, bevor sie die Fußketten der Ehe angelegt bekommen.
„Er ist ziemlich beharrlich, obwohl ich dir versichere, dass es keinen dritten geben wird. Trotzdem ist das hier ein Maskenball, also weiß er nicht wer ich bin.“ Priscilla winkte mit ihrer Hand in einer uninteressierten Geste. „Ich werde nicht zu einem Teil der morgigen Skandalblätter werden, noch werde ich mir selbst erlauben für die Ehe eingefangen zu werden.“
Tabitha hob eine Flöte vom Tisch und nahm einen kleinen Schluck. „Dann solltest du mehr an unser Übereinkommen denken.“
„Das habe ich. Es ist immer ganz vorne in meinen Gedanken.“ Priscillas Brauen zogen sich zusammen, wodurch sich ihre Stirn in Falten legte. „Ich sage ihnen allen, dass ich nicht vor nächster Saison heiraten werde. Außerdem ist das hier ein Maskenball, also weiß er nicht wer ich bin.“
Tabitha tat das Gleiche, aber das brachte ihre Verehrer kaum von deren Vorhaben ab. Jeder Morgen brachte eine neue Welle Besucher und frische Blumen. Abgesehen davon die Tochter eines Herzogs zu sein und eine große Mitgift zu haben, wurden sie und ihre Schwester ebenfalls als beträchtliche Schönheiten angesehen, Diamanten höchster Güte. Ihre Weigerung diese Saison zu heiraten verstimmte ohne Zweifel viele heiratswillige Männer, obwohl ihre Eltern sie voll und ganz unterstützten.
Sie blickte auf den Gentleman mit dem Priscilla getanzt hatte. „Konntest du erraten wer er ist?“
„Lord Fairchild. Ich habe seine Stimme in dem Moment erkannt, als er gesprochen hat.“ Priscilla wedelte nonchalant mit ihrem Fächer.
„Wenn du ihn mit solcher Leichtigkeit erkannt hast, was macht dich so sicher, dass er nicht auch deine Identität herausgefunden hat?“
Priscilla runzelte die Stirn. „Begriffen.“
Es war ein Spiel, das alle bei Maskenbällen spielten. Das Mysterium und die Ränke erlaubten den Menschen sich freier zu verhalten, aber das war nur die Hälfte des Spaßes. Die Identitäten von einander zu erraten machte den Rest aus. Tabitha war hinter die Identität jedes Mannes gekommen mit dem sie getanzt hatte, bevor ihr Durchgang vorbeigewesen war und zumindest ein paar hatten auch herausgefunden, wer sie war. „Ich wünsche mir nur, dass du vorsichtig bist.“
„Das werde ich sein.“ Priscilla hob ein Glas Limonade vom Erfrischungstisch. „Obwohl ich sagen muss, dass du dies alles zu ernst nimmst.“
„Im Gegenteil, du bist nicht ernst genug.“ Tabitha erspähte ihren nächsten Tanzpartner wie er auf sie zukam und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Er nickte, bot sein eigenes Grinsen hinter einer schwarzen und silbernen Maske, während er sich weiter auf sie zu bewegte, sein Domino[3 - wadenlanger, schwarzer Mantel ohne Ärmel und mit Kapuze; meist aus Seide; häufig getragen, um sich bei einem heimlichen Rendezvous zu verhüllen] wölbte sich dabei hinter ihm aus.
Tabitha wandte ihre Aufmerksamkeit zurück auf Priscilla. „Erlaube ihnen nicht zu nahe zu kommen.“ Sie drehte sich und blickte über ihre Schulter. „Nie mehr als ein Tanz, liebe Schwester.“
„Gewiss.“ Priscilla hob ihr Glas an ihre Lippen.
Tabitha hakte ihre Hand durch den dargebotenen Arm ihres Tanzpartners und erlaubte ihm mit ihr auf die Tanzfläche hinaus zu rauschen. Sie würde aufhören sich über Priscilla zu ärgern und den Abend genießen. Wie dem auch sei, sie konnte nichts mehr für ihre Schwester tun.
Priscilla aus ihren Gedanken nehmend, riskierte sie einen Blick auf ihren Partner. Seine Maske verdeckte das meiste seiner Züge und zu ihrem Vergnügen erkannte sie die helle Bernsteinfarbe seiner Augen genauso wenig, wie die starke Linie seines Kiefers. Aufregung blühte in ihr auf, denn sie genoss ein gutes Geheimnis und war seit langem ihrer momentanen Schar Werber überdrüssig geworden. Nicht, dass etwas falsch an ihnen wäre. Jeder Gentleman, der sie aufgesucht hat, hatte seinen eigenen Vorzug und Charme. Wenn sie heiratswillig gewesen wäre, hätten einige von ihnen ihr Interesse besessen—aber leider Gottes war sie das nicht.
Nachdem er sie auf das Tanzparkett geführt hat, verbeugte er sich. „Ich habe unserem Tanz den ganzen Abend freudig entgegengesehen, mir meinen Weg durch Ihre Horde Verehrer gekämpft, um Sie zu erreichen.“
„Sicherlich gibt es eine Menge andere Damen, mit denen Ihr zu tanzen wünschtet.“ Tabitha schenkte ihm ein kokettes Lächeln.
„Keine so schön wie Ihr, my Lady.“
„Nun machen Sie halblang, Sie können nicht einmal mein Gesicht sehen“, neckte sie, als sie sich auf ihre Zehen erhoben, dann zurücktraten bevor sie sich herumwirbelten, um einander einmal mehr anzublicken.
„Ich habe keinen Bedarf. Ihre goldenen Zöpfe, Ihr fesselnder, veilchenblauer fester Blick und Ihre femininen Reize sagen mir alles, was ich wissen muss.“ Er ließ seinen Blick über ihren Körper wandern, seine Augen funkelten, während sie wieder nach oben stiegen und ihren noch einmal begegneten.
Tabitha drängte den Kitzel von Verlangen, welcher durch sie hindurchfegte, zurück. „Meine Güte, Sie sind aber ein Charmeur.“
„Eine atemberaubende Frau wie Sie verdient nicht weniger.“ Sie drehten sich auf die Seite, um sich dann gegenseitig wieder anzusehen, während sie sich entlang der Reihe von Tänzern bewegten.
„Ich wette Sie haben das zu allen Damen, die Sie diesen Abend als Tanzpartnerin hatten, gesagt“, lachte Tabitha.
„Sie verletzen mich.“ Sein Blick leuchtete vor Schalk, als er sich von ihr ein weiteres Mal wegdrehte.
Obwohl sie nicht verleugnen konnte, dass der Gentleman ihr Interesse gewonnen hatte, hatte sie kein Interesse daran sich von ihm nachstellen zu lassen. Sie fing seinen festen Blick auf, als sie sich wieder einander zu drehten. „Sie sollten wissen, dass ich kein Interesse daran habe diese Saison zu heiraten.“
„Ich auch nicht“, sagte er gedehnt.
Sein verführerischer Tonfall brachte Tabithas Wangen dazu sich zu erwärmen und sie war dankbar für die Maske, welche sie vor seinem Blick verbarg. Sie schenkte ihrem Partner ein Lächeln, als sie die Spitze der Reihe erreichten. „Ich wünsche Ihre Identität zu erraten?“
„Fahren Sie fort.“ Er streifte ihre Hand mit seiner, schickte einen angenehmen Schauer durch ihren Arm.
Tabitha studierte ihn einen Moment lang, in der Hoffnung einige Hinweise durch seine Statur zu erhalten. Ihre Augen wanderten über das, was sie von seinem Gesicht sehen konnte, hinab zu seinen breiten Schultern und seiner schmalen Taille. Er war eher groß und sie entdeckte einige wenige widerspenstige Locken sandbraunen Haars, die unter der Kapuze seines Dominos hinauslugten. Dennoch hatte sie keine Vorstellung, wer dieser Gentleman sein könnte. „Lord Cabot?“, riet sie.
„Versuchen Sie es noch einmal, my Lady.“
„Mr. Warthington?“ Sie begegnete seinem Blick mit einem kleinen Lächeln.
„Ich bin keineswegs so alt.“ Er zeigte ein schelmisches Grinsen.
„Lord Gareth? Lord Huffington? Oder Mr. Haroldson?“ Sie schleuderte eine Reihe Vermutungen heraus, lachte dann als er seinen Kopf schüttelte, damit jeden denunzierend. „Also gut, ich habe keine Ahnung, obwohl ich es sehr gerne wissen würde.“
„Ich bin ihr sehnlichster Verehrer“, sagte er, während sie sich trennten um ihre Plätze in der Reihe einzunehmen.
Als der Durchgang zum Ende kam, geleitete er Tabitha zurück zu ihrer Schwester.
„Bis wir uns wiedersehen.“ Er vollführte eine leichte Verbeugung, drehte sich dann und ging fort.
Tabitha schaute zu, während er in dem Gedränge aus Lords und Ladies verschwand, seine Worte in ihren Gedanken klingelnd—bis wir uns wiedersehen.
„Wer war das?“ Priscilla stieß Tabitha mit ihrem Ellenbogen an.
„Ich habe keine Ahnung.“
KAPITEL 3
Die vornehme Welt ist voller Spannung und versucht herauszufinden, wer die mysteriösen Gentlemen waren, die kurz vor der Demaskierung von dem Baxtor Maskenball verschwunden waren. Man kann nicht anders als sich zu fragen, ob die Tochter eines gewissen Herzogs die Antwort kennt. Sie und einer der mysteriösen Gentlemen schienen sich während ihres Tanzes ungemein miteinander amüsiert zu haben. Könnte Liebe am Horizont aufziehen?
~Geflüster von Lady X
Tabitha atmete den süßen Duft der einzelnen Rose ein, welche kurz zuvor überbracht worden war. Obwohl sie es gewohnt war Blumen und kleine Schmuckstücke zu erhalten, hatte ihr noch niemals zuvor jemand eine einzelne rote Rose geschickt. Während sie die seidige Blüte senkte, wendete sie die Karte, um die darauf geschriebenen Worte zu lesen.
Treffen Sie mich zur Mittagsstunde im Hyde Park beim See Serpentine.
-Ihr sehnlichster Verehrer.
Ihr Puls beschleunigte sich, während sie sich fragte, ob sie es wagen sollte zu gehen. Er könnte gefährlich sein. Möglicherweise ein Schuft, der ihre Unschuld stehlen wollte? Aus Gründen die sie nicht verstehen oder erklären konnte, packte sie der Gedanke. Aber was, wenn sie gänzlich falsch lag und er nach einer Ehefrau jagte?
„Soll ich sie zurücksenden, my Lady?“, fragte der Diener.
Ihr Blick schnellte zu seinem. „Nein, ich behalte diese hier.“
„Wie sie wünschen.“ Der Diener verbeugte sich und zog sich aus dem Raum zurück.
Tabitha spazierte aus dem Salon, ging den Flur hinunter, stieg dann auf dem Weg zu ihrem Zimmer die Treppe hinauf. Sie hielt die Rose fest, blickte gelegentlich auf sie herunter, während sie sich durch das Haus bewegte. Als sie um die Ecke in ihr Zimmer kam, erschrak sie beim unerwarteten Anblick von Priscilla, die neben ihrem Fenster saß. „Du hast mir einen Schrecken eingejagt. Ich hatte nicht erwartet dich in meinem Zimmer versteckt zu finden.“
Priscilla lachte. „Das bedauere ich. Das war nicht meine Absicht. Obwohl ich zugeben muss, dass es komisch war dich zusammenzucken zu sehen.“
„Gewiss.“ Tabitha schoss ihrer Schwester einen halbherzig finsteren Blick zu.
„Konntest du heute zufällig bereits Lady Xs Klatschkolumne lesen?“
Tabitha drehte ihren Kopf zu Priscilla, blickte sie prüfend an. „Was hast du getan?“
„Nicht ich.“—Priscilla legte ihre behandschuhte Hand auf ihre Brust—„Du.“
Tabithas Augen wurden groß, als die Worte ihrer Schwester einsanken. „Ich?“
„Ja, du. Es scheint, dass Lady X glaubt, dass du weißt wer dein mysteriöser Tanzpartner war.“ Priscilla grinste. „Sie hat sogar spekuliert, dass Liebe am Horizont aufziehen könnte.“
„Unsinn.“ Ihre Gesichtszüge stählend, bewegte sich Tabitha zu ihrem Schminktisch und ließ die Rose auf seine polierte Oberfläche aus Mahagoni fallen. „Nicht nur weiß ich nicht, wer er war, noch könnte es mich nicht weniger kümmern.“
„Woher kam denn diese?“ Priscilla stand auf und spazierte zum Schminktisch.
Tabitha drehte sich um, um die Rose mit ihrer Kehrseite zu verstellen. „Es ist nichts.“
Priscilla griff um sie herum und holte die Blüte hervor, bevor sie die Karte las. Sie begegnete Tabithas Blick. „Du behälst nie Blumen.“
„Diese schien zu perfekt um sie wegzuwerfen.“ Tabitha gab Nonchalance vor. „Ich bin überrascht, dass du nicht das Thema von Lady Xs Kolumne warst, wenn man bedenkt, dass du zweimal mit Lord Fairchild getanzt hast.“
Sie ignorierend, legte Priscilla die Rose zurück auf den Schminktisch. „Hast du vor zu gehen?“
„Nein. Ja … Vielleicht.“ Tabitha seufzte. „Ich gebe zu, dass ich verhalten neugierig bin.“
Priscilla grinste, ihr ganzes Gesicht leuchtend.
„Bekomm’ ja keine falschen Vorstellungen. Ich wünsche nur seine Identität zu entdecken. Nicht mehr.“
„Na schön“, sagte Priscilla.
„Ich bin nicht das kleinste Bisschen interessiert daran umworben zu werden“, sagte Tabitha mit Überzeugung in ihrer Stimme. Es kümmerte sie nicht, wie sehr der Gentleman ihr Interesse geweckt hatte. Sogar wenn er sich als der stattlichste Mann ganz Englands erweisen sollte, mit der charmantesten Persönlichkeit obendrein, würde sie ihm nicht erlauben sie zu umwerben. Dies war ihre Saison, ihre Chance das Leben zu erfahren, bevor sie sich in die Rolle der Ehefrau, und zweifelsohne Mutter, niederlassen würde. Sie würde das nicht aufs Spiel setzen.
„Ich kann mir nicht helfen als mich zu fragen, ob wir das alles falsch angehen. Wenn wir Gentlemen, die uns interessieren, erlauben uns aufzusuchen, würde es unserer Saison vielleicht gut tun, anstatt ihr unzuträglich zu sein.“ Priscilla glättete ihren Rock, „Das Werben ist am Ende doch ein Teil der Erfahrung. Oder nicht?“
„Brautwerbung führt zur Ehe. Wir werden nächste Saison Zeit für all das haben.“ Tabitha öffnete die Tür zu ihrem Ankleidezimmer und spazierte hinein.
Priscilla folgte, zog dann Tabithas pflaumenfarbenes Reitkleid herunter. „Trage das hier. Es bringt deine Augen zur Geltung.“
„Ich versuche nicht irgendeines meiner Attribute zur Geltung zu bringen.“ Tabitha griff nach ihrem einfachsten Kleid aus tristem grauen Samt.
„Oh, Tabby. Du wirst in diesem wie ein altes Hausmütterchen aussehen.“ Priscilla riss es aus ihren Armen. „Trag das pflaumenfarbene.“
Tabitha konnte das Lachen, das aus ihr heraussprudelte, nicht aufhalten. „Da es dir so viel bedeutet, werde ich das tun.“ In Wahrheit wollte sie hübsch für den mysteriösen Gentleman aussehen. Nur weil sie nicht umworben werden wollte, bedeutete das nicht, dass sie nicht bewundert werden wollte.
Gekleidet in ihren liebsten Halbstiefeln, dem pflaumenfarbenen Reitkleid, zusammen mit passenden Handschuhen aus Ziegenleder und einem Bonnet mit breiter Krempe, flanierte Tabitha am Serpentine entlang. Die Mittagsstunde war ohne Anzeichen, dass der mysteriöse Gentlemen in der Nähe war, vor einiger Zeit gekommen und vorübergegangen.
Hatte er sie ohne wirkliche Absicht sie zu treffen hierher gelockt? Warum würde er so etwas tun? Sie taxierte ihre Umgebung ein weiteres Mal. Möglicherweise war er nahe und erkannte sie einfach nicht. Sie zog die jetzt welkende Rose aus ihrem Pompadour und begann ihre Blütenblätter eins nach dem anderen abzuzupfen. Wenn er in der Nähe war, sollte er den Hinweis erkennen. Wenn er das nicht war, na ja, dann hatte sie etwas woran sie ihren Ärger auslassen konnte.
Nachdem sie das letzte Blütenblatt in das Wasser des Serpentine fallen ließ, gab sie einen verärgerten Atemstoß von sich. Sie hatte genug ihrer Zeit verschwendet. Während Verärgerung ihr Blut erhitzte und ihre Stimmung verdarb, kehrte sie zu ihrer Anstandsdame zurück und stieg auf ihr Pferd, um nach Hause zurückzukehren.
Ihr sehnlichster Verehrer könnte sich diesen Unsinn in seinen Hintern stecken!
„Du gehst ihr wirklich nicht hinterher?“ Reginald sah bestürzt aus. „Wie erwartest du ihr den Hof zu machen, wenn du keine Zeit mit ihr verbringst?“
„Hör auf dir Sorgen zu machen.“ Colin grinste. „Man muss mit Frauen wie dieser Geduld haben.“
Colin hatte Lady Tabitha seit dem Moment, an dem sie angekommen war, beobachtet. Er betrachtete sie genau, während sie am Serpentine entlang flanierte und gluckste, als sie die Rose hingerafft hatte, die er ihr geschickt hatte. Er hatte überhaupt keine Zweifel, dass er ihr Interesse geweckt hatte. Nun musste er es nur lange genug behalten, um einen Kuss von ihr zu entlocken.
Reginald drehte sein Pferd in Richtung Rotten Row[4 - breite Strecke an der Südseite des Hyde Parks; beliebter Treffpunkt der Oberschicht, um auszureiten]. „Jedenfalls sollte ich dich nicht ermutigen. Dennoch, die Neugierde erlaubt es mir nicht still zu sein, also muss ich fragen … was ist dein nächster Schritt?“
„Sie wird nach Hause zu einer Notiz zusammen mit einer frischen Rose zurückkehren.“ Colin brachte seinen Hengst in einen leichten Galopp. „Ich habe sie zur gleichen Zeit losgeschickt, zu der wir uns auf den Weg zum Park gemacht haben.“
„Oh? Und was steht darin?“
„Ich werde dir nicht alle meine Geheimnisse verraten.“ Colin gluckste, während sie sich der breiten Masse an Lords und Ladies zu einem Nachmittagsausritt anschlossen.
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notes
1
Junge adelige Frau, die förmlich in die Gesellschaft eingeführt wird; ab diesem Moment gelten sie gesellschaftlich als heiratsfähig
2
Traditionelle Zeit im Jahr, in welcher die Mitglieder der Elite in der Stadt Bälle, Tischgesellschaften oder ähnliche gesellschaftliche Feierlichkeiten ausrichten und besuchen; ebenfalls als eine Art Heiratsmarkt genutzt
3
wadenlanger, schwarzer Mantel ohne Ärmel und mit Kapuze; meist aus Seide; häufig getragen, um sich bei einem heimlichen Rendezvous zu verhüllen
4
breite Strecke an der Südseite des Hyde Parks; beliebter Treffpunkt der Oberschicht, um auszureiten